Review

 Cold Fish
(Rapid Eye Movies)

Würde man den aktuell wohl interessantesten japanischen Regisseur wählen, käme ohne Zweifel dem Enfant Terrible Sion Sono die Ehre des ersten Platzes zuteil. Filme wie Strange Circus oder der grandiose Love Exposure zeigen seinen Hang zum epischen Erzählstil und der Vorliebe für skurrile Situationen und noch absonderlicheren Charakteren. Deshalb freut man sich als Freund solcher Filmmomente immer auf einen neuen Film dieses Regisseurs, erst Recht, wenn der Trailer schon so vielversprechend ist, wie bei dem vorliegenden Film Cold Fish!

Die auf wahren Begebenheiten basierende Geschichte handelt von dem Zierfischladenbetreiber Shamoto (Mitsuru Fukikoshi), welcher ein nach Harmonie strebender Mann ist, dem das Leben aber eine konfliktsuchende junge Ehefrau und eine rebellierende Tochter aus erster Ehe beschert. Als es erneut Probleme mit der Tochter gibt, hilft ihm unerwartet der charismatische Geschäftsmann Murata (Denden). Im darauffolgenden Gespräch stellt sich heraus, dass dieser ebenfalls mit tropischen Fischen handelt, und ihm nun eine geschäftliche Partnerschaft vorschlägt. Doch diese Partnerschaft geht schnell über das normale Maß hinaus, und unser Protagonist trudelt in ein Abhängigkeitsverhältnis, welches durch die Erkenntnis, dass Murata ein gefährlicher Massenmörder ist, auch noch durch unglaubliche Angst verstärkt wird. So wird er schnell zum Mitwisser und Helfer des gefährlichen Mannes.

Sono lässt einen die Geschichte aus Sicht des armen Shamoto erleben, so dass der Druck, ein Mittäter zu sein, in jeder Sekunde auch für den Zuschauer spürbarer wird. Garniert wird das Geschehen teils durch absurde Situationskomik und vielen christlichen Symbolen und Querverweisen. Oftmals bleibt einem angesichts der morbiden Momente das Lachen im Halse stecken. Hier zeigt sich die wahre Stärke des Regisseurs, aus jeder Situation ein Maximum an Absurdität zu zaubern. Hervorragend agieren die Darsteller, welchen es gelingt, ihren Charakteren ein Leben einzuhauchen, welches auf der einen Seite in einem engen Korsett aus Moralvorstellungen eingesperrt erscheint, auf der anderen Seite durch den bösen Gegenpol genau dies Barrieren auf perverse Art aufsprengen zu wollen. Dabei erscheint das Böse in Gestalt des Geschäftsmannes als Katalysator der verborgenen Bedürfnisse der Familie, und dürfte damit als Befreiungsschlag für Emotionen und sexuelle Freiheiten verstanden werden. Dies geschieht jedoch für unsere Figuren zu einem sehr hohen Preis.

Rapid Eye Movies präsentiert den knapp zweieinhalbstündigen Cold Fish als originalsprachige DVD mit deutschen Untertiteln, im Bonussektor befinden sich noch ein 20 Minuten langes Making of und Trailer.

Cold Fish ist ein verstörender und ungemein faszinierender Beitrag eines der aktuell interessantesten Regisseure des modernen Kinos. Ein japanischer David Lynch, der einem die unterschwellige Brutalität unter dem aufgesetzt Ruhenden des allgemeinen Einerleis aufzeigt.


CFS

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