Der Titel lässt den Zuschauer schnell an ein billiges "Django"-Ripoff denken, so ließ der amerikanische Distributor den Namen des Franco Nero-Antihelden aus dem gleichnamigen Corbucci-Streifen in den Titel des Giulio Questi-Anti-Western einbauen. Völlig zu unrecht wird der Film durch den dreisten und unkreativen Titelklau mißkreditiert. "Töte, Django!" ist einer der bedeutendsten Spaghetti-Western aller Zeiten. Ein Unikum in der Filmgeschichte, ein unterhaltsamer, intelligenter, herausfordernder Western.
"Töte, Django!" beginnt bereits mit einer überraschend eigenwillig montierten Szene, die irgendwo in der weiten Wüste stattfindet. Ein Fremder, unser namenloser Held (fantastisch dargestellt von dem eh brillanten Tomas Milian), wird von zwei mysteriösen Indianern verblutend zwischen den sandigen Dünen gerettet. In einer verwinkelten Rückblende erfahren wir, warum es dem Pistolero so ergangen ist. Die Bande, mit der er einen Goldtransport ausgenommen hatte, stellte sich nach dem geglückten Coup gegen ihn, und ließ ihn sterbend zurück. Nun ist der Fremde durch die fürsorglichen Kräfte der Indianer wieder aufgepäppelt und auf den Weg in eine Stadt, die gemeinhin als "The Unhappy Place" bekannt ist, wo seine Ex-Kumpanen bereits als Gauner gerichtet am Galgen hängen. Aus den alles andere als friedfertigen Bewohnern kristallisieren sich mehrere Interessenparteien heraus, die alle gerne an den immensen Goldschatz herankommen wollen. Nur der Fremde steht zwischen den Stühlen...
"Töte, Django" ist ein atypischer Italo-Western, benutzt er doch keine standardisierten Spaghetti-Klischees, beziehungsweise vergegenteilisiert diese. Die großen Bad Guys des Films sind nicht etwa die rassistischen Gangmitglieder, sondern die auf Gerechtigkeit und Religion pochende Bevölkerung der Stadt. Hier finden wir so ziemlich jede amoralische Gemeinheit vor zwischen blindem Selbstjustiz und Kindesmisshandlung. Und auch die Gang des reichen El Sorrow ist keine virile Truppe voller Macho-Brutalos, sondern ein kurioser Haufen Homosexueller. Questi hat eindeutig die Pfade des traditionellen Westerns verlassen, und wandte sich von allem ab, was durch Leone- oder Corbucci-Filme etabliert worden ist.
Zwei recht brutale Goreszenen werden im Zusammenhang mit "Töte, Django!" durchgehend erwähnt. Die "Goldgräber"-Szene, in der aus einem zuckenden Körper Goldpatronen entfernt werden, und die Skalpierungssequenz sind nur zwei Beispiele für die oftmals ans Surreale heranreichende Optik des Films. Besonders Cutter Franco Arcalli verdient Lob, da er insbesondere in den ersten 15 Minuten ein wahres Ideenfeuerwerk loslässt: Er dreht einzelne Frames kopfüber um, verlangsamt Bewegungen, setzt düstere Farbeffekte ein und lässt Szenen rückwärts ablaufen.
Questi, eigentlich ein Politfilmer, drehte den Western, weil dies das einzige Projekt war, das er finanziert bekam. Er stopfte es so voll mit religiösen, politischen, sexuellen, zynischen Anspielungen, mal selbstironisch, mal warnend symbolisch, und so resultierte der erste "psychedelische Western", ein Produkt aus der Hippie-Ära, ein fesselndes Ereignis, ein Dokument der Andersartigkeit, ein rebellischer Film gegen alles, was das Westerngenre ausmachte.