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Es ist schon komisch: Wenn es um den Starstatus geht, dann ist Angelina Jolie ganz oben auf, wirklich Herausragendes findet sich in ihrer Filmographie allerdings kaum. Auch „Salt“ ändert daran vorerst nichts.
Hier wird gleich zum ideologischen Rundumschlag ausgeholt: CIA-Agentin Evelyn Salt (Angelina Jolie) geriet dereinst in nordkoreanische Gefangenschaft, doch die diplomatischen Beziehungen ihres späteren Verlobten, des deutschen Arachnologen Mike Krause (August Diehl), befreit. Natürlich darf auch da ein halbwegs brauchbarer Wegwerfgag nicht fehlen („Didn’t you know? We Germans never joke.“). Aber in der Hauptsache geht es um die Russen, Hollywoods Lieblingsfeinde bis zu Beginn der 1990er, als die Auflösung der Sowjetunion den eingefahrenen Feindbildern einen Strich durch die Rechnung machte.
Jahre später plant Salt nun die Zukunft mit ihrem Männe und will gerade Feierabend als sie einen ins CIA-Hauptquartier gestiefelten Überläufer testen soll. Der eröffnet, dass ein russischer Spion den russischen Präsidenten beim Amtsbesuch in den USA ermorden soll. Der Name: Evelyn Salt. Natürlich ist nicht nur Salt darüber verwundert, sondern auch ihr Chef Ted Winter (Liev Schreiber). Nun also das große Rätselraten bei Figuren und Publikum, was das Ganze soll.

Leider ist der Überläufer glaubwürdig und Salt erreicht den Gatten in spe zuhause nicht. Grund genug aus dem CIA-Hauptquartier abzuhauen (natürlich nicht ohne dies ordentlich zu demolieren) und dann nach Antworten und dem verschwundenen Verlobten zu suchen…
„Wer ist Evelyn Salt?“ – so lautet die Tagline. 2002 verkündete ein Kinoplakat „Wer ist Jason Bourne?“, doch es hätte dieses Werbespruchs gar nicht bedurft um die Inspiration durch den neuen Helden des Agentenfilms zu erkennen. Allerdings ist „Salt“ bloß Jason Bourne für Arme. Denn wo man gemeinsam mit Bourne dessen Vergangenheit nach einer Amnesie erkundete, da lässt „Salt“ den Zuschauer einfach kalt: Man soll bis zum Ende nicht wissen auf welcher Seite Salt nun steht und kriegt dementsprechend wenig mitgeteilt, weshalb Salts Schicksal einfach nicht interessiert. Und das große Geheimnis erkennt der findige Zuschauer schnell. *SPOILER* Die Tatsache, dass Salt die US-Agenten stets nur verletzt und ausknockt, aber nicht tötet, erklärt schon ganz klar, dass sie ein Good Girl ist – und der Logik des Films folgend also Amerikanerin. *SPOILER ENDE*
Insofern ist aus dem achso doll erdachten Storykonstrukt bald die Luft raus, da mag Phillip Noyce auf dem Regiestuhl noch so mächtig Gas geben. Denn schon bei oberflächlichem Hinsehen klaffen die Plotholes, was schon bei der Prämisse anfängt: Warum sollte man einen Schläfer auf so komplizierte, gefährliche Art aktivieren, aber was nutzt es andrerseits eine stinknormale CIA-Agentin zu diskreditieren? So geht es munter weiter im Mumpitzzirkus, dessen Musterstück an Blödheit die Fernsteuerung eines Autos ist, bei dem Salt den Gasfuß des Fahrers durch Stromschläge aus einem Taser lenkt.

Angesichts des dünnen Geschichtchens reicht die Action dann leider nicht dazu aus den Karren aus dem Dreck zu sehen. Seit Jason Bournes Abenteuern sind Shakycam und Stakkatoschnitt ja neuerdings Standard in diesem Genre, wobei „Salt“ leider zu den stärker verwackelten Exemplaren der Gattung gehört. Zudem sind die Konfrontationen meist kurz, streckenweise zu unrealistisch für den Rest des Films (gerade die Springinsfeld-Nummer mit den LKW-Dächern) und etwas zu dünn gesät. Immerhin: Für brauchbare Standardkosten reichen die Feuergefechte, Kloppereien und Autojagden aus, gerade in den Nahkämpfen gibt sich „Salt“ erfreulich rasant, aber mehr auch nicht.
Angelina Jolie, Hollywoods derzeit angesagtestes Flintenweib, schießt, prügelt und spielt sich grundsolide durch den Film, aber mehr auch nicht. Der talentierte Liev Schreiber hingegen läuft in seiner Nebenrolle mal wieder zu Hochform auf und ist das klare darstellerische Highlight, während man den Rest vom Fest als unter ferner liefen verbuchen kann. Darunter auch August Diehl, der uns immerhin die Geheimwaffe des Kalten Krieges präsentiert, nämlich den vielleicht hässlichsten Bart der Filmgeschichte.

Am Schluss des Films hetzt Evelyn Salt dann in eine ungewisse Zukunft voller potentieller Gegner und Gefahren, mit einem Ende, das eine Fortsetzung noch deutlicher andeutet als das von „Die Bourne Identität“ – und der basierte immerhin auf einer Romantrilogie. Beim nächsten Anlauf darf man sich dann aber eine bessere Geschichte, rundere Charaktere und übersichtlichere Action erhoffen, dann könnte es auch ein wirklich brauchbarer Film werden.

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