Zack Snyder und Kinderfilme? Der Mann, der seine Vorliebe für die härtere Gangart nicht nur in seinen Filmen auslebte, sondern auch in Interviews bekräftigte? Da durfte man gespannt auf „Legend of the Guardians“ sein.
Als Grundlage diente die 15teilige Romanreihe von Kathryn Lasky, deren erste drei Bände hier zu einem Spielfilm verwurstet wurden. Anscheinend sind die Bücher auch dazu gedacht den Kindern Fakten über Eulen beizubringen, denn schon relativ früh springt hier der Erklärbär ins Bild, in Form einer Erklärschlange namens Mr. Plithiver, die Kindermädchen bei einer Eulenfamilie ist (what the fuck?) und den Brüdern Soren und Kludd sowie deren kleiner Schwester Eglantine etwas über Art erzählt in der die Mägen von Eulen arbeiten. Im Film wird das auch noch ansatzweise plotrelevant sein, aber sollen die lieben Kleinen ruhig was lernen.
Lernen sollen auch Soren und Kludd, nämlich das Fliegen. Der jüngere Soren stellt sich geschickter als Kludd, trotzdem fallen beide beim nächtlichen Üben vom Baum, woraufhin sie von einer Ratte angegriffen werden, vor der sie wiederum einige Eulen retten. Das sind aber mitnichten nette Kerls, sondern Angehörige der „Pure Ones“, welche junge Eulen kidnappen und gefügig machen. Kludd unterwirft sich den Federfaschos, Soren verteidigt seine Ideale und wird mit anderen „minderwertigen“ Eulen ins Arbeitslager gesteckt – soweit also die kaum verhohlene Faschimus-Allegorie, die es auch schon in der Buchvorlage gab.
Dem Freiheitsdrang eines (Nachwuchs-)Helden steht natürlich nichts im Wege, also flieht Soren mit seiner neu gefundenen Freundin Gylfie. Die beiden suchen nach den legendären Wächtern von Ga’Hoole, welche die finsteren Zeitgenossen aufhalten können…
Wie wurde auf den Film mit der ideologischen Keule eingeprügelt, angeblich seien die Guten genau solche Faschos wie Bösen und Zack Snyder setze Kinder einem bedenklichen Weltbild aus. Nicht alle Vorwürfe kann man entkräften, denn die Survivalideologie vom Stärksten irgendwo zwischen Nietzsche, Darwin und Conan ist klar gegeben. Jedoch sind die Wächter keine Unterdrücker und Sklaventreiber wie die bösen Eulen, ihnen wird freiwillig gefolgt und es gibt keine Klassengesellschaft. Militaristisch ist das Bild der Wächter schon, aber damit sind sie auch nicht mehr oder weniger bedenklich als Ritter und andere Fantasyhelden – ein gewisser Hang zu solchen Ideologien (egal ob bewusst oder unbewusst) ist diesen Geschichten nun mal eigen und das sollte jeder Zuschauer, auch in jungen Jahren, begreifen.
Gänzlich kinderfreundlich ist Snyders Film allerdings nicht: Der Auftritt der Ratte als schwarzer Schemen mit roten Augen erinnert an den „300“-Wolf, gleich zu Beginn wird man Zeuge davon wie der Eulenpapa ein Tier für seine Jungen erlegt – ist in der Natur so, für die ganz Kleinen aber schon schwerer zu verkraften als Disney-Ideale von friedlichen, singenden und tanzenden Tieren. Doch nicht nur an der Rattenanimation, auch an den Kampfszenen erkennt man den Regisseur: Wechsel von Slow und Fast Motion, gelackte Bilder (in der Animation natürlich besonders einfach zu realisieren) und Heroismus im Kampf, auch wenn die meisten Gewalttaten im Off geschehen.
Bei der Visualisierung, nicht nur der des Schlachtengetümmels, sondern allgemein kann sich Zack Snyder mit Animal Logic auf ein brillantes Animationsstudio verlassen: Die Animationen sind klasse, dabei ist die Vorstellung von helmtragenden oder waffenschmiedenden Eulen ja eigentlich absurd und könnte gewaltig in die Hose gehen, doch „Legend of the Guardians“ sieht knorke aus und hat im Original auch eine ganze Handvoll prominenter Synchronsprecher parat: Helen Mirren, Sam Neill, Richard Roxburgh, Geoffrey Rush und Hugo Weaving geben sich unter anderem die Ehre.
Doch bei all diesem technischen Können stinkt „Legend of the Guardians“ inhaltlich furchtbar ab. Bei der Vorstellung, dass die ereignisarme und reichlich vorhersehbare Geschichte ursprünglich mal drei Romane ausmachte, muss man schon an den Vorlagen zweifeln. Snyders Film legt zwar ein hohes Tempo und eine kurze Laufzeit auf den Tisch, zieht aber trotzdem am Zuschauer vorbei ohne ihn richtig zu packen. Entführung, Flucht, Gegenangriff und dann kann schon der Abspann rollen.
Problematisch ist nebenbei aber auch die Tatsache, dass Snyder hier oft nicht den richtigen Ton trifft. Am wenigsten seltsam ist dann doch die moralische Predigt des gezeichneten Eulenkriegers wider das Töten, die im Gegensatz zu den durchästhetisierten Kampfszenen steht – Krieg ist die Hölle, aber der Sound ist geil. Vielmehr sind es Sachen wie die zwei lustigen Sidekickeulen, die auf der Flucht eingesackt werden, deren Scherzeleien aber nicht so recht zum sonst eher rauen Ton des Films passen. Seltsam unkonkret bleibt auch der zeitliche Rahmen: All das Flugtraining bei der Ausbildung Kludds bzw. Fluchtvorbereitung Sorens könnte einen Tag dauern, sich aber auch mehrere Wochen hinziehen – weder Montage noch Inhalt geben Hinweise darauf, ähnlich verhält es sich mit der Flucht und dem Training bei den Wächtern. Und wenn dann einige Filmpassagen sowie Abspann anstelle eines (vom Zuschauer erwarteten) treibenden Scores irgendwelches Teen-Pop-Gedudel featuren, dann ist das nur einer von vielen Missklängen in den Film.
Optisch ist „Legend of the Guardians“ eine echte Wucht, ideologisch bei weitem nicht so schlimm wie er oft gemacht wurde, aber inhaltlich reichlich belanglos und unstimmig. Fans des Regisseurs, Fantasyenthusiasten und ältere Kinder dürften hier teilweise Gefallen dran finden, wirklich berauschend ist Snyders Eulenfilm allerdings nicht.