Kann ja eigentlich nur besser werden, dachte ich mir so im Stillen, als ich mich erbot, noch mal knappe anderthalb Stunden meines Lebens für eine Fortsetzung von "Hatchet" zu opfern.
Adam Greens Neuerweckung des Funsplatterspaßes (so zumindest wird es ja immer zur Verteidigung nach einer guten halben Bierpalette vorgelallt) hatte ich wegen groben Verstoßes gegen Geschmack, Vermarktung, Darstellung, Umsetzung und Trickeffekten mit der Tiefstwertung veredelt, insofern war ja kaum zu erwarten, daß ein zweiter Teil noch schlechter ausfallen könnte. Zwar halte ich Green immer noch für ein kreatives Wichtelhirn, aber trotz der üblichen Fehler konnte man sich "Frozen" ansehen, ohne hinterher die Wohnung neu dekorieren zu müssen. Multitaskingfähig hat er ja den Frostschutzthriller und diese neueste Verhackstückung fast parallel gedreht, um "Frozen" u.a. zwischendurch in "Hatchet 2" per TV-Einblendung gleich noch vermarkten zu können. Oder zitieren. Auf jeden Fall war das selbstreferentiell und ironisch und bestimmt auch voll cool. Naja, oder auch nicht.
Also zurück in Victor Crowleys Sumpf, wo der Wiedergänger/Geist mit der Mördergummigesichtsmaske immer noch mit Hackebeil und anderen fiesen Werkzeugen dumpfe Leute meuchelt, weil ihm an Halloween (gähn!) mal übel mitgespielt wurde. Was an Kontinuität noch übrig war, hat man der Tatsache geopfert, daß "Hatchet 2" in der Sekunde anfängt, in der "Hatchet" aufhört - abgesehen davon, daß man die Hauptdarstellerin ausgetauscht hat. Ist ja auch egal, soll eh nur die "damsel in distress" und das "final girl" in Personalunion darstellen.
Also, die Hauptdarstellerin hat sich (womöglich angesichts des schrecklichen Ereignisses, agraaah, ich schrumpfe...) total verändert, aus Tamara Feldman (1,68m) wurde jetzt - weil ja auch mit einem Ruf im Horrorgenre - Danielle Harris (1,52m), die zwar niedlich, aber eben doch wie eine nette Achtklässlerin aussieht, die man auf einen Rambojob losgelassen hat. Ergebnis: Schülertheater!
Macht ja nix!
Wir erinnern uns: alle sind tot und verhackstückt, außer eben Marybeth (Harris). Die wird nun von Trickguru John Carl Buechler aus dem Sumpf gezogen und kriegt gleich mal von ihm eine volle Urinpulle zum Aufwärmen, womit das Niveau in etwa festgelegt sein dürfte. Fünf Minuten später zieht Crowley Buechler die Gedärme aus dem Bauch, die so echt ausschauen wie die alberne Nabelschnur zwanzig Minuten später in der Rückblende rund um Crowleys Geburt und dann brettert uns auch schon schwerster Rock zu den Vortiteln entgegen, an deren Ende der Regisseur angesüffelt neben einer Kotzlache an einer Straßenecke Platz nimmt. Solange es nur grob, laut und rüde ist, läuft die Sache schon.
Und ab da wirds richtig intellektuell bis zur Unzurechnungsfähigkeit, denn Marybeth, die nur mit Müh und Not entkommen ist, will unbedingt zurück in den Sumpf, um die Familienleichen zu bergen und zu begraben. Ist auch meine erste Reaktion, wenn ich vor drei Stunden um ein Haar verhackstückt wurde. Mehrmals! Und den Crowley will sie nu auch noch umbringen, obwohl man das nicht kann, aber is ja egal. Damit belabert sie Tony Todd, der in diesem zweiten Teil sogar eine richtige Rolle hat, nämlich den des verschlagenen Geschäftemachers.
Sinister, wie er nun mal ist, denkt er sich einen dollen Plan aus, zu deren Durchführung er aber noch reichlich Waffengewalt aka Opfervorrat braucht. Also alle Jäger und Angler eingeladen und mit Chips-Ahoy-Keksen zum Mitfahren angeregt (wohl der übelste Fall von plattestem Product Placement seit langem). Spätestens wenn die gestandenen Recken und Südstaaten-Degenerierten samt Redneck-Ahnen frohgemut die Kekse mit minimum 37 Prozent Schokostückchen mampfen, fliegen dem zurechnungsfähigen Publikum Affen aus dem Hintern, denn dazu chargiert Todd wie in der Muppetshow, Parry Shen darf nach seinem Tod in Teil 1 noch mal als albern-blöder Bootsführer ausrücken (der sich selbst aka Bruder sucht) und die depperte Söldnertruppe besteht aus dem Schlimmsten, was an Asi-Klischees zu haben war. Fehlt eigentlich nur noch der Quotenneger.
Tja, eigentlich will ja keiner mit, trotzdem fahren alle. Warum sie fahren, ändert sich alle drei Minuten, aber letztendlich ist das sowieso allen egal. Oder auch nicht, dennoch zieht keiner daraus Konsequenzen. Stattdessen verplempern sich so mit unlogischem Stumpfsinn korrekte knapp 50 Minuten von gerade mal 85, ohne daß irgendwas passiert. Nichts Blutiges, nichts Lustiges (außer eben man ist arrivierter Funsplatterfan, dann ist sowieso alles egal), nichts Spannendes und vor allem nichts Logisches.
Die letzten 30 Minuten nützt man dann für ein flottes und endloses grobes Meucheln finsterster Couleur, denn Hirni Crowley hat offenbar aus nicht näher definierten Quellen Zugang zu einer Vielzahl von mordfähigen Handwerksgeräten wie Beil, Schleifmaschine oder einer zwei Meter langen Kettensäge, mit der man gleich zwei Opfer via Schnitt durch den Schritt zersägen kann. Da lacht des Splatterfreundes Herz und alles ist vergeben, denn dazu gibt es noch eine ach so lustige Doggystylenummer, bei der sogar noch weitergestoßen wird, wenn dem Manne hinten das Haupt schon abgeschlagen wurde und dicke Glocken sind auch zu sehen. Heavens open, würde ich mal sagen.
Alles drin also und da ja Handmade-FX ein Qualitätsmerkmal sind, werden die Fans auch hier wieder vollkommen von den Socken sein, auch wenn man Kane Hodder in seiner Frankensteinmaske tunlichst nur bei Dunkelheit ablichtet, da seine Kunststoffprosthetics doch arg gummihaft aussehen und sein Gesicht der Reißer in der Muppetshow gewesen wäre.
Mit Häuten, Zerteilen, Zersägen und dem schon üblichen Markenzeichen des "Eimer voll Blut an die Bäume Kippens" geht dann Opa Leatherface sozusagen das Herz bei der Knorr-Sonntagssuppe auf, aber da sowieso von vornherein klar ist, daß nur Danielle Harris am Ende übrig bleibt und die restlichen Kunstfiguren nur Körpermett darstellen, ist das alles endlos langweilig. Man sollte auf die Figuren schon reagieren müssen, um etwas mitzufiebern oder Spaß zu haben, wenn die Bösen oder Fiesen oder Dummen zersägt werden. Hier haben wir nur ein Bündel geiler oder wortkarger Deppen, die im Normalfall kaum aufrecht gehen können dürften. Aber auch hier verschenkt Green nach Kräften alle Chancen auf Witz oder ein bißchen Ironie, sondern läßt nur schnell das zusammenrotzen, was die Fanzielgruppe sehen will.
Aber auch die müssen sich den Restfilm nach Kräften schön saufen, denn von Minute 10 bis 45 herrscht hier eine so einmalige Laberdurststrecke, daß ein Nickerchen lebensrettend sein könnte.
Nein, "Hatchet 2" ist nicht schlechter als Teil 1, er ist aber leider auch nicht besser. Es gibt mehr Gore und der ist noch etwas grotesker ausgefallen, aber ansonsten ist alles noch unzusammenhängender und schlichtweg dämlicher. Und nicht mal mehr grell, sondern einfach nur öde.
Ein berechnendes Kommerzprodukt, so subtil wie die Bildzeitung und so nahrhaft wie 20 Dosen Bier fünf Brote ersetzen.
Eine Clipshowdoku über FX-Künstler wäre informativer und sättigender, nebenbei gesagt. Und die Texte hätten eventuell sogar einen Zweck. Aber das soll niemanden von Teil 3 abhalten.(1/10)