Haben Sie „Ocean´s 12“ gesehen? Waren Sie da auch so genervt von der doppelbödigen Julia-Roberts-spielt-sich-selbst-Szene? Können Sie sich vorstellen, solch selbstreferenzielles Gezwinker auf Filmlänge gestreckt zu ertragen? Ja?
Dann nichts wie los und Steven Soderberghs „Full Frontal“ besorgt (zu deutsch: „Voll Frontal“, was eher auf ein neues Werk von Tom Gerhardt schließen lässt als auf einen filmtechnischen Querverweis), denn hier betreibt Hollywood auf vollen 90 Minuten schulterklopfend Nabelschau.
Als Quasi-Fortführung von Soderberghs Frühwerk „Sex, Lügen und Video“ hechelt auch „Frontal“ wieder einer Gruppe Menschen mit der Digitalkamera hinterher, um der Frage nachzugehen, was das eigentlich für Leute sind, die in Hollywood arbeiten.
Ein Autor, eine Managerin, eine Masseurin, ein Produzent und eine Handvoll Schauspieler: Sie alle quälen sich mit ihren persönlichen Neurosen durch den Alltag und geraten dabei im „Short-Cuts“-Stil immer wieder aneinander.
Das Besondere an „Frontal“ ist dabei die Tatsache, dass sämtliche Beteiligten auf den Luxus einer Studioproduktion zu verzichten hatten. Kein persönlicher Trailer am Set, geschminkt wurde sich selbst und angezogen das, was im eigenen Kleiderschrank hing. Verpflegung war selbst mitzubringen.
Und nun darf man sich fragen: Hat man als Zuschauer irgendetwas davon, wenn man weiß, dass Julia Roberts selbst Rouge aufgelegt hat? Gestaltet es das Ansehen des Films interessanter, zu wissen, dass David Duchovny hier seinen eigenen Morgenmantel trägt?
Gewinnt der Film durch die Tatsache, dass sich alle Beteiligten ihre Brote selbst schmieren mussten?
Nein. Natürlich nicht. Nicht im Geringsten!
Aber es wirft ein grelles Spotlight auf das Hauptproblem des Films. Alle hatten hier einen Riesenspaß, haben ein bisschen Kindergeburtstag gespielt, ins Blaue hineinimprovisiert und das Ganze mit der Kamera festgehalten. Da wird aus dem Off über Beziehungen gebrummelt, während die Kamera sich zwielichtig an Hauswände schmiegt, um uns authentisch am Leben der Protagonisten teilhaben zu lassen. Midlife-Krisen werden durchlitten, Sexshops aufgesucht und für ein Bühnenstück über Hitler geprobt. Allerorten stehen sich Egos im Weg. Immer mal wieder bedeutungsvolles Schweigen. Unschärfen. Das volle Programm. Eineinhalb Stunden eitler Affenzirkus. Und den geneigten Filmfreund soll das Ergebnis dann, ja, was? Interessieren? Erleuchten? Unterhalten?
Nein, der darf in den ganzen Mist etwas hineininterpretieren, denn irgendetwas wird man sich bei diesem Film-im-Film-Getue ja wohl gedacht haben. Cinéma verité? Nouvelle vague? Nein, eher coup de boule.
Wer an dieser zelluloidgewordenen Hybris, diesem sich selbst abfeiernden Mikrokosmos noch etwas Gutes findet, der bekommt anscheinend nicht genügend Frischluft. Französische Filme sollte man den Franzosen überlassen.
Zum Abschluss dann aber doch noch ein interessantes Detail, und zwar für Fans von „Akte X“: Das Ende, das Clyde Bruckman Mulder prophezeite, tritt tatsächlich ein. Immerhin etwas.