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Während das Chinesische Neujahr so verstärkt wie lange nicht zuvor in den Kinos entsprechend der Feiertage und ihrer Verlustierung ganzer Familien gewürdigt und mit folgerichtig zugkräftigen Programm sich gegenseitig die Konkurrenz streitig machte, waren es in Hong Kong selber vor allem zwei Filme, deren Kampf um die Vorherrschaft gar autark zur Schlagzeile wurde. Zum einen die "Fortsetzung" des das Jahr davor beherrschenden All's Well End's Well 2009, der wohl überraschend für Viele, aber letztlich im Nachhinein doch reflexierbar zum Spitzenreiter der gesamten zwölf Monate wurde. Die Weiterführung als Aufguss altbekannter Formeln so genannter New Years Eve comedies, die in den Achtzigern des letzten Jahrhunderts konditioniert und perfektioniert wurde und mit der originalen All's Well End's Well Trilogie [ 1990, 1992, 1997 ] auch den mit bekanntesten Vertreter dieser Art von medialer Entspannung und volkskünstlicher Massenkommunikation fand. Und der nahezu zeitgleich an den Start um die Gunst des Publikums gegangene und final auch diese gewonnene 72 Tenants of Prosperity. Ebenso eine Aktivierung vorgefertigter Aussagen, da im Grunde das Remake und gleichzeitig die Fortsetzung des Shaw Brothers Erfolges The House of 72 Tenants [ 1973 ].

Beide vom reichen Schatz immer während gültiger, da als gesichert überlieferter Gebräuche und Bedürfnisse lebend. Beide Trivial- und zugleich Populärkultur, die wie so oft gar nichts anderes im Sinne hat, als eine leichte Beschäftigung bzw. sogar den Integrationsmechanismus einer allumfassenden Entspannung und so eine Kompensation des so gar nicht so bunten und einfachen Alltags zum Empfang anzubieten. Im Austausch der grauen Existenz gegen Bares, wobei beide Produktionen, deren Identität durch ihre Schaffer Raymond Wong hier und Eric Tsang dort auch im verbalen Wettstreit vor dem Multiplex und im monetären in die Lichtspielstätten angetrieben wurde, überaus von der Nachfrage der zahlenden, in Scharen herein strömenden Kundschaft zu profitieren wussten.

Was kein Wunder ist, wenn man denn in Form und Aussage ganz den Begierden der Gesellschaft und so der Mentalität der Zeit angepasst ist und den Wunsch nach Zerstreuung bis hin zur Weltenflucht gar in dem Ausmaß erfüllt, dass man sich aus der Gegenwart in die so oft scheinbar doch viel schönere Vergangenheit des Ancient China zurückzieht:

Die Empress Dowager des Hua-tien Königreiches [ Lee Heung-kam ] leidet daran, daß sie vor mehr als einem Jahrzehnt ihre Tochter Pearl [ Angela Baby ] zum Studieren in die Mitte des Landes geschickt und seitdem nicht mehr gesehen hat; um seiner Mutter zu helfen, hat ihr Sohn Ocean [ Louis Koo ] deswegen um ihre Rückkehr angehalten. Kurz vor der Ankunft mit ihrem Geliebten, General Mak Bing-wing [ Ronald Cheng ] und dessen Diener [ Lam Tze-chung ] wird das Gefolge allerdings von Piraten überfallen und die Prinzessin während des Kampfes in die See gestossen. Wie es der Zufall will, wird Pearl kurz darauf mit einer vorübergehenden Amnesie vom ehemaligen Millionär Milton Wong Bak-man [ Raymond Wong ] gefunden, der sie für eine seit Ewigkeiten versprochene Hochzeit mit dem Scholar Shang-jin als seine Tochter ausgibt; während sie richtige Tochter Wong Ying [ Lynn Hung ] zur gleichen Zeit ebenso fälschlicherweise an den Kaisers Hofe für die seit einer Dekade nicht gesehene Prinzessin gehalten wird. Verkomplizieren soll sich die Angelegenheit noch dadurch, dass sowohl Shang-jin als auch General Mak auf der Suche nach ihrer wahren Liebe sind, Shang-jins Eltern Ng Wan-yau [ Sandra Ng ] und Ng Fat-tat [ Lam Suet ] misstrauisch bezüglich der vermeintlichen Schwiegertochter werden und Ocean zuallerletzt ein Wettbewerb um die Hand seiner ebenso vermeintlichen Schwester anberuft.

Von vorne bis hinten ergibt dies ein schon seit Urzeiten beeinflusstes Handlungsschema, bei dem zuerst und für lange Zeit die Verwirrung und Verzwickung all der aufgezählten Figuren in Augenschein genommen und ganz gegen Ende die schon obligatorische Auflösung des Parallelgeschehens bis hin zum Höhepunkt einer Zusammenführung in Form einer Massenhochzeit in Angriff genommen wird. Die Vorwegnahme einer komplizierten Verstrickung untereinander, deren Knoten anders als im wahren Leben schließlich doch platzen und wo Jeder das finden kann, wonach ihm verlangt und dürstet. Eine extrovertierte, in glühend bunten Farben vorgetragene Gefühlswelt, die als typische Romantische Komödie hier auch die lauten Leidenschaften und meist bis zur Übertreibung pathetischen Posen ausprobiert. Die Haltung des Filmes ist dabei rückwärts gewandt, geht auf eine Aneinanderreihung längst bis hin zum Schema ausprobierter Skizzen und ganzer Szenenfolgen zurück, die Übernahme bewusster Vereinfachung und Vergröberung akzeptierter Normen. Irgendwo zwischen Fasching, Trinkspiel und Frühlingsgefühl.

Dabei erinnert der Film erstaunlicherweise trotz der Beibehaltung des gleichen Schauspielertrios von Koo, Ng und Cheng viel weniger an den hauseigenen Vorgänger als vielmehr den ebenfalls letztjährig die Kassen stürmenden On His Majesty's Secret Service, was sich nicht allen mit dem visuellen Eindruck des period piece Settings und dem so identischen Tatbestand der Verortung [und der dort ebenfalls vorhandenen Anwesenheit von Koo und Ng] erklären lässt. Gerade im oberflächlichen Resultat ist man jedoch der ein und derselbe, in den gleichen Kostüm- und Inszenierungsbildern und übertriebenen Humor-Deklamationen gefangene, in diesem Fall aber sogar der bessere, da im direkten Vergleich noch eher verspielte und nicht so ganz laut lärmende Film. Auch der Aufwand gerade im Aufbau altertümlicher Kulissen und somit die Schaffung und Begehung einer halbwegs glaub-, statt nur auf zwei, drei hoftheaterhaften Bühnen zurückgreifenden Welt macht sich unzweifelhaft bemerkbar, was dem entfesselten Amüsierbetrieb der anwesenden Talentmännchen immerhin mehr Spielraum für ihre Intrigen und dem Scheitern bzw. genauso ins Lustige abzielenden Gelingen und die Klamaukversuche darum gibt.

In Sachen und Verkleidungs- und Entkleidungskünste greift man auch hier dabei auf die eher gepfefferte Ein- und gleichzeitig die damit verbundene Zweideutigkeit des Geschlechterkrieges zwischen Mann und Frau und wie üblich auch das Problem der Verwechslung der Geschlechtsgenossen untereinander zurück. Ein durchaus gewaltsames Vorantreiben der Pointen in Variationen, aber ohne Schnörkel und übermäßigen Krampf, die auch überraschenderweise ab und zu blendend in das Ziel des Lachens und Verlachens und damit der Daseinshilfe finden.

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