Kyung-Chul ist ein Serienkiller, der nur aus Spaß und reiner Grausamkeit tötet. Eine Tages sucht er sich jedoch das falsche Opfer aus. Er tötet und zerstückelt die Verlobte des Spezialagenten Soo-Hyun. Als der Kopf seiner großen Liebe in einem nah gelegenen See geborgen wird, macht es Klick bei dem Ermittler und jegliches Urteilsvermögen weicht blindem Hass, dem Wunsch nach Rache und Vergeltung. Kurzerhand nimmt er sich zwei Wochen Urlaub und stellt auf eigene Faust Ermittlungen an. Ohne Beweise und nach dem Motto 'erst handeln, dann fragen' sucht er einen Verdächtigen nach dem anderen auf und stellt mit einer beeindruckenden Kompromisslosigkeit sicher, dass sie in Zukunft nicht mehr in der Lage sein werden, ein Verbrechen zu begehen - ob sie an diesem nun schuldig waren oder nicht. Schon bald findet er jedoch den wahren Täter. Mit einer Gnadenlosigkeit und Eiseskälte, die sogar Django das Blut in den Adern gefrieren lassen würden, stellt er den gewissenlosen Psychopathen und richtet ihn schlimm zu. Allerdings tötet er ihn nicht, sondern lässt ihn wieder laufen. Seine Absicht ist es, Kyung-Chul physisch und psychisch zu brechen, ihn in Sicherheit zu wiegen, nur um von Mal zu Mal grausamer zuzuschlagen, bis der Killer das gleiche Leid verspürt wie seine Freundin. Doch Soo-Hyun begeht einen folgenschweren Fehler - er ist sich seiner Sache zu sicher und unterschätzt Kyung-Chul...
Die Folge ist ein allumfassendes Blutbad und möglicherweise der intensivste Rachefilm, der je auf Zelluloid gebannt wurde. Dagegen wirken Oldboy und A Bittersweet Life vergleichsweise harmlos - allerdings muss man dazu sagen, dass I Saw the Devil weder die handlungstechnische Raffinesse eines Oldboy noch den depressiven Nihilismus eines Sympathy for Mr. Vengeance besitzt - I Saw the Devil hat andere Stärken - er ist weder neu noch innovativ, lässt aber in Sachen Intensität seine Konkurrenten weit hinter sich und evoziert am Ende gar Erinnerungen an den kontroversen Folter-Thriller Martyrs.
Graphisch wird hier nicht an Greueltaten gespart. Ob nun die männlichen Kronjuwelen eines Verdächtigen mit dem Hammer zermalmt werden, eine Achillessehne durchtrennt oder eine Kieferpartie auseinandergerissen wird - hier gibt es nichts, was es nicht gibt, und diese Aktionen sind nur eine kleine Auswahl an blutigen Grausamkeiten, die man sich für diesen Film ausgedacht hat. So verwundert es auch nicht weiter, dass dem Film in Korea die Freigabe verweigert wurde. Er durfte weder in Kinos gezeigt, noch beworben oder zur Heimkinoauswertung zugelassen werden. Laufen hätte er theoretisch nur in Pornokinos können. Da diese in Korea aber weitestgehend nicht existieren, kam dies einem Verbot für den Film gleich. Das Ende des Lieds war, dass für die Koreafassung rund 7 Minuten entfernt werden mussten, ohne die der Film aber immer noch wie ein absolut diabolischer Sicko-Bastard wirken soll - in Deutschland wurde glücklicherweise auf den Festivals die ungeschnittene Fassung präsentiert. Ob die DVD Fassung (Splendid, schwarze Serie) ungeschnitten sein wird, ist noch nicht sicher.
Regisseur Kim Ji-Woon (A Tale of Two Sisters, The Good, the Bad, the Weird) hat sich mit seinem neuesten Werk wirklich selbst übertroffen. Zu verdanken hat er das in erster Linie den beiden Hauptdarstellern aus zwei anderen Kult-Rache-Thrillern: Choi Min-Sik aus Oldboy als oberpsychopathischer Killer und Lee Byung-Hun aus A Bittersweet Life als rachesuchender Agent.
Handwerklich ist der Streifen - wie es nicht anders zu erwarten war - grandios. Ein Genuss, wie die Bilder durchkomponiert sind, der Soundtrack die gezeigten Szenen perfekt untermalt, die F/X wirken, als seien sie echt und eben nicht nur Effekte - hier gibt es alles nur vom Feinsten. Besser geht es eigentlich nicht.
Grandios ist der Film auch dank seiner Geradlinigkeit. Natürlich ist dies kein tumber Torture-Porn, wie man sie mittlerweile reihenweise aus den USA vorgesetzt bekommt. Der Film ist durchaus intelligent und stellt konkrete ethische und moralische Fragen. So gibt es hier keine Schwarz-weiß-Malerei, kein "nur gut" und "nur böse". Die Grenzen verschwimmen. Ist es moralisch zu verantworten, dass der Ermittler seinem wehrlosen Opfer grausame Schmerzen zufügt? Dass er das Leben der Menschen um sich herum gefährdet? Dass er das Gesetz in die eigenen Hände nimmt und Selbstjustiz verübt? Nur um Rache zu nehmen für eine Tat, die längst verübt ist - für den Mord an seiner Verlobten, die, egal was er tut, nicht mehr wieder lebendig werden wird? I saw the Devil...ähnlich wie bei Sympathy for Mr. Vengeance stellt sich die Frage, wer mit der Titelbeschreibung eigentlich gemeint ist - zutreffen würde sie auf beide. Dabei zeigen die Charaktere während der fast 2 1/2 Stunden Laufzeit auch so gut wie nie Gefühle, sie bleiben kalt und emotionslos, handeln mit Kalkül und erheben die Rache zur obersten Priorität. Selbst wenn hier Tränen fließen, wirken diese kalt, bitter und hoffnungslos.
Ich gehe in diesem Review inhaltlich bewusst nicht ins Detail, weil ihr selber erleben sollt, wie sich dieser Alptraum, aus dem es kein Entkommen für die Protagonisten gibt, Stück für Stück entspinnt. Ich denke, wenn ich sage, dass das Ende sehr intensiv ist, verrate ich nicht zu viel. Aber hier wird auch nochmal dem titelgegebenden Satz nachgegangen..I saw the Devil..was macht einen Menschen aus, den man schon nicht mehr als solchen bezeichnen kann, sondern der als Teufel oder Monster charakterisiert werden muss? Die Antwort auf diese Frage hinterlässt nur Resignation und Hoffnungslosigkeit.
Für mich der markanteste, intensivste Rachethriller, den ich jemals gesehen habe und - trotz eines Mangels an Innovation - jetzt schon ein modernes Meisterwerk. Die fast epische Laufzeit vergeht übrigens wie im Fluge und ist unerlässlich, um den Leidensweg und die Motivaton der Hauptfiguren nachzuvollziehen. Ein Film, über den man reden wird - und über den man noch lange nach dem Abspann nachsinnt...