Review
von Leimbacher-Mario
Das letzte Mal: alle Bremsen raus!
In wie weit Tony Scott einschätzen konnte, wann es zu Ende geht mit ihm und was seine letzte Regiearbeit sein würde, dafür kenne ich seinen Weg zu wenig, das geht mich auch nichts an. Doch im „normalen“ Leben kommt das Sterben oft genug plötzlich, unerwartet, schmerzhaft. Letzteres hoffentlich nicht für die Betroffenen, für die Angehörigen aber nahezu immer mit Sicherheit. Hollywood ist hier mal keine Ausnahme. Also ist es manchmal recht zufällig, mit welchem Film berühmte Regisseur Adieu sagen. Das Leben und der Tod sind keine Wunschkonzerte, egal wie glamourös es läuft. Manchmal entstehen dabei nochmal echte, späte Meisterwerke, manchmal nur vernachlässigbare Fußnoten. „Unstoppable“ ist sicher kein Actionmeilenstein, doch zu seinem Regisseur passt er wie die Faust aufs Auge und er macht zudem noch eine Menge Spaß, treibt das Adrenalin hoch und feiert völlig unkitschig und nahezu ohne Pathos zwei Alltagshelden. Das ist heutzutage eine Seltenheit. Ich sage nur Peter Berg... All das macht einen Fan von Action und Scott glücklich.
„Unstoppable“ basiert zwar nur lose auf wahren Begebenheiten und ist viel zu flott, krachend, nahtlos inszeniert, um währenddessen an reale Ereignisse zu denken, doch als Actionritt funktioniert er glänzend. Da hat Scott zuvor weitaus schwächere Werke abgeliefert und tritt mit Würde und Wumms ab von dieser Bühne. Wie auch sonst. Erzählt wird von einem Zug, der sich durch eine Verkettung von technischen wie menschlichen Fehlern selbstständig macht, immer schneller wird, zudem noch mit giftiger Ladung ausgestattet ist und auf dicht besiedeltes Gebiet zu rast. Nun liegt es an zwei Gleisarbeitern, den GAU zu verhindern... „Unstoppable“ kennt keine Bremse. Wie passend. Washington und Pine harmonieren sensationell, verleihen der überlebensgroßen Geschichte über Courage und Mut massive Gravitas. Die Kamera ist dynamisch, der Schnitt geht ab und das Feeling ist erfrischend 90s. Geradeaus und einfach zu genießen, nachzuvollziehen, mitzufühlen. Tony Scott tritt ab mit einem Wush. Natürlich. Doch selbst ohne „RIP Bonus“ lässt dieser Gleisenharakiri die Zeit verfliegen.
Fazit: Tony Scotts letzte Fahrt steht für ihn wie kaum ein anderer seiner Filme - Vollgas, Action, Bodenständigkeit. Unterhaltung in jedem PS. Nicht mehr. Aber verdammt nochmal auch nicht weniger. Aus der Zeit gefallen und willkommen. Kopflos aber mit Herz.