So viel zum Thema, „Wanted" solle ihr letzter Actionfilm sein - anno 2010 hat Angelina Jolie mal wieder dicke Wummen in der Hand und ballert sich durch den ursprünglich als Starvehikel für Tom Cruise vorgesehenen Agententhriller „Salt". Umgeschrieben auf la Jolie nennt sich die Hauptifgur des von Genrespezi Philipp Noyce, verantwortlich u.a. für die Tom Clancy-Verfilmungen „Die Stunde der Patrioten" und „Das Kartell", inszenierten Films Evelyn statt Edwyn Salt und meistert ein über die Maßen krudes Spionageabenteuer aus der Feder von „Equilibrium"-Regisseur Kurt Wimmer.
Zu Zeiten des Kalten Krieges haben die Russen von Kindesbeinen an zu Killermaschinen gedrillte Schläfer in die amerikanische Gesellschaft eingeschleust, die über Jahrzehnte getarnt ein normales Leben führend auf ihren großen Tag warten, an dem der russische Geheimdienst sie für seine Zwecke „aktiviert". Auch CIA-Agentin Evelyn Salt (Angelina Jolie) scheint zur Riege dieser verborgenen Spione und Attentäter zu gehören und gerät in Verdacht, einen Anschlag ausgerechnet auf den russischen Präsidenten verüben zu sollen - doch sie ist nicht die einzige, die jemand anders zu sein scheint, als sie vorgibt...
Kurt Wimmer hat großartige Drehbücher geschrieben: Allen voran zu seinem Sci-Fi-Juwel „Equilibrium", aber auch Werken wie dem edlen Krimikracher „Street Kings" (2008) und dem raffinierten Agententhriller „Der Einsatz" (2003). Von dessen Wendungsreichtum und ausgeklügelter Doppelbödigkeit ist in seinem neuerlichen Ausflug in die Welt der Geheimdienste leider nicht nichts geblieben. Dass die Story von „Salt" absolut unglaubwürdig ist, könnte man leicht verschmerzen und den augenzwinkernden Entertainment-Sphären der abgefahreneren Bond-Abenteuer zuordnen - die krude Prämisse aber in einen dermaßen dünnen und vorhersehbaren Handlungsablauf umzusetzen, ist weit weniger verzeilich. Kein Plottwist, der sich nicht um Längen vorausahnen ließe - gerade die als große Überraschung präsentierte Identität des Oberfieslings ist dem geübten Zuschauer schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt des Films klar.
Sein verunglücktes Plotkonstrukt versucht der Film dann mit halbwegs passabler Actionfrequenz zu kompensieren, doch einiger gelungener Momente zum Trotz ist auch der Krawall nicht mehr als biedere 08/15-Ware. Obwohl die üblichen Unsitten des heutigen Genrekinos - Kamera zu nah dran, Schnitt zu hektisch - durchweg präsent sind, kann man Noyce's Arbeit sogar das Prädikat solide zugestehen, zumal die inszenatorischen Spaßbremsen nicht gar so heftig ausgefallen sind wie in „Bourne" oder vergleichbaren Tiefpunkten - dennoch locken die Shootouts, Prügeleien und Explosionen keinen Hund hinterm Ofen hervor. Schon gar nicht, wenn zur selben Zeit ein Über-Brett wie „Expendables" in den Kinos läuft, gegen das man sich behaupten muss.
Angelina Jolie war auch schon mal motivierter bei der Sache und passt sich in ihrer darstellerischen Leistung der allgemeinen Durchschnittlichkeit des Films an. Ansonsten ist abseits der Tatsache, dass mit August Diehl ein Deutscher eine nicht unwichtige Rolle innehat, einzig die gewohnt souveräne Performance von Liev Schreiber hervorhebenswert.
Fazit: Wenn Hollywood schon Cold War - Räuberpistolen als Thrillerstoff wiederausgräbt, dann doch bitte nicht so einfallslos und lahm wie hier: Kurt Wimmers krudes Drehbuch krankt weniger an seiner Unglaubwürdigkeit als seiner Vorhersehbarkeit, Philipp Noyces Inszenierung der wenig spektakulären Actionszenen ist belangloser PG-13-Standard mit der unvermeidlichen Portion Hektik und Unübersichtlichkeit von heute. Eine Totalkatastrophe sieht zwar anders aus - ein gelungenes Agentenabenteuer aber definitiv auch.