Und das Warten hat sich gelohnt... Nachdem in den Medien die ersten Meldungen zu „The Expendables“ auftauchten, dachte wohl jeder schundgestählte Oldschool-Action-Fan, er würde gleich aus einem feuchten Traum aufwachen. Schließlich hielt er sich schon seit Jahren mit zweitklassigen (wenn er Glück hatte) Seagal-, van Damme- oder Lundgren-Streifen über Wasser, die direkt für die Auswertung auf DVD produziert wurden und konnte nicht mehr hoffen, seine Leidenschaft in einem echten Kino auszuleben. Klar, „Rambo“ war ein Highlight, doch „The Expendables“ versprach mehr.
Und, wie ich eingangs schon schrieb: die enorm hohen Erwartungen der Fans löst „The Expendables“ locker ein. Diese Erwartungen wuchsen nämlich mit jeder Pressemeldung, die sich vorrangig um die einzigartige Besetzung drehte. Ein Altstar nach dem anderen war im Gespräch und in den meisten Fällen entpuppte sich die News NICHT als Ente.Heute (26.08.10) ist es endlich so weit und Stallones Actionvehikel ist in Deutschland zu bestaunen.
Schon die Credits weisen dem Genre-Kenner den Weg in die folgenden 100 Minuten. Nu Image ist die verantwortliche Produktionsfirma von „The Expendables“. In der Filmografie von Nu Image finden sich solche Filme, wie die „Cyborg-Cop“-Trilogie, einige „Shadowchaser“-Teile, oder auch „Terminator Woman“... Klassisches Videotheken-Futter halt. In den letzten Jahren wurde dieses anspruchsvoller (man denke z.B. an „Undisputed 2“ oder „Ninja“) und einige Filme wurden sogar fürs Kino produziert, darunter das „Bad Lieutenant“-Remake, der eben schon erwähnte „Rambo“ und jetzt eben auch „The Expendables“. Speziell die beiden letztgenannten Filme transportieren den klassischen Actionfilm der 80'er Jahre, der so lange Zeit ein Nischendasein fristete, in das Mainstream-Rampenlicht der Generation Multiplex.
So weit so gut, direkt nach den Credits geht es los. Stallone hat es sich recht einfach gemacht, was die Story angeht: er steckt seine Stars in eine Söldnertruppe, mit der er gefährliche Aufträge annimmt. Nach der obligatorischen Etablierung durch den Einstieg in das Finale eines laufenden Jobs, der natürlich ebenso professionell wie blutig ausgeführt wird, geht es nach kurzer Verschnaufpause (in der man einige der Protagonisten besser kennenlernt) in die eigentliche Story. Diese ist einerseits so dünn, wie Klarlack, aber auch so klassisch, dass man sich sofort zu hause fühlt. Ein profitgieriger Amerikaner arbeitet mit dem Diktator eines kleinen südamerikanischen Staates zusammen, um Drogen anzubauen und die Einwohner zu tyrannisieren. In einer schon vor dem Release des Filmes heiß diskutierten und legendären Szene, in der Stallone, Schwarzenegger und Bruce Willis zusammentreffen, bekommen die Expendables (so der Name der Truppe) die Aufgabe, den Dikator zu stürzen. So weit so einfach. Sicherlich, es gibt ein paar Twists und Verwicklungen, doch im Groben ist es das mit der Story. Das Drehbuch könnte also glatt aus den 80'er übriggeblieben sein und passt somit perfekt zum Rest des Films. Gewürzt wird das Ganze mit einigen witzigen Dialogen, klassischen Einzeilern und fulminanter Action.
Diese Actionszenen sind in allen Belangen beeindruckend. Es fliegt sehr viel in die Luft, der Kinosaal wird regelmäßig durch große Explosionen illuminiert, die Schußwunden sind recht blutig geraten, doch nicht so drastisch, wie in „Rambo“ und auch die Nahkampfszenen können überzeugen. Dies verwundert auch kaum, schließlich ist mit Jet Li ein ausgesprochener Kampfsportexperte an Bord und Jason Statham hat auch schon des Öfteren bewiesen, fit wie ein Turnschuh zu sein. Ein Tribut an die aktuellen Actionstandards sind manchmal arg schnelle Schnitte, die an wenigen Stellen, etwas zu hektisch wirken. Nichtsdestotrotz ist die Inszenierung dieser Szenen einfallsreich und über jeden Zweifel erhaben.
Die Action dieses Films wird nur noch durch die Besetzung getoppt, die jedem Actionfan (und damit ist nicht der durchschnittliche Michael Bay-Konsument gemeint) das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Es sind (fast) alle da, die alten Recken. Gut, van Damme, Seagal oder Dudikoff hätten auch noch mitmachen dürfen, doch ansonsten haben sich einige der größten Actiondarsteller des aktuellen und der vergangenen zwei Jahrzehnte versammelt. Sylvester Stallone ist natürlich der Anführer der „Entbehrlichen“, doch es ist angenehm, wie er seinen Mitstreitern viel Platz zur Entfaltung lässt. Natürlich hat er viel Screentime, doch man hat das Gefühl, dass er jedem seiner Kollegen einen guten Auftritt gönnt. Stallone selbst macht, was er schon seit Jahren macht. Er ist noch in guter körperlicher Verfassung, man nimmt ihm die Actionszenen absolut ab. Schauspielerisch ist er kaum gefordert, doch wer erwartet das auch schon bei diesem Film? Jason Statham und Jet Li sind die Vertreter der „neuen Action-Schule“ und fügen sich homogen in die All-Star-Riege mit ein. Statham, der in den „Transporter“-Filmen seine Martial Arts-Künste zeigen darf, muß sich mit Messern begnügen. Wenn man einen Jet Li an Bord hat, ist das aber auch sehr nachvollziehbar. Grade die Messerszenen mit Statham sind sehr rasant und tragen viel zur Dynamik des Films bei. Li wirbelt wie gewohnt herum, verteilt auf seine unnachahmlich elegante Art Tritte und Schläge und hat zudem einige des witzigsten Zeilen des Drehbuchs abbekommen. Dolph Lundgren hat es mal wieder auf die große Leinwand geschafft. Da seine Formkurve speziell dank der selbst inszenierten Filme deutlich nach oben zeigt, hat er es sich auch eindeutig verdient. Auch hier fällt auf, dass er trotz seiner 52 Jahre noch sehr fit wirkt. Das kann man von Mickey Rourke zwar nicht sagen, doch spätestens nach „The Wrestler“ hat man sich als Zuschauer an sein deformiertes Erscheinungsbild gewöhnt, das er auch hier präsentiert. Seine Rolle ist irgendwie redundant, so dass der Verdacht entstehen könnte, dass Stallone sie nachträglich ins Drehbuch eingefügt hat. Das macht aber auch nichts, schließlich adelt Rourke den Film durchaus. Abgerundet wird die Besetzung durch Muskelmänner, wie Terry Crews, Steve Austin und Randy Couture, allesamt Darsteller mit einem Sporthintergrund, was hier wie die berühmte Faust aufs blaue Auge passt. Als Zuckerl für die Genrefreunde bekommt man noch Eric Roberts (in einer größeren Rolle) und Gary Daniels (in eine kleinen Rolle) zu sehen. Und ja, Frauen spielen auch mit, sind aber nicht mehr als schmückendes Beiwerk.
Ist „The Expendables“ nun Mainstream? Wenn man die durchaus beeindruckenden Einspielergebnisse bisher betrachtet, könnte man auf diese Idee kommen. Was das Filmische angeht, ist der Film feinste Genrekost mit einem großen Budget, die überaus ruppig zur Sache geht. Insofern nimmt „The Expendables“ keine Rücksicht auf das Mainstream-Publikum, sondern hievt den Genrefilm in den Mainstream, ohne Kompromisse einzugehen. Es ist anzunehmen, dass der Film also auch Seher erreicht, die sich mit dieser Art des Actionfilms noch nicht beschäftigt haben. Es bleibt nur zu hoffen, dass sich diese Menschen auf Expedition in die nächstgelegene Videothek begeben, um dort mehr von diesem heißen Scheiß zu finden. Wenn ein Lundgren wieder en vogue werden würde, das hätte doch was. Man stelle sich nur mal vor, dass ein Michael Bay auf diesen Zug aufspringen möchte und Dolph bei seinem neuen Film dabei haben möchte...
Der geneigte Leser merkt wohl spätestens an dieser Stelle, dass ich aufgrund der Begeisterung über diesen Film und die Materie abdrifte, aber träumen muß doch erlaubt sein. Objektiv betrachtet ist „The Expendables“ Erlebniskino in Reinkultur, zugeschnitten auf Action-Fans der alten Schule. Dies wurde spätestens in dem Moment deutlich, als das Publikum in meiner Vorstellung spontan zu applaudieren begann als der Abspann einsetzte. Für einen Film, der nicht auf einem Festival läuft, ist ein solches Verhalten der Zuschauer sehr ungewöhnlich. „The Expendables“ ist sicher nicht der beste Film und noch nicht einmal der beste Actionfilm aller Zeiten, doch für den Mut, ein solches Projekt mit einer solchen Besetzung zu diesem Zeitpunkt auf die Leinwand zu bringen, kann ich nur eine Note ziehen.
Fazit:
10 / 10
P.S.
Dolph, sollte der Michael Bay tatsächlich bei dir anfragen, dann sag ihm, wohin er sich das Angebot stecken kann... Mach stattdessen lieber deinen eigenen Big Budget-Actioner für die große Leinwand. Vielleicht hat Stallone ja Zeit...