Ben Afflecks neuester Streich wurde von mir sehnsüchtig erwartet, da er mit seinem Erstling als Regisseur, dem grandiosen "Gone Baby Gone", einen fast perfekten Thriller inszenierte und somit die Messlatte enorm hoch war.
Gefreut hatte ich mich also auf überdurchschnittliche Thrillerkost mit grandiosem Storytelling und in allen Belangen überzeugenden Charakteren.
Geboten wurde mir jedoch durchschnittliche Kost, die zudem auch noch an manchen Stellen relativ zäh war und deren Würze irgendwie fehlte.
Jetzt aber Schluss mit den Metaphern! Was ist nicht gelungen:
Zugegeben, meine Erwartungen waren hoch, doch wenn ich ehrlich bin auch schon etwas getrübt, durch die unsägliche Vorgeschichte des Films: mehrfach umgeschnitten und beim Testpublikum durchgefallen waren meine Befürchtungen schon leicht geschürt. Am Ende des Films war mir dann auch tatsächlich so, als ob trotz der diversen Längen und der relativ nichtssagenden Story irgendwas gefehlt hatte.
Affleck vertieft hier einzig und allein Charaktere - eigentlich nur 2 Charaktere. Lediglich die Liebesbeziehung zwischen ihm und seiner ehemaligen Geisel wird vertieft. Aufhänger ihn zum Aussteiger werden zu lassen und somit Ärger mit seinem besten Freund zu bekommen, denn keiner verdrückt sich aus dem Ghetto. Alles andere wird ausgeblendet. Es wird keine Planung der Jobs gezeigt, keinerlei Vorbereitungen wie z. B. Beschaffung der nötigen Hardware von Outfits bis zu Fahrzeugen. Die Jobs sind dann kurz und knackig, realistisch zwar aber auch schnell wieder vorbei und reizen nicht unbedingt.
Die beiden FBIler die noch so durch die Geschichte stolpern sind auch nur schmückendes Beiwerk. Richtig bedrohlich werden sie nie - auch nicht zum Ende hin.
Mir fehlte von allem Etwas: trotz Ansätzen, zu wenig Millieustudie; kein Eingehen auf Vorgeschichten in Zusammenarbeit mit ihrem floralen Auftraggeber (blasser und austauschbarer zu bleiben als der Typ geht kaum); die Komplexität der Beziehung unserer beiden Anführer (der eine das Gehirn, der andere die Psychose) wird nicht vollends ausgereizt, dazu wird die Liebesstoryline zu sehr ausgereizt; die Jagd auf die Gangster und somit die FBI Charaktere sind relativ schwach; Spannung ist so gut wie gar nicht vorhanden, Thrill gar nicht; Action in relativ kleinen Dosen und der Heist-Faktor ist komplett verloren gegangen; die Dramakomponente stirbt gen Schluss im Kugelhagel SPOILER - naja, eine Konfrontation der beiden ungleichen "Brüder" hätte dem Ganzen besser getan.
Einzig wirklich spannende Stelle: als die beiden Verliebten im Cafe sitzen und plötzlich der Psycho der Bande auftaucht, welchen sie an seinem Tattoo identifizieren könnte. Hätte als Auftakt einer wesentlich interessanteren Storyentwicklung dienen können - aber nein, dem belanglosen Drehbuch fehlte der Mut dazu.
Das Ende ist dann doch etwas sehr an den Haaren herbeigezogen. Irgendwie passen hier die zeitlichen Abläufe nicht zusammen und die Fluchtvorbereitungen sind auch hier wieder sehr nachrangig behandelt worden. SPOILER Einfach mal ein Postmannkostüm angezogen und durch die inzwischen vollkommen abgesperrte Stadt marschiert bis zum Bahnhof und ab in Zug. Happyend und gut? Einen negativen Ausgang, auch für den "Aussteiger", hätte für mich viel besser gepasst und hätte den Film m. M. n. auch aufgewertet.
Fazit:
Ziemlich unterdurchschnittlicher Thriller, dem irgendwie an Allem etwas fehlte. Nur leidlich spannend, viel zu viel Charakterenentwicklung (wenn auch sehr Beschränkt auf einen Bruchteil der Protagonisten), kaum dramatisch, fast noch weniger actionreich.
Ein Plätschern und Dahindümpeln im Sumpf der Belanglosigkeit.
Wieder mal ein Film der verschenkten Möglichkeiten. Verglichen mit "Gone Baby Gone" eine echt herbe Enttäuschung.
6 von 10 Punkten