Jesse Eisenberg spielt den Facebook-Gründer Mark Zuckerberg. Der Soziopath, der an der Eliteuni Harvard studiert, erstellt aus Frust darüber, dass seine Freundin ihn verlassen hat, eine Plattform, in der Studentinnen nach ihrem Aussehen bewertet werden können. Durch drei Kommilitonen wird er später auf die Idee gebracht, eine Art virtuelles, soziales Netzwerk zu gründen. Doch er klaut die Idee und hintergeht später auch weitere Partner, während seine Seite zur Erfolgsgeschichte wird. Zuckerberg findet sich schließlich in zwei Gerichtsverhandlungen wieder.
1941 nahm Orson Wells mit "Citizen Kane" den Medien-Tycoon William Randolph Hearst aufs Korn und zeigte in zahlreichen Rückblenden die Biografie eines Mannes, der viel erreichte, dem aber auch viele Mittel recht waren und dessen Privatleben alles andere als rosig war. In den 80ern war es Oliver Stone, der in "Wall Street" das kritische Bild eines Bankers zeichnete, mit dem er die Seelenlosigkeit der Börse und der zugehörigen Manager, Aktionäre, etc. anprangerte, womit er den Zeitgeist damals wie heute sehr gut traf. Im Internetzeitalter haben wir es nun ebenfalls mit strittigen Konzernen und Personen zu tun, egal ob ein paranoider und herrschsüchtiger Steve Jobs, ein Monopolist wie Bill Gates oder eine oftmals als Überwachungsinstitution bezeichnete Suchmaschine wie Google. Mit Mark Zuckerberg, dem ebenfalls strittigen Facebook-Gründer, der jedem Datenschützer ein Dorn im Auge ist und seine Idee, die ihn zum jüngsten Milliardär der amerikanischen Geschichte machen sollte, geklaut haben soll, hat sich David Fincher einen Vertreter dieser neuen Generation gesucht und ebenfalls einen Film geschaffen, der nicht so schnell vergessen sein wird.
Fincher, der mit "Sieben" und "Fight Club" zum Kultregisseur aufgestiegen ist und darüber hinaus weitere sehr beachtliche Werke wie "The Game", "Zodiac" und "Der seltsame Fall des Benjamin Button" abgeliefert hat, zeichnet, basierend auf dem Buch "Milliardär per Zufall - Die Gründung von Facebook", das Drehbuchautor Aaron Sorkin als Vorlage diente, das Bild eines Soziopathen. Der junge Zuckerberg im Film hält sich für ein Genie, nutzt die Kommilitonen, die ihn als Programmierer für ihre Idee haben wollten schamlos aus, genauso, wie seinen besten Freund, dessen Geld er für sein Projekt braucht und wird bereits in der ersten Szene von seiner Freundin verlassen. Sie sagt ihm, die Mädchen werden ihn niemals leiden können, weil er ein Arschloch ist. Zuckerberg ist mit seinen Gedanken immer bei seiner Idee, die für ihn unglaublich bedeutend ist, während er die Erfolge anderer lediglich als Grundlage dafür nutzt, sich über sie lustig machen zu können. Selbst bei den Verhandlungen gegen ihn hat er für die Beteiligten nichts als Hohn und Spott übrig, Wertschätzung erfährt bei ihm einzig und allein Sean Parker, aber auch den lässt er schließlich fallen.
Zuckerberg fühlt sich nie im Unrecht und ob er dies tatsächlich ist, lässt Fincher offen. Zuckerberg hat die Idee gestohlen, sie aber abgewandelt und vieles von dem, was seine Auftraggeber geplant haben, deutlich verbessert, er hat seinen Freund und Partner verraten, musste dies aber vielleicht sogar tun, weil dieser die Ausmaße der Facebook-Idee nie richtig begriffen hat und das Projekt vielleicht vor die Wand gefahren hätte. Und dann sind da noch diese Momente, in denen der Zuckerberg im Film nicht nur wirkt wie der sozial verkümmerte, egozentrische Nerd, in denen er wieder menschliche Züge bekommt, Mitleid erregt wird. Er kommt nicht darüber hinweg, dass seine Freundin ihn verlassen hat, immer wieder wird angedeutet, dass es ihm doch stark zusetzt, von der gesamten Welt gehasst zu werden. In seinen einsamen Momenten wirkt der angehende Milliardär wie einer der ärmsten Menschen der Welt. Dieses ambivalente Portrait hat es in sich, hier wurde ein neuer Gordon Gekko konstruiert. Natürlich ist der Zuckerberg im Film nicht unbedingt der Zuckerberg, der Facebook gegründet hat, doch viele Fakten sind unumstritten und wer Zuckerbergs Einstellungen zu Privatsphäre und virtueller Identität kennt, kommt um das Bild des soziopathischen Nerds nicht herum.
Für die Inszenierung hätte man dabei nicht unbedingt einen Fincher gebraucht, denn ein handwerklicher Leckerbissen ist "The Social Network" nicht gerade geworden. Der Film ist ausgesprochen zügig erzählt und damit jederzeit unterhaltsam, doch die düsteren, edlen Bilder, die "Sieben" zu einem der besten Thriller aller Zeiten machten, gibt es leider nur selten zu sehen. Überhaupt nähert sich Fincher dem Mainstream weiter an und inszeniert routiniert, aber eben auch ohne besondere Einfälle. Getragen wird das Geschehen vor allem vom mitunter aufpeitschenden Score und ein paar amüsanten Momenten, zynischen Sprüchen und Lachern auf Kosten Zuckerbergs. Damit ist jedoch unterm Strich durchaus ein guter Unterhaltungswert gegeben, zumal sich Finchers Erzählstruktur auf zwei Ebenen als dramaturgisch sehr geschickt entpuppt, weil sich so bis zuletzt zahlreiche Fragen ergeben.
Zuckerberg wird die hässliche Fratze des Films wohl nie loswerden, das Bild, das hier von ihm entsteht. Und dies ist auch Jesse Eisenberg zu verdanken, der sich hier durchaus für einen Oscar empfiehlt. Eisenberg, der zuletzt die Hauptrolle in "Zombieland" spielte, stellt den Nerd ausgezeichnet dar, seine Hektik, das Auftreten eines Vertreters der Generation Internet, wie es im Bilderbuch steht. Er ist immer dann, wenn der Größenwahn ihn packt ein regelrechtes Feindbild, zeigt aber auch authentische menschliche Regungen, wenn sie gefragt sind. Er wird dem ambivalenten Bild von Zuckerberg damit voll und ganz gerecht. Der restliche Cast überzeugt ebenfalls, selbst Justin Timberlake, der den Napster-Gründer Sean Parker spielt.
Fazit:
"The Social Network" ist ein sehenswertes Biopic, das ein ambivalentes, interessantes Bild des Facebook-Gründers Mark Zuckerberg zeichnet. Dem herausragenden Jesse Eisenberg und dem narrativen Können Finchers ist es zu verdanken, dass der Film durchweg zu fesseln vermag, auch wenn man dem Kultregisseur vor allem inszenatorisch sicherlich noch mehr zugetraut hätte. Dennoch einer der besten Filme des Jahres.
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