Im Rahmen der nicht enden wollenden Welle an Remakes von Horrorfilmen war es nur eine Frage der Zeit, bis die hierzulande noch immer beschlagnahmten Schocker "Maniac" oder "I Spit On Your Grave" ihre Frischzellenkur in Form einer modernisierten Neuverfilmung erhielten und wieder hiesige Jugendwächter auf den Plan riefen.
Und so musste dann auch gleich die deutsche Fassung von SunFilm Federn lassen und die ungeschnittene Auflage, die den Fans freundlicherweise von Illusions aus Österreich spendiert wurde, wurde dann auch gleich beschlagnahmt.
Nachvollziehen ist das sicherlich in Bezug auf das dargestellte menschenverachtende Martyrium, dass die Hauptdarstellerin - erstklassig dargestellt von Sarah Butler - über sich ergehen lassen muss, aus dem dann der gnadenlose Rachefeldzug resultiert.
Allein die Selbstjustiz-Thematik sorgt in deutschen Landen, vor allem aber bei der FSK, stets für erhitzte Gemüter - sei es im genannten Film, dessen Original von 1978 oder bei Charles Bronson, der bei der Vergewaltigung und Ermordung von Frau und Kind mehrfach rot sah.
Was jedoch den Härtegrad des Dargestellten angeht so kann das, was uns in bei "I Spit" gezeigt wird, für unsere Hüter der Moral keinesfalls der Tropfen gewesen sein, der das Fass zum Überlaufen gebracht hatte.
Die Rache der gepeinigten Frau sprengt zwar das Vorstellungsvermögen eines jeden und hat ein paar bösartige Todesfallen für die Peiniger parat, doch explizite Splattereinlagen darf man hier nicht erwarten.
Vielmehr wird auf die filmische Erniedrigung des Missbrauchsopfers Wert gelegt, das in einem nicht enden wollenden Vergewaltigungsmarathon fast zu Tode gequält und erniedrigt wird - was für jeden halbwegs gescheiten Menschen einen solchen Rachefeldzug nachvollziehbar, aber nicht entschuldbar macht.
Und das dürfte auch der Stein des Anstoßes sein - denn die Selbstjustiz - ob verständlich oder nicht angesichts dessen, was der Frau widerfahren ist - wird als Mittel zum Zweck dargestellt, ohne auf die Auswirkungen der Taten einzugehen oder Reue zu zeigen. Sie wird legitimiert und als selbstverständlich, nahezu normal dargestellt.
Inszenatorisch ist dieses Rape & Revenge-Movie einwandfrei in Szene gesetzt, allerdings gibt die Handlung auch nicht viel mehr her als der eigens dafür erdachte Titel des Subgenre erahnen lässt: Rape & Revenge in vier Akten - mehr darf man nicht erwarten.
Während das "Maniac"-Remake mit inszenatorischen Raffinessen und einem genialen Score aufwarten kann, hält sich "I Spit" sklavisch an seine vier Akte und spult diese routiniert ab:
Akt 1: kurze Vorstellung der Charaktere, wobei das Opfer und der Antagonist mehr Tiefenschärfe zugestanden wird als der Rest aller Beteiligten.
Akt 2: die fast eine halbe Stunde andauernde Erniedrigung und Vergewaltigung des Opfers
Akt 3: Teil 1 eines perfiden Racheplans, der beinhaltet, die Täter gekonnt gegeneinander auszuspielen
Akt 4: Teil 2 des Racheplans, der gnadenlos ausgeführt wird und in der analen Vergewaltigung des Antagonisten durch einen Gewehrlauf ihren Höhepunkt findet.
Akt 1 ist typisch für das Genre und kaum der Rede wert, Akt 2 geht an die Grenzen und das dargestellte Martyrium ist für einen "Unterhaltungsfilm" schon mehr als fragwürdig, Akt 3 weist einige gute Ansätze auf, die leider nur kurz angerissen und zugunsten des letzten Aktes zu schnell fallen gelassen werden, der hinsichtlich des Härtegrades zwar einige fiese Todesarten parat hält, aber weitem nicht explizit genug ist wie man es vom Ruf dieses Filmes erwarten könnte.
6/10