Nettes Feierabendfilmchen mit einem jungen Tom Cruise
Immer, wenn Schauspieler am Beginn ihrer Karriere stehen, verfügen Sie noch über begrenzte Mimik und Gestik. So und nicht anders war das auch bei Tom Cruise, wobei böse Zungen ja behaupten, es hätte sich bis heute daran nichts geändert. Nach dem großen Erfolg von „Top Gun“ wurde der kleinwüchsige Mime zunächst für die Rollen diverser Sonnyboys gecastet, und um genau solch eine nach Schema handelt es sich bei der Hauptrolle des aber dennoch sehr unterhaltsamen Barmixerfilms „Cocktail“. Überhaupt, so viele Filme rund um das Leben des Barmixers gibt es meines Wissens nach nicht, das ist ähnlich wie mit Türstehern, da kennt man auch nur „Road House“, schade eigentlich, denn gerade das Personal von Kneipen hat viel zu erzählen, aber man kümmert sich in Filmen meist um das Leben der Gäste, die sich unter kundiger Anleitung zu Tode trinken – hier als Beispiel nur „Barfly“ mit Herrn Rourke.
Brian Flanagan ist einer derjenigen, der sein Handwerk versteht. Jung, frisch entlassen aus dem Militärdienst, sucht er zunächst in New York einen Job im Investmentgewerbe, wird aber wegen des fehlenden Studiums überall abgelehnt. Ein Studium muß also her, aber wie finanzieren...als Barkeeper vielleicht. So landet Brian unter den Fittichen von Coughlin, einem abgebrühten Mixer, der im Leben schon alles gesehen hat. Brian hat ein Händchen für das Bargewerbe, und Coughlin bringt ihm alle Tricks bei. Doch wegen einer Frau trennen sich die Wege der beiden, obwohl sie von einer gemeinsamen Bar träumen. Kurzer Zwischenstopp in Jamaica, dort verliebt sich Brian, betrügt seine Freundin, trifft Coughlin wieder, der inzwischen reich geheiratet hat und dennoch unglücklich ist. Brian reist zurück nach New York und muß dort erkennen, daß das an sich lustige Leben des Barmannes nicht von tieferem Bestand ist, als seine Freundin, die ihn verlassen hat, ein Kind von ihm erwartet. Brian muß sich entscheiden – steht er endlich seinen Mann? Und natürlich passiert genau das, was wir als abgestumpfte Zuschauer schon lange wissen, er eröffnet die eigene Bar, heiratet die Maid und kommt so auch ganz locker über den Selbstmord seines Freundes Coughlin hinweg. Ach, ich vergaß zu erwähnen, daß die Freundin ganz, ganz reiche Eltern hat, die genregemäß nicht wollen, daß ein läppischer Barmann in die Familie heiratet. Oje, Klischee...
Und genau davon gibt es hier reichlich,, ganz reichlich sogar. Nichts wird ausgelassen, was den Zuschauer ablenken könnte, es entwickelt sich alles absolut vorhersehbar. Die Charaktere sind austauschbare Abziehbilder ohne weitgehend tiefere Hintergründe. Tom Cruise kann gegen den erfahrenen Recken Brown nicht wirklich bestehen, aber das alles macht nichts, denn der Film bietet eines – perfekte Unterhaltung. Das Leben eines Barkeepers ist tatsächlich ähnlich den geschilderten Szenen, man bekommt die hübschen Damen ab, wenn man den Cocktailshaker zu bedienen weiß. Sicher, wer Tiefgang erwartet, wird enttäuscht, ebenso der, der eine Charakterstudie vom Aufstieg des kleinen Mannes zu sehen glaubt, aber wenn man Bilder von fernen Stränden Jamaicas und von gut gekleideten Menschen sehen möchte, ist man hier bestens aufgehoben. All das soll aber nicht über das doch sehr oberflächliche Drehbuch hinwegtäuschen, das gibt es auch in besser – hier gerade noch mit Wehmut versehene 7/10.