.Vom Aufstieg eines Außenseiters....17.10.2010
Seit gefühlten Ewigkeiten war ich nicht mehr im Kino. Warum auch, denn es gibt auch seit gefühlten Ewigkeiten kaum mehr etwas, was man sehen muß - und was es dann auch noch ungekürzt im Kino gibt. Zudem - ich komme nicht umhin, dies zuzugeben - habe ich mit facebook und ähnlichen Netzwerken überhaupt nichts am Hut. Zuckerberg interessiert mich nicht, und auch wenn alle facebook toll finden, an mir zieht dieser Zug vorbei. Das wird er auch nach dem Genuß des Films tun, aber ich war angenehm überrascht von dessen Qualität. So ist es manchmal...man geht mit Vorurteilen behaftet in einen Kinosaal und kommt danach angenehm unterhalten wieder heraus, und das alles nur, weil es derzeit so elendes Wetter hat, welches zum Kinobesuch geradezu zwingt. Hier liegt das an der sicheren Regie von Fincher sowie an der sauber spielenden Besetzung.
Hat man sich einmal mit der Geschichte von facebook und seinem Gründer Zuckerberg befaßt, dann ist man voreingenommen und fragt sich, wie aus dessen innovativer Geschäftsidee ein beinahe zweistündiger Film werden soll. Finchers bester Kniff ist es nun, nicht einfach die Ereignisse von 2003 bis heute in zeitlich ordentlicher Reihenfolge unkommentiert zu erzählen, sondern diese anhand von zwei prozeßähnlichen Verhören wie Perlen an einer Schnur aneinanderzureihen - und dabei immer wieder andere Personen in den Mittelpunkt des Geschehens zu stellen. Denn natürlich geht es im wesentlichen um die Lebensgeschichte von Mark Zuckerberg, der im Jahr 2003 aufgrund von verschiedenen Ereignissen das erste wirklich attraktive und funktionierende Social Network enwirft, programmiert und danach konsequent ausbaut.
Aber die Lebensgeschichte des von Jesse Eisenberg wunderbar unsympathischen, arrogant und widerlich gespielten dot.com.Buben wäre ohne die Nebenfiguren nicht fesselnd genug für einen Kinofilm. Denn die Nebenfiguren sind es, die der Story die benötigte Spannung geben, seien es nun die Winkelvoss-Brüder, die behaupten, Zuckerberg wäre ein Ideendieb; sei es der Napster-Gründer, der sich an Zuckerberg anschmiegt und dem facebook vieleicht seinen Erfolg verdankt; oder sei es Zuckerbergs einziger Freund, den er schmählich aus seiner Gunst abstürzen ließ. Diese Personen und die damit verbundenen Eriegnisse tragen den Film, der dem Zuseher ein interessantes Psychogramm eines an sich recht einsamen Harvardzöglings bietet, der doch eigentlich nur ein kleines Stück vom Glück möchte - es sich dabei aber mit jedem verscherzt.
Ob sich die Ereignisse wirklich so zugetragen haben, vermag ich nicht zu sagen. Sicher aber ist, daß Regisseur Fincher sein Handwerk versteht, die an sich recht spannungsfreie Geschichte in ordentlichen Bildern und mit dem einen oder anderen auflockernden Einfall - beispielsweise die Bierflaschen - versehen auf die Leinwand bringt und so den Zuschauer, ob bei facebook oder nicht, in das Geschehen hineinzieht. Man wird sich diesen Film sicher kein zweites Mal ansehen, und er offenbart auch nicht alle Details der Firmengründungsgeschichte, aber er bleibt ein spannendes Stück aktuellen Zeitgeschehens - und sollte Pflicht werden für alle, die eine Firma gründen möchten, denn man lernt dort, wie man besser nicht mit seinem engsten Umfeld umgeht...8/10.