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Ein Film geht immer dann ein hohes Risiko ein, wenn nur eine Person über die volle Laufzeit im Mittelpunkt steht. Das kann funktionieren („127 Hours“), ein wenig eindimensional ausfallen („Buried“) oder eher die Vorlage für einen Kurzfilm bieten, wie im vorliegenden Fall.

Ein Mann (Adrien Brody) erwacht mit mehreren Blessuren und eingeklemmten Bein in einem Autowrack mitten im Wald. Weder weiß er, wie er hier hergekommen ist, noch kann er sich an seine Identität erinnern. Die Leiche auf dem Rücksitz bietet ihm keine Anhaltspunkte, erst als er eine Meldung im Radio hört, schleichen sich vage Erinnerungen ein…

Adrien Brody ist sicher immer eine ordentliche Wahl, wenn es darum geht, interessante und vielfältige Charaktere möglichst nuanciert zu performen, doch in diesem Fall lässt ihn das Drehbuch phasenweise sehr lange im Stich, was primär den zu vagen Inputs geschuldet ist.
Dabei steigt die Handlung nah an der Hauptfigur ein, die Kamera übernimmt die verschwommene Egosicht des Verletzten, dessen Auge reichlich angeschwollen ist, während die akute Benommenheit keinen klaren Blick zulässt.
Ein Blick durch die zerborstene Windschutzscheibe, das Abtasten des eigenen Körpers, der Versuch, das eingeklemmte Bein zu befreien, ein vorläufiges Rekapitulieren in Form eines hilflosen Wimmerns, - all diese Elemente wirken stimmig, sind gut arrangiert und erwecken Interesse für die Situation.

Doch als der Mann nach geraumer Zeit das Autowrack verlassen kann, verliert sich das Skript in den Weiten der abgeschiedenen Landschaft und versäumt es vor allem, den Zuschauer mit zusätzlichen Flashbacks zu versorgen, von denen es einen minimalen Versuch zur Mitte der Spielzeit gibt.
Eine Frau wird dem Geschehen beigemengt, was ebenso offensichtlich eine Halluzination des Mannes ist, wie der Hund, der plötzlich aus dem Nichts auftaucht und ihm zeitweise Gesellschaft leistet. Was jedoch vor allem fehlt, sind die Überlegungen des Mannes, denn so weit reicht Brodys Schauspieltalent nun wirklich nicht, um sämtliche Gedankengänge transportieren zu können. Das eine oder andere Selbstgespräch hätte eventuell schon Abhilfe geschaffen.

In welches Ereignis der Namenlose involviert zu sein scheint, zeichnet sich recht früh ab, welche Rolle er bei dieser Konstellation spielt, bleibt hingegen den finalen Flashbacks überlassen, welche immerhin einen Twist bereit halten. Die allerletzten Bilder des Rückblicks sind hingegen eher überflüssig, denn die Konsequenz ergibt sich bereits anhand der Storywendung.

Quintessenz ist, dass sich „Wrecked“ in der ersten Hälfte wirklich Mühe gibt, die prekäre Situation der Hauptfigur adäquat zu transportieren, während die zweite Hälfte mit langen und zähen Szenen verbracht wird, die der Szenerie kaum interessante Impulse verleihen.
Brody spielt zwar bemüht gegen das dünne Drehbuch an und auch der Score schafft eine bedrückend isolierte Atmosphäre mit leicht surrealen Anleihen, doch im Endeffekt ist das Komplettpaket nichts für einen abendfüllenden Streifen, sondern für einen Kurzfilm.
5 von 10

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