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Die Haut ist nun fast perlweiß, das Lächeln wird breiter, die Fangzähne sichtbar: Michio Yamamoto erweitert den Radius seiner erst ein Jahr zuvor begründeten Vampir-Mythologie spürbar und bekennt sich offen zu den Regeln, die man zur Drehzeit westlich von Japan bereits seit einem halben Jahrhundert in unterschiedlichen Variationen pflegte.

War „The Vampire Doll“ noch völlig im Schoße des grünen Umlands von Tokio versunken, um das Vampirische in gehauchte Andeutungen zu betten, legt „Lake of Dracula“ nicht nur von Titel wegen alle Karten offen und empfängt den Zuschauer mit weit geöffnetem Umhang. Schon die ersten Minuten sind ein hypnotisierender Tagtraum von einer Exposition: Einem animalischen Instinkt folgend, dem ihres Hundes nämlich, verirrt sich die Hauptdarstellerin in einer Rückblende vom Strand in ein Haus, das selbst bei Tageslicht den Unheil verströmenden Anwesen aus Hammers Immobiliensammlung ähnelt. Mit der Rückansicht einer (Un-?) Toten am Klavier liefert der Regisseur bereits kurz nach Filmstart ein Schlüsselbild, das durchaus eine Inspiration für Jean Rollin gewesen sein könnte, als er Françoise Blanchard für „Lady Dracula“ in vergleichbarer Art an ein Klavier setzte. Die in ihrer Ausleuchtung tote Sequenz wird durch eine beklemmende Mischung aus Close Ups und Gegenschnitten zum Leben erweckt; die grell ausgeleuchtete Fratze eines männlichen Vampirs setzt schließlich den finalen Paukenschlag, bevor abrupt der Cut ausgerufen wird.

Stilistisch bleibt Yamamoto dem treu, was er bereits im ersten Film der sogenannten „Bloodthirsty“-Trilogie lieferte, die durch die Vampir-Motivik, letztlich aber eben auch die kreativen Entscheidungen des Regisseurs ihre Form erhält. Nicht allzu innovativ, sehr wohl aber zielstrebig manövriert er durch die geliehenen Motive und erzeugt so eine eigene Handschrift, die auch ohne inhaltlichen Zusammenhang mit dem Quasi-Vorgänger erkennbar ist. Selbst wenn sich der Geltungsrahmen des Drehbuchs inzwischen etwas weiter ausgedehnt hat, stehen immer noch die zentralen Charakteristika von „The Vampire Doll“ im Vordergrund; goldfarbene Kontaktlinsen etwa, in denen sich der Vampirismus spiegelt, dezent entfremdete oder zumindest unterkühlte Beziehungen der Figuren untereinander und nicht zuletzt die altmodische, an den von Voodoo und Magie geprägten frühen Untoten-Film erinnernde Ansatz, einen Meister zum Quell aller Energie zu ernennen; ein Kniff, der vor allem große Bedeutung hat für Struktur und Aufbau des Finales. Mit einer weiteren Schlüsselloch-Sequenz inklusive Auflösung, die irgendwo zwischen raffiniert und dümmlich pendelt, zitiert sich Yamamoto sogar einmal konkret selbst.

Unter all dem traditionellen Pastiche kommt so ein spezielles Eigenaroma zum Vorschein, das klassische Vampirmotive mit modernem Anstrich kombiniert. Schon die Häuser im europäischen Stil bilden innerhalb der hübschen japanischen Landstriche einen solchen Kontrast, selbiges kann man über die eigenwillige Kombination der Schauplätze behaupten. Jenseitige Strände mit Himmelsfarben wie aus einem Monet erinnern an den im gleichen Jahr entstandenen „Les lèvres rouges“ von Harry Kümel und eben wieder an Jean Rollin, die Wälder mit ihren verwachsenen Zugängen zu den staubigen Kulissen fungieren als Rückkehr zur Atmosphäre von „The Vampire Doll“. Hinzu kommt ein satter Schlag 70er-Moderne: Küchen mit orange-weißen Mustern und belebte Schaufenster-Cafés, in denen sich die Muster der Alpträume aus einsamen Momenten reflektieren.

Das Drehbuch bekennt sich derweil viel stärker zur Urform von Bram Stokers „Dracula“. Vampir-Darsteller Shin Kishida lässt es wie einen Theatraliker aus aristokratischem Umfeld durch die Pampa stolzieren, das schwarze Cape matt glänzend und der lange weiße Schal im Luftzug wehend, während die Locations eben diesen Glamour gerade nicht ausstrahlen. Seine Reise in einem weißen Sarg zeugt dabei von der Schiffüberfahrt, die Dracula nach London verschlug, nur dass es hier ein alter Karren ist, der als Transportmittel für eine wesentlich kleinere Strecke dient. Mit Kusaku (Kaku Takashina) wird ferner ein Renfield-Abkömmling installiert, der als bäuerlich grummelnder Diener schon eher ins Ambiente passt. Zusätzliche Kontraste werden wiederum im Krankenhaus geschaffen, wo der medizinische Fortschritt auf einmal mit dem bedrohlichen Grinsen einer auferstandenen Leiche fertig werden muss, die Löcher in jedem Hals hinterlässt, den sie finden kann.

Besonders dramaturgisch gelingt dabei eine ausgewogene Taktung, die von einem einprägsamen Intro über einen abwechslungsreich arrangierten Mittelteil in ein wiederum laut orchestriertes Finale mündet, das nicht ganz ohne Pathos auskommt. Selbst wenn das reinigende Sündenfeuer so vieler britisch-amerikanischer Gothic-Produktionen aus dem Vincent-Price-Umfeld ausbleibt, so weiß Shin Kihida ebenso leidenschaftlich die Zähne zu blecken wie vor Schmerzen zu kreischen, wenn er getroffen wird.

„Lake of Dracula“ ist also gewissermaßen die Geschichte vom Erwachen osteuropäischer Geister im japanischen Hinterland mit direktem Zugang zur nächstliegenden Großstadtzivilisation. Michio Yamamoto inszeniert diesen Augenaufschlag im Auftrag der Toho Studios nicht unbedingt mit einem Strauß neuer Einfälle, doch wie schon in seinem ersten Vampirfilm versteht er es, die Fremdzutaten so zu arrangieren, dass man als Betrachter willenlos dem Geschehen folgt, bis der Bann im Grande Finale gebrochen wird. Dass sich der Geltungsrahmen seiner Geschichte sowohl vergrößert als auch konkretisiert hat, tut der Wirkung keinen Abbruch; im Gegenteil, es lässt alles noch ein wenig runder wirken.

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