The Town, das ist Charlestown, ein Viertel von Boston, in dem das Verbrechen Tradition hat. In dem, das erzählt uns eine Schrifttafel zu Beginn, so viele Banküberfälle wie sonst nirgendwo geplant werden. Doug MacRay kommt aus Charlestown, und er ist der Chef einer kleinen und sehr effektiven Crew. Gemeinsam überfällt man im Auftrag Banken und Geldtransporter, und versucht sich ansonsten irgendwie durchs Leben zu schlagen. Die Probleme beginnen, als Doug sich in die Geisel des letzten Überfalls verliebt, das FBI ihnen dicht auf den Fersen ist, Doug aussteigen will (was weder seine Partner noch der Auftraggeber zulassen), und ein letzter und viel zu großer Job durchgeführt werden soll.
Abgesehen davon, dass die Handlung sowieso einer Blaupause für ideenlose Drehbuchautoren entnommen wurde, abgesehen davon kenne ich die Grundzüge der Geschichte irgendwie aus dem Gangsterfilm THE CREW von 2008, in dem eine Gang gegen innere Zerwürfnisse, äußere Anforderungen und immer gefährlicher werdende Jobs zu kämpfen hat. Ist THE TOWN am Ende ein Remake des völlig unterschätzten britischen Gangsterflicks?
Gut möglich, aber vor allem handelt es sich hier um die Hollywood(!)-Variante des knallharten THE CREW. Wo dieser ordentlich auf die Kacke haut, blutige Zweikämpfe und kurze und knackige Shootouts zu einem hohen Unterhaltungsfaktor mit jeder Menge Blut führen, wo die serbische Mafia für eher unschöne Momente sorgt und Szenen wie das Abschlachten einer Junkie-WG oder das detailierte Zusammenschlagen eines Stricherpärchens für nachhaltige Erinnerungen sorgen, da passiert in THE TOWN – Nicht ganz so viel. Es wird über die gute alte Zeit gesprochen um dem Trend Rechnung zu tragen, dass Filmfiguren tiefenanalytisch durchcharakterisiert werden müssen, es gibt einiges an Liebesirrungen und –wirrungen, und selbst eine Szene wie der Überfall auf den dicken Hooligan in dessen Wohnung kommt eher unspektakulär rüber. Die Action ist relativ blutarm, die Beziehungen zwischen den Figuren sind wichtiger als ihre Handlungen, und die Liebesgeschichte zwischen Doug und der Geisel Claire nimmt sehr viel Raum ein. Mehr, als man einem Gangsterfilm zugestehen möchte.
Dabei unterhält THE TOWN durchaus über weite Strecken, was aber den erstklassigen Schauspielern anzulasten ist. Ben Affleck als Anführer der Crew, Jeremy Renner als sein Buddy mit Hang zur Gewalt, Blake Lively als White Trash-Queen, deren Lebensinhalt aus Ficken, Saufen und Doug MacRay hinterherschmachten besteht – Alles starke Mimen, die den Film deutlich über denjenigen Durchschnitt heben, den er erzählt. Denn die Geschichte wurde in Michael Manns HEAT spannender erzählt und im erwähnten THE CREW intensiver. Ben Affleck leistet sich als Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion sogar einen schwachen und einfallslosen Showdown, welcher in erster Linie aus einer groß angelegten Schießerei Cops versus Thugs besteht. Raffinierte Einstellungen, smarte Schachzüge oder einfach nur kluge Ideen hat es hier keine. Man ballert einfach aufeinander bis einer umfällt – Selbst der Schlusskampf von Doug gegen den Auftraggeber wird kurz und dumm abgehandelt, ohne Dinge wie Spannung oder Raffinesse einzubringen. Realistisch mag das sicher sein, aber filmisch überzeugt so etwas nicht wirklich …
Insgesamt ist THE TOWN hübsch anzuschauen. Die Actionszenen sind bis auf das Finale gut inszeniert, die Schauspieler sind erstklassig und die Musik funktionell. Aber mal ehrlich: Wenn das alles ist, was man zu einem Film sagen kann, dann ist mir persönlich das einfach zu wenig. THE TOWN ist langwierig erzählte Dutzendware ohne besonderen Wiedererkennungswert. Filme wie es sie zuhauf gibt, mit stereotypen Figurenzeichnungen und bekannten Handlungsabläufen – Der sympathische Gangster der aussteigen will und den man nicht aussteigen lässt blablabla …. Nichts, wofür man Werbung machen müsste, und erst Pete Postlethwaite als Florist zeigt deutlich, dass britische Gangster die härteren Gangster sind. Und britische Gangsterfilme, das möchte ich hinzufügen, die deutlich härteren und unterhaltsameren ...