Ich habe in einer TVDigital Zeitschrift (wer schreit da "Schleichwerbung"?) einmal eine nette Grafik zu Angelina Jolie's Filmen gefunden. Darin wurden einige ihrer letzten Filme aufgelistet, beginnend mit "Durchgeknallt" bis hin zu "Wanted". Man zeigte auf, dass Filme mit einem gewissen Anspruch (Durchgeknallt) deutlich weniger Zuschauereinnahmen verbuchen konnten als reine Actioner wie Wanted oder Mr. & Mrs. Smith. In der Auflistung ging es allein um die Einspielergebnisse an den Kinokassen.
Nun ist aber auch Angelina Jolies Ansehen nicht nur in Hollywood immer weiter gestiegen, man kann sagen: sie war DER weibliche Star der Vergangenen 10-15 Jahre. Und auch Salt ist laut Angaben ein Actionfilm. Zwar wurde auch eine Portion Thriller beigemischt, aber man ist trotzdem weit entfernt von einem klassischen Drama oder einer Charakterstudie. Also schießen auch diesmal die Einnahmen durchs Dach, oder? Um ehrlich zu sein, mir ist das total egal. Darum gehts in einer Filmbesprechung auch nicht. Wichtiger ist: taugt Salt denn auch was, oder ist die Suppe einfach versalzen?
Zur Story kann man leider nicht viel sagen, ohne gleich einen Großteil der Geschichte einschließlich Wendungen zu verraten. Also muss ich mich auf ein Minimum beschränken und ihr solltet damit zufrieden sein. Angelina Jolie spielt Evelyn Salt, eine CIA Agentin, die von einem russischen Überläufer beschuldigt wird, eine russische Agentin zu sein. Anstatt sich mit den anderen CIA Agenten zusammen zusetzen, um die Geschichte zu überprüfen, flieht sie aus dem Gebäude. Das ist ja auch viel spannender als dröge Gespräche mit Beamten, wo eventuell was erstaunliches rauskommen könnte. Man (äh Frau) flieht lieber. Nach einem kurzen Abstecher bei ihr zu Hause, gehts auf in die weite Welt. Dicht gefolgt von Liev Schreiber, ihrem (Ex?)Partner. der die Sache aufklären will.
"Salt" besitzt Plottwists, also Storywendungen. Einige sogar, und zumindest einer von ihnen ist selbst für den klugen Zuschauer durchaus überraschend. Das ist für einen (Action)thriller ein gutes Zeichen. Allerdings scheint der Film zu sehr darauf zu bauen und vernachlässigt dabei den Rest des Baukastens "Actionthriller". Die Genreeinteilung ist sowieso etwas merkwürdig. Hat man sich aus dem Kinosessel erhoben, kommt man schnell zu der Überzeugung, das man da doch gerade eher einen Thriller als einen Actionfilm gesehen hat.
Und in der Tat, Actionszenen gibt es nicht all zu viele. Ich werde auch das Gefühl nicht los, das sie absichtlich wie künstlich eingebaute Boosts worden sind, damit sich der Zuschauer nicht langweilt und der Film gar zäh rüberkommt. Nun, das klappt durchaus. Die paar Actionszenen sind teils spektakulär inszeniert, handwerklich wirklich gut gemacht, allerdings auch stellenweise weit vom Realismus entfernt.
Ich würde den Film eher mit der Bourne Identität vergleichen als mit Mission Impossible, obwohl die Actionszenen mich manchmal an M:I erinnert haben. Der komplette Rest des Films, und das sind gut 70%, ist von der Umsetzung her nahezu eine 1:1 Kopie der Bourne Identität. Wenn es hektisch wird, wackelt die Kamera und es wird manchmal wirr geschnitten. Man verliert aber, anders als in "Die Bourne Identität" nie den Überblick.
Den verliert man eher durch einige unlogische Handlungen der Personen. Überhaupt wirkt das Drehbuch alles andere als fertig und gut durchdacht. Außerdem (und das will ich vorweg nehmen, Spoiler hin oder her): WIE oft stand die Welt schon am Rande der totalen Vernichtung durch einen Atomkrieg? Und wie oft allein in den letzten 5 Jahren? Originell, wirklich. Leider lässt man hier keinen Terminator auf die Menschheit los, der auf coole Art und Weise alles in seinem Weg zerstört und einen Atomkrieg daher fast schon nutzlos macht. Heutzutage ist jeder ein Agent, ein Spion oder ein Politiker, das hätte man James Cameron mal in den 80ern erzählen sollen. Der hätte gegähnt.
Angelina Jolie und Liev Schreiber retten den Film. Man könnte ihnen ein Supermankostüm anziehen und sie sich feiern lassen. Die beiden spielen ein hervorragendes Team. Oder sind sie Feinde? Vielleicht beides? Oder gar nichts?
Liev scheint seit Scream 3 doch tatsächlich eine Schauspielschule besucht zu haben. Er wirkt als Anzugträger extrem groß, extrem stark, und sein Gesicht zeigt jedes Mal einen Hauch von Verletzlichkeit.
Aber dafür kann er selbstverständlich nix, das ist sein weinerliches Gesicht. Das passt in der Rolle aber an einigen Stellen im Film ganz gut. Angelina Jolie zeigt in jeder Szene eine unheimliche Präsenz. Sie sieht unerhört sexy aus, hat klasse Outfits auf den Leib geschneidert bekommen und überzeugt trotz des Mangels an Logik. Ihr nehme ich einfach so gut wie alles ab. Es sei denn, sie spielt Jean-Claude Van Damme's Ehefrau. Die Actionszenen spielt sie, sofern sie denn mal selbst hüpft, springt und ballert, souverän. Kein Wunder, sie durfte ja schon auf Brad Pitt schießen.
Dagegen fallen sämtliche (!) und ich meine wirklich ausnahmslos alle Nebendarsteller dramatisch ab. Selten habe ich erlebt, das mir Nebenfiguren so unglaublich egal sind. Am Ende erinnert man sich höchstens noch an ihren Ehemann, gespielt von August Diehl. Der dumme August...ich meine... Herr Diehl war unter anderem in Inglourious Basterds als Major Hellstrom (keine Sorge, ich erinnere mich auch nur dank des Notizzettels) oder in Anatomie 2 zu sehen. Er hat zwar sehr wenig Screentime (angemessen, wie ich finde), aber er gibt eine kulturell interessante Figur ab als Spinnenforscher. Zumindest das ist originell.
Fassen wir also mal zusammen, die Story ist wenig originell, die Plottwists zwar ganz nett, aber auch dringend notwendig für das Bei-Stange-Halten des Zuschauers, die Action selten, unlogisch aber handwerklich gut umgesetzt, sämtliche Schauspieler bis auf die beiden Stars katastrophal egal. Da kommt nicht sehr viel zusammen. Ich gebe zu, das der Reiz des Films für mich ganz klar bei Angelina Jolie liegt. Sie ist mal wieder unglaublich sexy, ihr Charakter leider durchschaubar. Das gilt auch für die ganzen Wendungen. Das will klug gemacht sein und intelligent wirken, geübte Zuschauer erkennen das Ende allerdings nach einer Viertelstunde und haben für den Rest des Films nur Liev/Angelina und die Actionszenen, um sich bei Laune zu halten.
Das sieht nicht nach viel aus und ja, das ist leider Tatsache. Ich ging erwartungsvoll ins Kino. Um einen guten Actionthriller zu sehen. Um Angelina Jolie zu sehen. Um einen guten neuen Film vom "Kartell" Regisseur zu sehen. Und ich wurde teilweise arg enttäuscht. Um es auf den Punkt zu bringen: der Film ist nett. Aber nicht mehr. Er hat das Nötigste zusammen bekommen, um nicht langweilig zu sein. Vor allem hat er zwei gut aufgelegte Schauspieler und wurde handwerklich solide umgesetzt. Ich habe den Eintritt nicht bereut. Allerdings würde ich nicht noch einmal ins Kino dafür gehen. Wer Agententhriller im Stil der "Bourne" Filme mochte und/oder auf Jolie und Schreiber steht, darf sich den Film anschauen. Fürs Kino würd ich aber einen Kinotag mit ermäßigtem Eintritt empfehlen, so habe ich es gemacht ;)