"Unstoppable" hört sich nicht nur wie eine neue Weinsorte an oder eine Geschlechtskrankheit, dank dem deutschen Zusatztitel "Außer Kontrolle" und den Trailern weiß man, dass es sich (mal wieder) um einen Zug handelt, der Gefahr für die Menschheit ausstrahlt.
Und nein, es sind nicht wie in beispielsweise "Speed" irgendwelche Terroristen oder Psychoten am werkeln, die die Weltherrschaft erlangen oder Italien mit allen Mitteln Alonso noch zum F1-Weltmeister 2010 machen wollen. Diesmal spielt das (mehrmals) menschliche Versagen, die Faulheit bei der Routine-Arbeit und technisches Versagen eine Rolle, was den Bodycount natürlich drastisch senkt.
Irgendwie schafft man es anfangs, den Film in zwei Geschichten zu betten. Zum einen sind das der erfahrene Lokführer Frank Barnes (Denzel Washington) mit seinem Frischling Will Colson (Chris Pine), die am Bahnhof Lehrlings-Arbeit leisten und ein paar Waggons durch die Gegend schaufeln - zum anderen wird der Teufelszug gezeigt, der vom Stillstand, über das Anrollen bis zur unaufholbaren Bestie, aufgrund defekter Bremsen, gezeigt wird.
Das ist die große Schwäche der ersten Hälfte: Man hat keinen Bezug auf diese zwei Geschichten, die erst später aufeinander prallen.
Denzel Washington lässt keine Möglichkeit aus, seinen neuen Partner zu penetrieren - und der "Außer Kontrolle" geratene Zug lässt einen auch anfangs kalt. Läuft es erst auf einen Frontal-Crash mit einem anderen, voll besetzten Zug mit Kindern auf Happy Picknick-Ausflug zu, weiß man schon bald, dass es nur gilt, diesen Zug einfach aufzuhalten vor der tödlichen Kurve. Denn es ist kein normaler Güterzug, sondern wir bekommen en masse Anhänger spendiert, die nicht nur mit Diesel-Sprit gefüllt sind, sondern auch ein paar Waggons hochexplosive Chemikalien mit sich führen, die Osama bin die Zunge schnalzen lassen würde, wenn er im Besitz davon wäre.
Trotzdem, der Bezug auf die Hauptprotagonisten, die sich in zweitklassigen Buddy-Elementen verbal (ohne Humor) prügeln, bleibt auf der "Strecke", der explosive Zug könnte eine ganze Stadt zerstören, was leider auch nicht wirklich mitfiebern lässt - und so schaut man dem Treiben zu. Natürlich werden viele Sachen unternommen, für irgendwie an diesen Scheiß Zug ranzukommen, ob mit Auto, Hubschrauber oder sonstwas. Was in "James Bond"-Filmen im Schlaf machbar ist, geht hier schief.
Irgendwann prallen die zwei Plot-Schwergewichte dennoch aufeinander und Regisseur Tony Scott gelingt es dann (doch noch) einen anschaubaren Reißer zu kreiren.
Denzel hält sich anfangs zurück, darf aber dann doch noch seine typische "Yoho, leck mich am Arsch, Vorgesetzter"-Rolle spielen, und Pine als Jungspund passt sich dem Geschehen nahtlos an. Was man Scott zu Gute halten muss, dass er trotz des extremen Tempos in Halbzeit Zwei noch aus den Schablonenhaften Figuren etwas Menschliches rausholt. Trotzdem darf man keinen Oscar-gekrönten Film erwarten.
"Unstoppable" zeigt in zarten Schüben "Action-Kino", wie man es haben will und bringt trotz des zähen Starts den Zuschauer nicht zum Einschlafen. Im weiteren Verlauf fällt das Mitfiebern dann nicht mehr schwer.
Leider bekommt man hier nur gewohnte Action-Kost serviert, mit seinen Stärken, Schwächen und seinen ganz eigenen physikalischen Gesetzen.
Als Kino-Ereignis zu unspektakulär, als gemütlicher Abend zuhause dennoch ein kleines Erlebnis, beziehungsweise befriedigend, wenn man sich weigert, das Hirn auszuschalten.
Ich neige eher zum gepflegten Bier-Trunk auf dem Sofa. Wenn man nichts neues erwartet, sondern einfach solide Genre-Kost, kann man nichts falsch machen.
Daher gut gemeinte
7/10