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"Action-Rentner mit Selbstironie"

Guten Wein sollte man reifen lassen, bis er seine volle Wirkung entfalten kann. Das gilt offenbar auch für manche Schauspieler, zumindest wenn man die neue Actionkomödie eines unserer nach Hollywood emigrierten Filmemacher zum Maßstab nimmt. Der ebenso gestandene wie illustre Cast den Robert Schwentke für seine Leinwandadaption der Graphic Novel R.E.D zusammentrommeln konnte, liefert eine überaus launige Ensemble-Vorstellung, bei der man sich durchgängig auf einer Party mit alten Freunden wähnt.

Bruce Willis, Morgan Freeman, John Malkovich und Helen Mirren in einem Film vereint, wäre allein schon das Eintrittsgeld wert gewesen. Dass sie auch noch so prächtig harmonieren, ist gewissermaßen das Sahnehäubchen. Natürlich kommt ihnen zugute, dass sie entsprechend ihrer Stärken gecastet und besetzt wurden. So gibt Hauptdarsteller Bruce Willis einmal mehr den coolen Actionhelden, dessen souveräne Effizienz stets von einem Augenzwinkern konterkariert wird. Morgan Freeman darf erneut (Alters-)Weisheit und Humor zu einer unnachahmlich charmanten Mischung verquirlen, die Freund und Feind gleichermaßen beeindruckt. John Malkovich ist natürlich der durchgeknallte Paranoiker und Helen Mirren die schlagfertige Dame von Welt.

Jeder aus diesem Quartett könnte einen Film alleine tragen, umso überraschender ist es, dass sie sich nicht gegenseitig im Weg stehen und versuchen den Film an sich zu reißen. Zwar ist Bruce Willis klar als Protagonist zu identifizieren, trotzdem haben alle ihre besonderen Momente und Szenen, die nicht zuletzt durch das Zutun ihrer Costars so gut funktionieren. Spaß machen auch die beiden Kurzauftritte von Richard Dreyfuss als arrogant-skrupelloser Mann im Hintergrund und von Brian Cox als trinkfreudiger Ex-KGB-Agent mit Herz. Abgerundet wird das muntere Star-Treffen durch Mary-Louise Parker als scheinbar biedere Rentensachbearbeiterin und einem knorrigen Cameo von Nebendarsteller-Legende Ernest Borgnine, dem man seine 93 Lenze beim besten Willen nicht ansieht.

Bei so viel Spielfreude namhafter Stars fällt es kaum noch ins Gewicht, dass die eigentliche Handlung nicht sonderlich originell ist. Der Plot von einer politischen Verschwörung zur Beseitigung ehemaliger CIA-Topagenten dient letztlich lediglich als Vehikel zum munteren Mix aus krachigen Actioneinlagen und verbalen Frotzeleien.
Seit seinem Ruhestand fristet der ehemalige CIA-Special-Agent Frank Moses (Willis) ein tristes Dasein in einer biederen amerikanischen Vorstadt-Idylle. Zu den Highlights seiner täglichen Routine gehört das Gießen einer Avocado und der harmlose Telefonflirt mit der Rentensachbearbeiterin Sarah (Parker). Da wirkt er regelrecht glücklich, als endlich ein Killerkommando sein Heim in Schutt und Asche legt. Offenbar gibt es eine Todesliste für ehemalige Agenten, die sämtlich an einer verdeckten Operation in Nicaragua beteiligt gewesen waren. Also kidnappt Frank kurzerhand die durch ihre Gespräche ebenfalls gefährdete Sarah, reaktiviert seine alten Kampfgefährten Joe (Freeman) Marvin (Malkovich) und Victoria (Mirren) und geht im wahrsten Wortsinn in die Offensive.

Der Originaltitel R.E.D steht für „Retired and Extremely Dangerous" und ist Programm. Die Rentnertruppe um Frank Moses (Willis) heizt ihren Häschern mehr als ordentlich ein und gibt ihnen bevorzugt großkalibrig zu verstehen, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen zählt. Das bekommt vor allem CIA-Sondereinsatzleiter Cooper (Karl Urban) zu spüren, der seine liebe Mühe hat die betagten Ex-Kollegen zu beseitigen.

Trotz spektakulärer Actionszenen sind es vor allem die kleinen Gags zwischendurch, die den Film aus den Genre-Einheitsbrei herausheben und dafür sorgen, dass man die komplette Laufzeit  durchschmunzeln kann. Wenn Morgan Freeman sich im Altersheim den Fernseher einstellen lässt, nur um den Hintern einer Pflegerin bewundern zu können, oder Helen Mirren bei der Aufzählung ihrer Leidenschaften lapidar bemerkt „Ich töte Menschen", dann dürften sowohl Freunde von Selbstironie wie auch Anhänger des Schwarzen Humors auf ihre Kosten kommen.

Der komödiantische Grundtenor von R.E.D entspricht zwar nicht der deutlich ernsthafteren Vorlage, ist aber letztlich die Stärke des Films und übertüncht auf unterhaltsame Weise die Redundanz der im Spionagethriller-Genre eben doch recht ausgelutschten Geschichte. Vor diesem Hintergrund ist es auch nicht weiter störend, dass die gezeigten Gewaltszenen trotz häufiger Todesfolge nicht sonderlich explizit ausfallen.
In diesem Jahr wollen es die alten Leinwandhaudegen offenbar nochmals so richtig wissen. Mit dem von Sylvester Stallone angeführten Altherrentreffen in der durchaus gelungenen B-Action Hommage The Expendables kann R.E.D nicht nur mithalten, sondern läuft diesem in Sachen Selbstironie sogar den Rang ab. Alle jenseits der 30 können sich jedenfalls über einen weiteren Kinobesuch freuen, bei der mal nicht die pubertäre Standart-Zielgruppe im Focus steht. Da heißt es zurücklehnen und genießen, schließlich sind solche Gelegenheiten eher die Ausnahme im modernen Mainstream-Kino.

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