Review

Sylvester Stallone hat in den 80ern wohl so ziemlich alles gerächt, getötet und geboxt, was man ihn an Ideen vorsetzte, woraus in den meisten Fällen unvergessliche Actionfilme wurden, denen man in ihrer Naivität heute stärker denn je nachweint. Einer seiner wenigen „familienfreundlichen“ Filme nennt sich „Over the Top“ und zeigt ihn als einfachen Trucker, der das Herzen seines Sohnes zurückgewinnen möchte, den vor 10 Jahren verließ und seit dem nicht mehr gesehen hat.

Böse Zungen behaupten, dass Stallone einer dieser Stereotypen ist, die zwar markante Bösewichtdezimierer abgeben, ansonsten aber nicht viel zu bieten haben. Dem kann man zustimmen, sofern man weder „Rocky“ noch „Copland“ kennt, denn auch hier gibt er eine hölzerne Vorstellung des Truckers Lincoln Hawk, der auf der Landstraße zu Hause ist und dem letzten Willen seiner Ex folgend, seinen Sohn unter seine Fittiche nimmt. Glücklicherweise passt diese ungeschickte Minimalmimik ideal zu seiner Figur, die er verkörpern soll, welche gar nicht so recht weiß, wie er mit seinem Sohn, der ihn zu Beginn noch streng ablehnt, umgehen soll, ihn aber, nachdem er langsam sein Vertrauen gewinnt, umgehend seine Lebensweisheiten einzutrichtern versucht. Es ist Stallone wie man ihn in den 80ern lieben gelernt hatte und er passt verdammt gut in diese Rolle, auch wenn seine schauspielerischen Grenzen in den Tränendrüsenmomenten etwas deutlicher werden.

Während munter richtig Krankenhaus, wo Muttern liegt, gecruist wird, entwickelt sich die angespannte Beziehung der beiden zu einer harmonischen Idylle, in der sich der Sohnemann – der einsieht, dass Vaters Lebensweise nicht die Schlechteste ist - langsam wohl zu fühlen beginnt. Auch weil sein Vater nicht das Arschloch ist, das Opa ihm jahrelang einzutrichtern versuchte, obwohl keine Erklärung für sein damaliges Verschwinden vorzufinden ist. Und wäre da nicht genau dieser verbohrte Lügenbold, würde die Geschichte schon früh zu einem Happyend führen, was sie aber nicht tut, weil Hawk schon bald Handlager auf den Hals geschickt werden, die er zunächst abwimmeln kann.

Als aber in einem katastrophalen Moment die zarte Familienbande sich in einen Scherbenhaufen verwandelt und Hawk, sehr überzogen reagierend, sich Zutritt zu seinem Sohn verschafft, was dem bösen Opa genau Bild liefert, dass er braucht, um ihn einzulochen, beginnt Hawk an sich zu zweifeln, um an einem Turnier teilzunehmen, dass für ihn sein Lebensinhalt bedeutet und seine Zukunft sichern soll: Die Weltmeisterschaft im Armdrücken.

„Over the Top“ hat keine große Geschichte zu erzählen, die Dramaturgie ist nur oberflächlich vorhanden, aber viel Herz ist im Spiel, was dazu führt, dass der Film, auch aufgrund der kurzen Laufzeit, nicht langweilig wird. Es macht einfach Spaß dem schüchternen, etwas ungeschickten Stallone dabei zuzusehen, wie er das Herz seines Sohnes zu erobern versucht und ihm der versnobten Gesellschaft seines Opas zu entziehen. Das gelingt ihm weniger dank der oberflächlichen Lebensphilosophien, die alsbald auf ihn einprasseln, sondern (Wie sollte es auch anders sein?) durch seine Muckis. Stallone drückt bis die Hose platzt und die Zähne knirschen, was, unterlegt mit feinster 80er Jahre Mucke, herrlich martialisch geriet und zudem sehr spannend inszeniert ist. Das Finale strotzt nur so vor Adrenalin, Testosteron, Muskeln, Schweiß, verzerrten Gesichtern und sich wild gebärenden Enfant terribles und so werden besonders Stallone Fans ihren Spaß haben. Es ist ein wilder Kampf, es geht um wahre Männer mit mächtig Schmackes in den Unterarmen und wir sind mittendrin statt nur dabei.
Schade, dass da der Plot nicht mehr hinterherkommen kann, denn spätestens wenn Sohnemann nach kurzer Fahrstunde mit Papa, Auto fahren und Flugzeuge chartern kann, sowie sich in Las Vegas zurecht findet, darf am Drehbuch gezweifelt werden, dass sich, spätestens als Opa den Blankoscheck zückt, in seine Bestandteile auflöst.

Fazit:
Unterhaltsames Vater/Sohn-Beziehungsdrama mit wohl dosierter „Isch drück disch wech“- Armdrückaction, bei der Fans dieser „Sportart“ uneingeschränkten Spaß haben werden. Das Drehbuch umfasst zwar nur wenige Seiten und verwandelt sich im vorletzten Kapitel zu Staub, dafür ist das Gezeigte aber sehr kurzweilig und voll von Stallone, wie man ihn liebt (Auch wenn er hier niemanden erschießt oder sonst wie umbringt). Ich nenn’s mal Nostalgie, die 80er waren so herrlich…

Details
Ähnliche Filme