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Neun Jahre nach seinem letzten Kinofilm, dem 2001er Kritiker- und Box-Office-Flop „Ghosts of Mars“, kehrte der legendäre Genre-Regisseur John Carpenter 2010 in Gestalt eines neuen Werks in die Lichtspielhäuser dieser Welt zurück – und zwar mit „the Ward“, einer Kombination aus Psycho-Thriller und althergebrachter Grusel-Geschichte, von welcher sich insbesondere die Fans seines bisherigen Schaffens eine Rückkehr zur alten Form eben jenes Mannes erhofften, der „ihnen“ im Laufe seiner Karriere Klassiker á la „Halloween“ (1978), „the Fog“ (1980) oder „Escape from New York“ (1981) bescherte, innerhalb der vergangenen zweieinhalb Dekaden jedoch überwiegend nur recht mäßige Kost abzuliefern vermochte, von den beiden positiven Ausnahmen „In the Mouth of Madness“ (1994) und „Masters of Horror: Cigarette Burns“ (2005) mal abgesehen...

1966 wird eine unter Gedächtnisverlust leidende junge Frau namens Kristen (Amber Heard) in die vom erfahrenen Dr. Stringer (Jared Harris) geführte Abteilung des in Oregon gelegenen „North Bend Psychiatric Hospitals“ eingewiesen, nachdem sie zuvor ein Farmhaus in Brand gesetzt hatte. Mit ihr befinden sich noch vier weitere seiner Betreuten (allesamt selben Alters) im betreffenden Trakt der Einrichtung: Iris (Lyndsy Fonseca) ist stets positiver und freundlicher Natur, zugleich aber auch ein wenig zurückhaltend, Sarah (Danielle Panabaker) präsentiert sich meist relativ aufreizend und rechthaberisch, Zoey´s (Laura-Leigh) ganzes Gebaren entspricht eher dem eines Kindes und Emily (Mamie Gummer) hat ihre anpassungs-unwillige (ständig auf Konfrontationen ausgerichtete) Ader in der Gruppe inzwischen eine gewisse Außenseiterposition eingebracht. Trotz aller Unterschiede „vereinen“ sie jedoch die Umstände ihrer gemeinsamen Lage bzw. Situation: Kristen ist nun eine von ihnen…

Während Ansätze von Freundschaft entstehen und Stringer (bei ihr) mit seiner Therapiearbeit beginnt, richtet sie ihr Hauptaugenmerk indes auf die Suche nach einer Erfolg-versprechenden Fluchtmöglichkeit. Dies resultiert u.a. aus den Erzählungen der Mädels, dass die Verantwortlichen bislang wohl noch nie jemanden tatsächlich als „geheilt“ eingestuft und im Anschluss dann entlassen hätten – wie auch daraus, dass kürzlich erst eine Patientin (Sali Sayler) spurlos verschwunden ist sowie sich obendrein gar (offensichtlich) die „geisterhafte Erscheinung“ einer weiteren ehemaligen Mitinsassin (Mika Boorem) in den Klinik-Gemäuern umher bewegt. Je mehr sich Kristen mit den Hintergründen jener Begebenheiten beschäftigt, desto stärker gewinnen die „übernatürlichen Einwirkungen“ allerdings an Intensität – was rasch zu einer steigenden Anzahl schrecklich zugerichteter Opfer führt. Es gilt, ein pechschwarzes Geheimnis zu lüften, bevor es für sie (alle) zu spät ist...

Auf angenehme Weise rufen einem die ebenso stimmungsvoll wie ansprechend arrangierten Anfangsminuten von „the Ward“ (fast schon „beruhigend“) in Erinnerung, dass Carpenter nicht umsonst über die Reputation verfügt, ein Meister seines Fachs zu sein – und er sich zudem (unabhängig aller Enttäuschungen) auch nie derart schwer „blamiert“ hat wie etwa seine beiden (vergleichbaren) Kollegen George A. Romero und Dario Argento, siehe nur mal „Survival of the Dead“ oder „Giallo“. Unheilschwanger bewegt sich die Kamera langsam durch die nächtlichen Korridore des Krankenhauses – bis hin zum Zimmer der verängstigten Tammy (Sayler), welche unmittelbar darauf von zwei Händen ergriffen, in die Luft gehoben und getötet wird. An dem Punkt setzen nun die ansehnlich gestalteten sowie mit einem atmosphärischen Score unterlegten Opening Credits ein, im Zuge derer alte Fotos „betagter“ Behandlungsmethoden gezeigt werden, die der Reihe nach (in Zeitlupe) zu Scherben zerspringen – gefolgt von einer Szene, in der (die nur weiße Unterkleidung tragende) Kristen barfuss durch ein Waldstück hin zu einem Farmgebäude hastet, welches sie sogleich anzündet und dann beim völligen Niederbrennen (wie in Trance versunken) beobachtet, bis zwei Polizisten am Ort des Geschehens eintreffen, sie überwältigen und wenig später in die „North Bend“-Psychiatrie verfrachten…

Bei diesem Einstieg handelt es sich um einen echt gelungenen, der sowohl Interesse als auch Hoffnung auf eine richtig feine Grusel-Mär im klassischen Stil erweckt. Auf den ersten Blick scheinen die „wichtigsten Zutaten“ fürs Erreichen eines solchen Ergebnisses durchaus vorhanden (gewesen) zu sein – allen voran eine fähige Cast&Crew sowie creepy Location, für welche das 1891 eröffnete „Eastern Washington State Mental Hospital“ als Drehort auserwählt wurde. Eine gute Ausgangsbasis – nur steht und fällt ein Film letztlich (bekanntermaßen) ja meist mit der Qualität seines zugrunde liegenden Skripts. Hier stammt die Vorlage aus den Federn von Michael und Shawn Rasmussen, welche zuvor bloß den belanglosen 2005er Thriller „Long Distance“ (mit Monica Keena) verfasst hatten. Leider ist ihnen auch dieses Mal (primär in Sachen Kreativität und Originalität) kein unbedingt „großer Wurf“ geglückt: Nach zig ähnlichen Werken kommt einem das gebotene Szenario inzwischen einfach viel zu vertraut vor – inklusive einzelner Versatzstücke sowie gar ganzer Plot-Abläufe. Entsprechend eingeschränkt sind zugleich die Möglichkeiten, was es mit den „Vorfällen“ am Ende wirklich auf sich hat: Ein real existierender Geist, eine psychische Erkrankung – oder vielleicht eine gezielte „Verschwörung“ Schrägstrich speziell konzipierte Therapieform? Die Antwort darauf bzw. den damit verbundenen Twist dürfte jeder halbwegs geübte Genre-Zuschauer bereits nach rund 30 Minuten treffsicher voraussagen können – was schlichtweg schade und überdies geradezu als bezeichnend für den gesamten Streifen anzusehen ist…

Ohne Innovationen und/oder Humor, dafür aber mit so einigen Klischees, Unglaubwürdigkeiten, banalen Dialogzeilen und oberflächlichen Charakterzeichnungen, entfaltet sich die Story recht strikt entlang der ausgelatschten Pfade gängiger Spukhaus- und Anstaltsfilme. Zumindest vermag die gecastete Besetzung den „08/15-Figuren“ (immerhin) ein passables Maß an Leben einzuhauchen: Mit einer gediegenen Performance überzeugt Amber Heard („Drive Angry“) in der Hauptrolle – allerdings hätte ich mir für Kristen noch zusätzliche markante Eigenschaften (seitens des Drehbuchs) gewünscht, u.a. um die Befähigungen Ambers besser auszuschöpfen bzw. auszuloten. Die anderen jungen Damen, also Danielle Panabaker („Mr. Brooks“), Lyndsy Fonseca („Kick-Ass“), Newcomerin Laura-Leigh sowie Meryl Streep´s Töchterchen Mamie Gummer („Stop-Loss“), liefern durch die Bank weg solide Leistungen ab – ebenso wie (in Flashbacks) Sali Sayler („the River Murders“) und Mika Boorem („Blue Crush“). Wären ihre Parts besser ausgearbeitet worden, hätten ihre Schicksale gewiss „stärkere Reaktionen“ beim Betrachter hervorgerufen – so aber muten sie beinahe gar noch eindimensionaler skizziert an als die „eingewiesenen Girls“ in Zack Snyder´s „Sucker Punch“. Auf routinierte Weise (anständig) agiert derweil Jared Harris (TV´s „Mad Men“) als ihr behandelnder Arzt, dessen „wahre Absichten“ erst pünktlich zum Schluss (umfassend) preisgegeben werden – wohingegen sein Personal (allen voran Susanna Burney als Oberschwester und D.R. Anderson als Pfleger) stark an das in einer Vielzahl artverwandter Produktionen (á la „One flew over the Cuckoo´s Nest“) erinnert…

Abgesehen von zwei schönen alten Autos, einigen schicken Frisuren und Kleidungsstücken sowie einer unterhaltsamen Sequenz, in welcher die Patientinnen zum Klang eines Songs der „Newbeats“ im Aufenthaltsraum tanzen, macht der Film relativ wenig aus seinem 60er-Jahre-Setting: Zwar kommen spezielle medizinische Methoden zum Einsatz, die zu jener Zeit zum Teil noch angewandt wurden (Lobotomie, Elektroschock-Therapie etc.) – doch dienen sie nur als „Horror-Instrumente“, ohne etwa hinterfragt oder in einen bestimmten Kontext gerückt zu werden. Kritik am betreffenden System gibt es genauso wenig wie Anspielungen in Richtung der damaligen Neo-Feminismus-Bewegung – trotz aller sich dafür eigentlich bietenden Ansatz-Möglichkeiten. In einem derartigen „Umfeld“ ist eine Dusch-Szene im Prinzip ja fast schon obligatorisch – und tatsächlich wird einem im Vorliegenden eine solche präsentiert, die allerdings erstaunlich zahm und unaufregend daherkommt. Nicht unähnlich ist der Eindruck zu beschreiben, welchen die unterschiedlichen Kills hinterlassen: In gewohnter „Slasher-Manier“ finden die Gruppenmitglieder der Reihe nach ihr Ende – u.a. wird ein Opfer „unter Strom gesetzt“, ein anderes erhält ihre Kehle durchgeschnitten sowie ein weiteres eine dicke Nadel durchs Auge direkt ins Gehirn gestoßen. Ungemütlich und brutal, keine Frage – an sich aber weder allzu einfallsreich noch sonderlich schockierend…

„Verantwortlich“ für den ganzen übernatürlichen Schrecken innerhalb der Klinik-Mauern ist der „Geist“ einer ehemaligen (und nun vorrangig nach Rache sinnenden) Patientin, die in ihrem „jetzigen Zustand“ ungefähr wie eine Kreuzung aus einem Zombie und der besessenen Linda Blair in „the Exorcist“ ausschaut – komplett mit grau-grünlichem Teint sowie einzelnen CGI-Zusätzen, welche z.B. „Bewegungen unter der Haut“ akzentuieren. Wirklich begeistern konnte mich die Kreation nicht – und obendrein denke ich, dass man sie erst später im Verlauf (und zudem weniger deutlich) hätte offenbaren bzw. zeigen sollen. Die Mehrheit der vorhandenen Jump-Scares werden auf „traditionellem Wege“ hergeleitet und dann stets von einem lauten Geräusch untermalt – eine lahme, nichtsdestotrotz funktionierende Taktik. Die Sache dabei ist jedoch folgende: Von einer Genre-Regie-Legende wie Carpenter hätte man einfach ein Stück weit mehr erwartet! Einen bemühten Score Mark Killians („Traitor“) aufweisend sowie von Cinematographer Yaron Orbach („the Joneses“) stimmig bebildert, demonstrierte John in Gestalt dieses Projekts aber dennoch sein weiterhin existentes handwerkliches Geschick, inklusive eines ergiebigen Gespürs für Atmosphäre: Bewährte Kenntnisse und inszenatorische Kniffe, die für sich allein in der heutigen Zeit allerdings kaum noch einen Zuschauer wahrhaft (gänzlich) zufrieden stellen können – wie dieser Film hier, unabhängig seines bisweilen recht brauchbaren Unterhaltungswerts, letzten Endes überaus anschaulich beweist, und das einschließlich seiner finalen (arg uninspirierten) Einstellung…

Fazit:  Obgleich „the Ward“ (2010) ein ansprechendes Produktionsdesign, diverse kompetente Mitwirkende vor und hinter der Kamera, verschiedene creepy Momente wie auch eine relativ kurzweilige Beschaffenheit vorzuweisen vermag, ist John Carpenter mit diesem klassischen Horror-Thriller nach neun Jahren „Leinwand-Abstinenz“ leider nicht das erhoffte „glanzvolle Comeback“ gelungen – was in erster Linie dem weitestgehend unoriginellen, durchschaubaren und somit der Erzeugung konkreter Hochspannung entgegen wirkenden Skript zuzurechnen ist, auf welchem der Streifen basiert. Beileibe keine „cineastische Katastrophe“ oder so – wohl aber ein enttäuschendes, bestenfalls mäßiges Ergebnis…

knappe „5 von 10“

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