Eine Mordserie erschüttert die Stadt. Mehrere junge Frauen verschwinden spurlos, um kurze Zeit später grausam zugerichtet oder nur noch in Einzelteilen aufgefunden zu werden. Hinter den Morden steckt ein perverser Triebtäter (Choi Min-sik, der Oh Dae-soo in OLDBOY), der weder Reue noch Mitleid kennt. Eines Abends sucht er sich jedoch das falsche Opfer für seine kranken Machenschaften aus. Als Soo-hyeon Gewissheit über den Tod seiner schwangeren Angetrauten erlangt, brennen bei dem hochrangigen Spezialeinheitsmitglied alle Sicherungen durch und er begibt sich auf einen privaten Rachefeldzug. Nicht genug damit, dass er den Mörder seiner Frau aufstöbert, er zahlt ihm die Schmerzen heim, die dieser seiner Frau zuteil werden ließ, und zwar wieder und wieder…
I SAW THE DEVIL – schwer zu sagen, ob nun „Ich sah den Teufel“ oder „Ich (zer-)säge den Teufel“ gemeint ist – ist ein trickreiches Katz- und Mausspiel in Form eines brutalen Rachethrillers, Lichtjahre entfernt von plumper Hollywood-Hate&Revenge-Action á la PAYBACK oder THE PUNISHER.
Thematik, Cast, die edlen Settings, der dramaturgische Handlungsverlauf und der allumfassende Pessimismus lassen den Film wie den vierten Teil der niederschmetternd tristen Rache-Trilogie von Park Chan-wook daherkommen. Doch auf dem Regiestuhl saß diesmal ein anderer südkoreanischer Mastermind. Die Ehre gab sich Kim Ji-woon, bekannt u.a. für sein Gangstermelodram A BITTERSWEET LIFE, seine Western-Farce THE GOOD, THE BAD AND THE WEIRD und seinen packenden Psychohorror A TALE OF TWO SISTERS.
Die Artverwandschaft zu OLDBOY und Co. ist jedoch nicht von der Hand zu weisen. Ins Auge stechen vor allem die überwältigend überzeugend agierenden Darsteller, allen voran Choi Min-sik (Oh Dae-soo in OLDBOY) und Lee Byeong-heon (der Gentleman-Killer in BITTERSWEET LIFE), die sich hier ein Gipfeltreffen und Charakterduell der Extraklasse liefern. Choi Min-sik tritt als Frauen schändender Meuchelmörder so niederträchtig, abartig und geisteskrank in Erscheinung wie Anthony Wong in Zeiten von EBOLA SYNDROME und UNTOLD STORY. Er kennt weder Mitleid noch Reue, fürchtet weder Tod noch Teufel, eben ein asozialer Bastard, wie er im Buche steht, und so ungefähr die Bösartigkeit in Person. Zu einem ebenbürtigen Kontrahenten wächst der nach Rache dürstende Gesetzeshüter heran. Hat er seine Zielperson einmal in die Enge getrieben, zeigt er ebenso wenig Mitleid und keine Gefühlsregung entschlüpft seiner maskenhaften Fassade. Er ist ein geschulter Folterknecht und weiß, wo die Schmerzzentren seines Opfers sitzen. Was er hier veranstaltet gleicht einer Hetzjagd. Er fängt den Mörder seiner Frau ein, peinigt ihn bis an die Schmerzgrenze und lässt ihn schwer verletzt entkommen. Dank implantiertem Sender ist das erneute Aufspüren dann nur eine Frage der Zeit. Doch ob der Plan des Cops aufgeht, erweist sich erst am Schluss.
I SAW THE DEVIL ist spannend von der ersten bis zur letzten Minute. Wer auf harten, kompromisslosen Thrill fernab von Hollywood’eskem Weichspül-Kitsch bafährt, bekommt hier die doppelte Ladung vorgesetzt.
Was den Streifen doch noch von MR. und LADY VENGEANCE, seinen Rache hungrigen Geschwistern im Geiste abhebt, ist die Tatsache, dass Gewalt hier nicht nur groß geschrieben wird, sondern obendrein auch noch fett und unterstrichen: Köpfe rollen, es gibt zerhackstückelte Leichen, Schädel werden mit stumpfen Gegenständen bearbeitet, dass beinahe Erinnerungen an IRREVERSIBLE wach werden, Blut spritzt fontänenartig aus klaffenden Halswunden. Es wird auch wieder eine Achillessehne gekappt, doch das bekam man in MR. VENGEANCE etwas eindrucksvoller vorgeführt. Unterm Strich fällt I SAW THE DEVIL wahnsinnig brutal aus, zumindest für einen Vertreter seiner Gattung. Wurden in OLDBOY noch Zähne mit dem Hammer gezogen, gibt’s hier Eingeweide-Gulasch. Die dargebotene Gewalt ist zwar überaus drastisch, sie wirkt aber glücklicherweise bei weitem nicht so plump und selbstzweckhaft wie beispielsweise die in den späteren SAW-Teilen.
Der finale Paukenschlag ist zwar gelungen, tritt einen aber nicht so fies in die Magengrube wie beispielsweise der Showdown von SIEBEN. Auch Choi Min-siks Motivation, die ihn immer und immer wieder zum Mörder junger Damen werden lässt, ist etwas schleierhaft bzw. nicht existent (er ist eben schlicht und ergreifend ein wahnsinniger Killer), und dass er so rein gar nicht schlau aus seinen Fehlern zu werden scheint und nicht einmal im Angesicht seines eigenen Todes von seinem nihilistischen Weg abweicht, wirkt etwas an den Haaren herbeigezogen. Ferner sollte man nicht unbedingt mit übermäßig viel Tiefgang und bedeutungsschwangeren Momenten rechnen. Wegen der überdeutlichen Darstellung von Gewalt und der harten Thematik stößt man garantiert an die persönlichen Grenzen mit dem Film, keine Frage. In OLDBOY beispielsweise wurden Emotionen aber mit einem deutlich feineren Pinsel gezeichnet, auch lag in dem Park Werk insgesamt mehr Melancholie und Zauber in der Luft.
“Mister, You Said We’re All Lucky Today. (…) But I Think You’re so Unlucky Today.”
I SAW THE DEVIL macht insgesamt aber zu viel richtig, um das Resümee negativ ausfallen zu lassen.
Fazit daher:
MR. VENGEANCE goes EBOLA SYNDROME – Grandios, atemberaubend, kompromisslos böse, ein absolutes Highlight!
Die an den Tag gelegte Gewalt dürfte gewiss nicht jedermanns Sache sein, doch ungekürzt wird es der Streifen wahrscheinlich ohnehin nicht nach D-Land schaffen.
“The Devil, You and Me” – Ein Rachefeldzug par excellence!