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Immer weniger wurde er von Film zu Film, der anarchische Spirit, der Todd Phillips’ Spielfilmdebüt „Road Trip“ durchzog, in „Hangover“ kam er dem Trend entgegen wieder stärker durch, doch damit war in „Stichtag“ wieder Schluss.
Was auch daran liegt, dass John Hughes’ eher brave 80er-Komödie „Ein Ticket für zwei“ die größte Inspirationsquelle des Films darstellt. Wieder zwei ungleiche Buddys beim Rennen gegen die Zeit, wieder ein Überkorrekter und ein Hallodri als Team wider Willen, der eine, Peter Highman (Robert Downey Jr.), will zur Geburt seines Kindes nach L.A., der andere, Ethan Tremblay (Zach Galifianakis), will als Möchtegernschauspieler zu einem Vorsprechen dort, so weit, so bekannt.
Anstelle des Wetters sind es aber Differenzen zwischen den beiden, die einen geregelten Flug unmöglich machen: Choleriker Peter und Kiffer Ethan verunsichern die Fluggäste, werden als mögliche Terroristen aus der Maschine entfernt und auf die No-Flight-Liste gesetzt. Peter hat sein Portemonnaie im Flieger gelassen, Ethan hat den Mietwagen, das ist zwar schon weniger brav als der Anlass bei Hughes, aber wirkliches Anarchovergnügen sieht anders aus.

Also geht er los, der Wettlauf gegen die Zeit, es folgen Streitereien und Annäherungen der ungleichen Partner, die Umstände kosten sie das eine oder andere Vehikel auf ihrer Reise…
Was die Figuren angeht, da ist Todd Phillips’ Film weniger als effektiv geschrieben als das Hughes-Vorbild, auch wenn den Grund für Ethans Anhänglichkeit schon früh bekannt gibt, während „Ein Ticket für zwei“ sich diesen Moment fürs emotionale Finale aufhob, doch so wirklich will man Yuppie Peter und Vollhorst Ethan nicht warm werden, zumal man das Friede-Freude-Eierkuchen-Finale schon bald am Horizont heraufziehen sieht. Dass der Film mit einem Traum Peters quasi schon das Ende erzählt ist aber kein kluger Schachzug, mit dem etwaigen Kritikern den Wind aus den Segeln nimmt, denn Vorhersehbares gleich vorwegzunehmen, das ist keine Leistung.

Immerhin: Hübsch anzusehen ist Phillips’ Film auf jeden Fall, Reisepanoramen noch und nöcher gibt es zu bestaunen, doch leider müsste „Stichtag“ humoristisch deutlich stärker aufs Gaspedal treten. Dabei hat der Film tolle Szenen, das Niederstrecken eines nervigen Arschlochkindes via sucker punch, das Duell mit einem Rollstuhlfahrer oder die Szene, in der Ethans „Two and a Half Men“-Traum war wird. Dies sind die Momente, die noch am ehesten den durchgedrehten Geist von „Road Trip“ atmen, sonst ist oft handzahmer Slapstick angesagt, der zwar dankbarerweise auf Körperflüssigkeitsgags weitestgehend verzichtet, aber auch nie so hundertprozentig zu zünden weiß.
Auch Robert Downey Jr. ist mehr als routiniert, bekommt in einer Szene lediglich eine Kaffeedose als Spielpartner um sein Talent zu beweisen, aber es fehlt ihm die Möglichkeit seine Dialog- und Wortwitzmeisterschaft unter Beweis zu stellen. Zach Galifianakis nutzt seine „Hangover“-Popularität um noch mal fast den gleichen Charakter zu spielen, das immerhin mit Elan, aber ohne große Variation, während Michelle Monaghan als schwangere Ehefrau komplett unterbeschäftigt ist. Nebenrollen und Cameos gibt es von Jamie Foxx, Danny McBride, Regisseur Todd Phillips und Juliette Lewis, die seit „Old School“ immer mal wieder Gastrollen in Phillips’ Filmen übernimmt.

„Stichtag“ ist ganz vergnüglich, vor allem als geselliges Videoabendfutter, aber doch zu brav und vorhersehbar um mehr als ganz putzig zu sein. Gelegentlich merkt man noch was da an herrlich anarchischem Witz drin wäre, doch leider gibt es dann doch zu wenig Szenen in „Stichtag“, in denen Kinder verprügelt werden oder adäquat Lustiges passiert.

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