Nachdem er für Teil 2 und 3 nur das Drehbuch geschrieben hatte, kehrte Paul W.S. Anderson für die vierte Leinwandverfilmung des Kult-Horrorgames „Resident Evil" 2010 auf den Regiestuhl zurück. Dem allgemeinen Trend folgend, schickt Heldin Alice die Untoten diesmal in 3-D zur Hölle, wobei „Afterlife" im Gegensatz zu nachträglich umgerechneten Wellenreitern wie „Kampf der Titanen" und „Die Legende von Aang" nicht nur von Anfang an dreidimensional gedreht wurde, sondern dafür auch James Camerons Originaltechnik aus dessen Referenzerfolg „Avatar" nutzte. Tatsächlich erweist sich „Resident Evil 4" als bisher den 3-D-Effekt vielleicht am effektivsten nutzender Film überhaupt - und ganz davon abgesehen eine optisch so todchice Ballergaudi, dass er auch als bester Teil der Franchise gesehen werden kann.
Nachdem Alice (Milla Jovovich) zum Auftakt die Tokyoer Zentrale der Umbrealla Corporation in Schutt und Asche gelegt hat, macht sie sich auf den Weg nach Alaska, um das im Vorgänger „Extinction" zum Zielpunkt aller Hoffnungen avancierte Überlebenden-Refugium Arcadia ausfindig zu machen. Die einzige Person, die sie dort antrifft, ist allerdings eine Claire Redfield (Ali Larter), die die Erinnerung an alle seit ihrer Trennung am Ende des dritten Teils geschehenen Ereignisse verloren hat. Zusammen fliegen die beiden nach L.A., wo sie auf eine in einem Hochsicherheitsgefängnis von Zombiehorden belagerte Gruppe weiterer nicht Infizierter treffen - denen die wahre Lage von Arcadia bekannt ist...
Überzeugten die ersten drei Filme auf inhaltlicher Ebene vor allem durch das atmosphärische Konzept der immer weiteren geographischen Ausdehnung der Virusepidemie von einer unterirdischen Forschungsstation über eine ganze Stadt bis hin zur ganzen Welt in „Extinction", muss „Afterlife" mit dieser Tradition notgedrungen brechen und präsentiert sich storytechnisch als äußerst dünn und behelfsmäßig zusammengeschusterte Fortsetzung der Geschichte, die den Eindruck hinterlässt, nicht mehr als lästiges Mittel zum Zweck zur Verbindung großartig konzipierter Actionszenarien zu sein. Die Unkaputtbarkeit des Umbrella-Fieslings nimmt lächerliche bis nervige Züge an, die Suche nach Arcadia, in „Extinction" noch brauchbares Spannungsmoment, verliert schnell an Attraktivität, sobald der wahre Charakter des Refugiums enthüllt ist, Alices Verlust ihrer übermenschlichen Fähigkeiten wird furchtbar lieblos abgehandelt und scheint einzig einer „Wir können die Superkräfte nicht mehr brauchen, wie kriegen wir sie am besten los?"-Überlegung von Autorenseite entsprungen. Ganz allgemein macht „Afterlife" den Eindruck, dass er einfach nichts mehr zu erzählen hat, in Andersons Hirn aber noch zu viel coole Action herumspukt, als dass er seine Geschichte zu einem Ende kommen lassen will - und da der Mann auf eben diesem Gebiet dann auch königlich abräumt, sei ihm diese Tatsache großzügig verziehen.
Die sensationellen Action-Schauwerte von „Afterlife" stellen ihre Vorgänger mühelos in den Schatten, überzeugen durch rasante Choreografien und megaedle (sowie, was in diesen Zeiten Gold wert ist, übersichtliche) Inszenierung: Da wird in Hochglanzoptik und stylisher Zeitlupe gekickt und geballert, dass es eine wahre Freude ist, der Bodycount ist hoch, die Palette an Gegnern gleichwie Fightvarianten abwechslungsreich und die 3-D-Komponente setzt dem ganzen die Krone auf: So effektiv und bereichernd wie hier kam der aktuelle Kinotrend noch nie zum Zug. Wo der Effekt in James Camerons Referenzerfolg „Avatar" eher dezent im Hintergrund blieb und in Horrorstreifen wie „Final Destination 4" und „My Bloody Valentine" einzig für punktuelles optisches Einzeltuning der Splattereffekte herhielt, katapultiert er den Zuschauer hier direkt ins Geschehen und lässt ihm zusätzlich zu den extrem räumlichen Bildern die Kombattanten, Kugeln, aus den Wänden fliegenden Gesteinsbrocken und zerschossenen Zombieköpfe direkt vor dem Gesicht herumfliegen - nicht für ein paar effekthascherische Einzelmomente, sondern als nonstop funktionierendes Gesamtkonzept. Groß.
Auch der stimmigen Endzeitamosphäre kommen die drei Dimensionen zugute, an welcher zusätzlich der enorm starke Soundtrack kontribuiert. Milla Jovovich spielt ihre Paraderolle gewohnt souverän im Schlaf, verliert aber klar gegen die schlicht umwerfende Ali Larter: Nie hat eine um sich schießende Kino-Amazone besser ausgesehen.
Fazit: Mit seiner Rückkehr auf den Regiestuhl schuf Paul W.S. Anderson die bisherige Krönung der „Resident Evil"-Reihe: Einen Film, der inhaltlich zwar fast auf ganzer Linie versagt, als anspruchsloses Style-over-Substance-Spektakel aber absolut unschlagbar ist. Fantastische Action, heiße Ballerbabes, überchice Inszenierung und Hochglanzoptik und ein optimal genutztes 3-D-Konzept - das hat nicht einen Funken intellektuellen Anspruchs, ist aber Popcorn-Kino in absoluter Perfektion. Wenn Anderson noch einen fünten Teil draufsetzen will, sollte er sich dennoch wieder etwas mehr Mühe mit der Story geben.