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Stool Pigeon ist das erneute Einlösen eines Versprechens, die Weiterführung von Dante Lams Bemühungen, sich mit in der verwirbelten Urbanität angesiedelten Actionthrillern plus Dramaeinschlag zu verwirklichen. Auslöser der von Kritikern und Publikum mit Freude angenommene Beast Stalker, der hiermit den quasi follow-up in dem angenommenen Tone setzt, als Alternativtitel und im Marketingansatz auch direkt darauf verweist, allerdings keinerlei inhaltlichen Verbindungen knüpft.

Vielmehr stellt man sich als Herumtreiberei in Versetzung dar, die im Hauptton der Geschichte mehr oder minder auffällig, aber nicht offiziell auf Ringo Lams City on Fire anspielt, in dem nicht Cop und Killer im Mittelpunkt des Geschehens stehen, sondern das personelle Zwischenstück der beiden. Der Informant, der als Undercover ohne Ausbildung und auch mit noch weniger Absicherung zwei gleich gefährliche Seiten miteinander ausspielen, sich letztlich für eine Partei entscheiden und dennoch den Hals aus der ständig drohenden Schlinge hinausbekommen muss. Voraussetzung für eine hochdramatische und zuweilen auch entsprechend temporierte Jagd in den Straßen Hongkongs, die sich anders als Lams filmographischen Vorgänger Fire of Conscience trotz ebenfalls mancher Nebenhandlungen und Ausschweifungen nicht in dem Wirrwarr des Großstadtmolochs verirrt. Der kondensierte Stimmungsbericht einer auf Gedeih und verderb geschlossenen Kooperation, in der scheinbar alle Zukunftschancen schon von Beginn weg verspielt sind:

Im Auftrag von seinem Vorgesetzten [ Lee Shing-cheung ], der ihm auch die nötigen Finanzen und gleichzeitig Beschränkungen zur Verfügung stellt, heuert der beim Criminal Intelligence Bureau tätige Senior Inspector Don Lee nach eigenem Bekunden  den frisch aus dem Gefängnis entlassenen Kleinkriminellen Ho Sai-fui [ Nicholas Tse ], genannt "Ghost Jr.", als neuen Informanten an. Lee setzt dabei ein Versprechen auf die Entlohnung von 1 Mio HKD und somit die Bezahlung von Schulden und die Befreiung von Ghost Juniors Schwester [ Sherman Chung ] aus den Händen des Zuhälters Wing [ Tony Ho ] als Anreiz aus, bekommt den Filou aber erst mit der AUssicht auf weitere und endgültige Gefängnisstrafen angeheuert. Sich als Fluchtfahrer für Tai Ping [ Phillip Keung ] engagierend, soll "Ghost Jr." an dessen Hintermann, den zwischenzeitig nach mehreren Juwelierüberfällen nach Taiwan entkommenen Verbrecher Barbarian [ Yu Li ] auf frischer Tat ertappen. In das Team um die schiesswütigen Fairing [ Deep Ng ], Blast [ Jin Gang ], Zipper [ Aki Lee ] und Barbarians Gangsterfreundin Dee [ Kwan Lunmei ] aufgenommen, kocht das von allen Perspektiven überwachte und trotzdem der Kontrolle entgleitende Säuberungsmaßnahme schnell über.

Unterstützt von einigen Plansequenzen, die sich in kleinerem und größeren Maße um den Thrill der Handlung und dort des Übertritts von Paranoia zur ernsthaften Gefahr bemühen, wird der gewählte Gegenstand der emotionalen und pyhsischen Unsicherheit eher im Meinungsaustausch statt im Wortgefecht geführt. Dialoge präzise und ruhig vorgetragen, was gerade [dem immer noch zu steifen] Nick Cheung als direkter Führer durch die Operation eher als dem hitzigen Ausbruch liegt. KOnspirative Treffen allerortens prägen das Bild der Veranstaltung, eingefangen in den Schattierungen zwischen wenig Tageslicht und viel gelblichen Schatten, wobei in diesem Fall die theoretische Einheit von Ort, Zeit und Handlung dem ansonsten auch wiedermals divergierenden Werk zugute kommt. Der Überfall ist vereinbarte Sache, die Hindernisse bis dahin im ununterbrochenen Zusammenhang mit dem Geschehen, die Motivation der Beteiligten als Anlass für zuweilen Unterbrechungen oder Anfüllungen in Sachen aufschäumender Gefühlsbetontheit.

Tragik und Herzschmerz, in der die Hauptfiguren, trotz obwohl sie keinerlei Fallhöhen mehr ausgesetzt sind, dennoch weiter in das Mißgeschick stürzen, stellen sich dabei als zweifelhafter Bonus der angestrebten Ernsthaftigkeit dar. Hier und da quillt die Einsamkeit und Todessehnsucht der Personen zu sehr aus dem Schausspiel, gerade die in der Masse erschlagenden Stränge um Lees ehemaliger Frau Cher [ Pu Miao ], dem Ex-Schwager [ Lawrence Cheng ] und seinem früheren Informanten Jabber [ Liu Kai-chi ], da die absolute Notwendigkeit des Ganzen nicht wirklich gegeben ist; ansonsten haben Lam und sein fest verschworenes, scheinbar blind zusammenarbeitendes Drehteam das Aneinandersetzen vieler kleiner Stücke zu einem großen Bild voll Haltung und Harmonie zu einem guten und nahezu überzeugenden Vorteil gezogen.

Erneut mit einem soliden, sicherlich vergleichsweise milden Budget von ca. $4.15 million ausgestattet, erschafft die Sil-Metropole Organisation Ltd. / Emperor Motion Pictures Produktion aus dem Ballungsraum HK ein wohl kaum angestrebtes Traumreiseziel, in dem es voll Menschen ebenso wimmelt wie von einer schon allgemein spürbaren Hintergrundbelastung, in der das Leben rastlos anstrengend und von Lug, Betrug und Erpressung geprägt ist. Knappe Freiheiten aus dem engen Gebiet heraus ergeben sich durch dem auffällig hohen Einsatz von Autostunts, ob nun in zwei größeren Verfolgungsjagden samt Verlagerungen des Verkehrs und  und Sperren bestimmter Straßenzüge, einmal vor den Toren und einmal mitten im Zentrum der Stadt, ob nun mit dem Fahrzeug als Rammbock, Fluchtmittel oder als freiwillig gewählte oder unfreiwillig die Wucht abbekommene Tötungsmaschinen. Der Situation ebenso sicher Herr werdend wird die Choreographie der eher wenigen Actionszenen durch Chin Kar-lok und Wong Wai-fai auch in den sonstigen Stimuli von klamm bemessenen Schießereien und einer drückenden Explosion vergleichsweise weitgehend realistisch und hochdramatisch getreu einer grobschlächtigen Blut, Schweiss und Tränen - Prüfung statt wirklich inszenatorisch aufregend gehalten.

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