Die Geschichte des englischen Königshauses erfuhr schon eine Vielzahl filmischer Aufarbeitungen, gerade auch der Phase in den 30er Jahren vor dem Beginn des zweiten Weltkrieges, als King Edward VIII. (Guy Pearce) abdankte, weil er Wallis Simpson (Eve Best) heiraten wollte, die nicht nur Amerikanerin war, sondern schon zweimal geschieden wurde - ein nicht zu lösender Konflikt mit der Tatsache, dass der König auch das Oberhaupt der anglikanischen Kirche war.
Auch die Rolle seines jüngeren Bruders, George VI. (Colin Firth), dem Vater der noch heute amtierenden Queen Elisabeth II., der sich während des zweiten Weltkrieg nicht scheute, seine Landsleute zu unterstützen und sich weigerte vor den Bombenangriffen aus London in Sicherheit gebracht zu werden, genießt nach wie vor Popularität - so wie die gesamten Abläufe dieser Zeit, beginnend bei dem strengen Vater, George V. (Michael Gambon), der England durch den 1.Weltkrieg führte, bis zur Zusammenarbeit mit Winston Churchill (Timothy Spall). Alle diese historischen Begebenheiten und berühmten Persönlichkeiten sind auch Teil von "The King's Speech" und doch spielen sie nur eine untergeordnete Rolle. Denn anders als es die Bilder und Majestäten glauben machen wollen, liegt die Stärke dieses Films im Privaten, fast Intimen.
Der Film erzählt die Geschichte der Begegnung zweier sehr unterschiedlicher Männer - sowohl hinsichtlich ihrer Herkunft, als auch in ihrem Auftreten - und der langsamen Entwicklung ihrer Freundschaft. Die Stärke des Films liegt darin, dass er sich dabei weder der Beliebigkeit anbiedernder Privatheit, noch übertriebener Dramatik oder Gesten schuldig macht, sondern aus angemessener Distanz langsam Einblick in die beiden Charaktere gewährt. Colin Firth als stotternder Prinz, der sich der überraschenden Rolle als König nicht gewachsen sieht, liefert eine überragende schauspielerische Leistung ab, die trotz seiner psychischen Störung niemals ins Plakative abgleitet.
Geoffrey Rush als australischer Sprachtherapeut scheint hinsichtlich seiner Respektlosigkeit gegenüber dem zukünftigen König und seinen unkonventionellen Methoden wieder in seinem typischen Rollenfach zu schwimmen, zeigt aber gleichzeitig auch erstaunlich seriöse Seiten und verzichtet auf jede übertriebene Ausgestaltung seiner Rolle. Ähnliches lässt sich auch zu Helena Bonham Carter sagen, die als Ehefrau George VI. zurückhaltend, aber immer in der Sache konsequent bleibt - eine wohltuende Abwechslung zu ihren häufig exaltierten Rollen. Diese schauspielerischen Leistungen befinden sich in einem filmischen Kontext, der sich in Tempo und Erzählweise der gleichen Disziplin unterwirft wie seine Protagonisten - Ruhe, klare, eher sparsam ausgestattete Bilder und Linearität bestimmen das Geschehen.
Das die Strenge und Disziplin, mit der die jungen Thronfolger erzogen wurden, auch zum Stottern von "Bertie" - wie George VI. privat genannt wurde - führte, ist keine Überraschung, genauso wenig wie die Tatsache, dass der Umgang der Königsfamilie untereinander nur wenig von Emotionalität bestimmt war. Um so mehr prägen sich die wenigen Momente inmitten dieses vorbestimmten Rahmens ein, die fast unmerklich, aber dafür mit höchster Intensität, plötzlich einen Einblick in die Seele Georges VI. gewähren, der weit entfernt von jeder historischen Bedeutung spürbar wird. Wenn Firth gegenüber Rush beinahe sprachlos einen winzigen Blick auf sein inneres gewährt, erzeugt er in diesem Moment mehr Nähe, als es die meisten, sich scheinbar zügelloser Emotionalität widmenden Filme, je vermögen können (9,5/10).