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Hey Du….ja Du!

Ich versuch dir heute zu erklären, warum der „Dude“ eine absolute Kultfigur ist.

Man muss die Coen-Brüder und ihre Art von Filmen wirklich nicht mögen, aber dieser Kerl ist der Antityp einer Leistungsgesellschaft, in der Geld über allem steht. Dem „Dude“ ist alles völlig egal, er schlürft seine White Russians, geht mit verrückten Kumpels bowlen und lässt den Tag einfach an sich vorbeiziehen. Als er dann mit seinem Namensvetter, dem Millionär Jeffrey Lebowski, verwechselt und entführt wird, ist das die Ironie des Schicksals. Was tun, wenn’s brennt?? Ja klar, natürlich nichts, was die innere Ruhe stört, außer man kann ein bisschen Kapital daraus schlagen. Na ja, mit Kumpels wie einem verrückten, jüdischen Militaristen, der nebenbei alle Deutschen als Nihilisten beschimpft, fällt es schwer irgendwelche Lösegeldübergaben zu inszenieren, aber den Spaß an der Sache fördert es allemal. Wer hätte John Goodman wieder erkannt, wenn er nicht im Abspann erwähnt worden wäre!? Einfach großartig, wenn er den „bekackten Mist“ beim Namen nennt und spontan die Waffe aus dem Nirgendwo zückt, als der debile Donny (Steve Buscemi) Bowlingregeln bricht. Am Sabbat wird nicht gearbeitet und auch Lösegeldübergaben sind schließlich verdammt harte Arbeit. Was für ein genialer, bekackter Mist!

Der „Dude“, ja, was soll man großartig sagen. Irgendwie interessiert es ihn nicht wirklich….das Leben ist eben so wie es ist. Allerdings stören dann doch einige Freaks den lässigen Rhythmus und zwingen ihn den kleinen Finger zu rühren. Dramatisch, vor allem, wenn man während einer Fahrt in einer abgefuckten Karre verfolgt wird und Joint rauchend in die links stehende Mülltonne kracht. Egal, solange „Lookin’ out my back door“ von „Creedence Clearwater Revival“ läuft und nachher die Milch für den White Russian bereitsteht, ist auch das eine akzeptable Unannehmlichkeit. Mit der Ziellosigkeit und der schwarzen Sonnenbrille vor den Augen lebt es sich einfach besser. Der „Dude“ würde einen Teufel tun, um anzuerkennen, dass die Hippiezeit vorbei ist, denn er lebt in seiner eigenen Welt.

Es ist die Poesie des Nichtstuns, die Faszination für die Faulheit und der Witz an einer grotesken Entführungsgeschichte. Wenn Jeff Bridges nicht eine bekannte Größe wäre, müsste man sich ernsthaft fragen, ob er nicht bis zum Drehbeginn in einer den 70er Jahren zeitlich angeordneten Parallelwelt gelebt hätte, um dann für „The Big Lebowski“ auf die Gegenwart losgelassen zu werden. Bridges, verkörpert all das, was man sich heutzutage nicht mehr vorstellen kann. Warum es so witzig ist……gute Frage, wahrscheinlich, weil es ein absurder Kontrast zur heutigen, leistungsbezogenen Konsumgesellschaft ist. Natürlich fehlt der Anstrich der Brüder Coen nicht. Mit grotesken Situationen, verfeinert durch skurrile Charaktere, fühlt man sich geborgen in der süßen Welt des Nichtstuns.

Anstrengend ist das Ganze dann dennoch, die Verhaltensweisen und Gewohnheiten des „Dudes“ sind an sich schon Lacher wert, aber die Situationskomik ist schlichtweg grandios und strapaziert die Lachmuskeln. Durch die Türen fliegende Künstlerinnen, die dem „Dude“ dann noch durch „fruchtbarkeitsfördernde“ Gymnastikübungen nach dem Geschlechtverkehr ein Kind anhängen wollen, was so an sich schon gar nicht geht, sind keine Seltenheit in der grotesken Spielwiese der Gebrüder Coen.

Tja, nun bin ich ein wenig abgeschweift und das Bekenntnis zum „Dude“ ist eine Liebeserklärung an „The Big Lebowski“ geworden. Verstehen wirst du mich vermutlich nicht, aber das muss auch nicht sein, denn mit Worten lässt sich der Genuss nur schwer umschreiben. Lachen wirst du viel, denn die Brüder Coen geben dir genug Anlass dazu. Am besten ein paar Kumpels einladen, mehrere White Russians mixen und die Poesie des Nichtstuns in vollen Zügen genießen. Dann wirst du verstehen, weshalb man bei „The Big Lebowski“ zum Schwärmerischen neigt. (9,5/10)

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