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„Vor sechs Jahren entdeckte die NASA mögliche Vorkommen außerirdischen Lebens innerhalb unseres Sonnensystems..."

Regisseur Gareth Edwards' Regiedebüt „Monsters" kreiert eine außerirdische „Invasion" der etwas anderen Art: eine NASA-Sonde mit außerirdischen Proben stürzte 2004 über Mexiko ab. Seitdem gilt die Zone als „infiziert", weil dort immer wieder riesige, bis zu 100 Metern große Kraken-Monstren ihr Unwesen treiben und das Militär dort gegen die Kreaturen kämpft. Vor diesem Hintergrund reist Fotograf Andrew Kaulder mit der Tochter seines Chefs, Samantha, zusammen durch diese Region, um sie nach Hause zu eskortieren, da bald durch die immer größer werdende Alien-Population alle Ausreisewege gesperrt werden und sie nicht mehr zurück in die USA käme. Dabei kommen sich die beiden -natürlich- näher.

„Monsters" ist ehrlich gesagt sehr unkonventionell und nicht das, wonach der Film auf den ersten Blick aussieht. Für einen Titel, der zunächst nach einem waschechten Horrorfilm klingt, zeigt er uns -so gegensätzlich das auch klingen mag- wunderschöne, farbintensive, epische Bilder und Aufnahmen, die es wirklich in sich haben. Selten wird die abenteuerliche Reise durch den Dschungel von der Gefahr irgendwelcher zu groß geratenen Tierchen überschattet, alles läuft irgendwie in weiter Ferne ab. Währenddessen bleibt die Bedrohung aber immer real: die Städte und Dörfer sind größtenteils zerstört und mit riesigen Zäunen umschlungen, überall stehen große Schilder mit der Aufschrift „Infected Zone", die ihre Aufgabe erfüllen und es vermögen, dem Zuschauer stets eine gewisse Unruhe im Nacken zu halten. Wenn wir auch teils schöne Landschaften und sehr hübsch animierte Orte sehen -ein Schmankerl fürs Auge wäre zum Beispiel die riesengroße Mega-Mauer durch den Dschungel, die die Amis als Schutz vor den außerirdischen Besuchern aus dem Boden gestampft haben und die unsere beiden Protagonisten nur von einem Inka/Maya/Azteken-Tempel aus in der Ferne sehen können- so dunkel und bedrohlich wirken die Szenen in der Nacht. Ebenfalls sehr nett: Ein extra produzierter, mexikanischer Kinderzeichentrickfilm, der den Kindern die Benutzung von Gasmasken erklärt.

Unsere Schauspieler, beide relativ unbekannt, machen ihren Job in jedem Fall ganz gut. Ich meine, kennen wir Whitney Able höchstens aus einer Nebenrolle von All the Boys Love Mandy Lane und diverser unbekannter Produktionen und Serienauftritten, und hat Scoot McNairy außer einer Nebenrolle in Bobby auch nicht viel vorzuweisen, kaufe ich beiden ihre Rolle wirklich ab. Sie beide spielen durch Trennung und Unzufriedenheit in Sachen Liebe emotional angeschlagene Menschen, die durch eine unglückliche Verkettung von Ereignissen dazu gezwungen sind, zusammen durch diese gefährliche Alien-Zone zu reisen. Dass diese Annäherung der beiden relativ dialogarm ausfällt, lässt somit gar keine große Verwunderung zu. In der deutschen Synchronisation wurde sich netterweise auch Mühe gegeben, die im Originalton erhaltene Sprachenkollision Englisch zu Spanisch darzustellen - denn Kaulder hat massive Probleme, Unterstützung und Informationen von den Mexikanern zu erfahren, während Sam wie auch ihre Schauspielerin privat ganz gut Spanisch sprechen können.

Zuschauern, die Filme wie Cloverfield, Skyline und auch den herausragenden District 9 mochten, wird der Film an sich sicherlich zusagen können, denn er ist entgegen vieler Internetmeinungen wirklich kein Müll. Interessant ist auch, dass er trotz niedriger Produktionskosten es seinen oben genannten Vorgängern gleichmacht und durch die überaus guten Effekte überhaupt nicht nach Low Budget aussieht. Trotzdem wirkt die aufkommende Beziehung von Sam und Kaulder irgendwie mittelmäßig glaubwürdig und das Gesamtbild der außerirdischen Kraken-Wesen, die zwar mächtig, aber nicht unbesiegbar zu sein scheinen und die Nordmexiko und Texas „infiziert" haben, irgendwie gut angedeutet, aber dann doch wieder absolut unzureichend dargestellt. Überhaupt zeigt der Film nur kurze Ideen von der Evolution der Monstren, es werden kleine, aggressive Ableger angesprochen, die ein Dorf überfallen haben und der eigentliche Grund für das Aufkommen der Kreaturen wird in den ersten 3 eingeblendeten Sätzen Weiß auf Schwarz abgehakt. Klar: Betrachten wir die beiden einzelnen Schicksale der beiden, wissen wir, dass wir keine epische Independence Day-Alienschlacht erwarten dürfen und dass die Menschheit schon seit 6 Jahren mit dem Gedanken lebt, dass es Außerirdische gibt; das muss auch nach dieser Zeit die Schauspieler nicht mehr zwingend verwundern und sie gehen „normal" damit um. Aber irgendwie enttäuscht dann das maue Hin und Her zwischen den Genres doch. Der Film will ja ein Sci-Fi-Film sein, denn er hat ja ganz cool gemachte Monster und baut ermüdenderweise wieder einmal als Reminiszenz an oder Plagiat von Krieg der Welten Tentakeln ein, die im Gebäude nach den Insassen glubschen. Gleichzeitig finden wir ein Beziehungsdrama vor und er schafft es dann doch wieder nicht richtig, ein typischer Genre-Film zu werden, vor allem nicht in der kurzen Laufzeit von knapp über 90 Minuten, wo wir ohnehin effektiv nur am Anfang und Ende des Films lebende Riesentierchen sehen.

Die Bildqualität der Blu-Ray ist enorm gut und auch vom Sound her hat der Film einiges an guter Atmosphäre zu bieten. Das Steelbook, sowie das üppige Bonusmaterial ist für Fans von „Monsters" sicher auch ganz nett, sind nämlich nicht nur diverse Produktionsdokus enthalten, sondern auch eine Trailershow, ein Kurzfilm des Regisseurs, diverse Kurzdokumentationen über die Vorstellung des Films auf der Comic Con und Interviews etc. Besonders bemerkenswert: Der Kinotrailer liefert eine leicht andere Idee des Films, die ein wenig mehr an eine richtige Invasion erinnert und fast schon in Richtung World Invasion, teilweise sogar Resident Evil geht, als die Geschichte des eigentlichen Films anzudeuten.

„Nervt dich das nicht manchmal, dass erst etwas Schlimmes passieren muss, damit du davon profitierst?"

Ob uns die Endszene an der Tankstelle nun suggerieren soll, dass diese gigantischen Kreaturen vielleicht doch nicht so bösartig sind, sondern eher friedliebende, wunderschöne Wesen einer anderen Welt mit fluoreszierenden Körpernerven (in der Nacht am Ende sehr hübsch gemacht), die nur durch das radikale Vorgehen des Militärs aggressiv geworden sind, oder ob diese... Kuschelszene zwischen den beiden Riesenviechern einfach nur dazu dienen soll, Sam dazu zu veranlassen, ihre wahren Gefühle für ihren Begleiter einzugestehen, kann man am Ende eindeutig nicht sagen. Auf alle Fälle zeigt uns eine kurze Doku, in der Sam bei der Übernachtung in einem mexikanischen „Hotel" Quallen und Kopffüßer mit ebenso leuchtenden Körpern unter Wasser sieht, wahrscheinlich, dass der Film irgendwie andeuten soll, dass die fremden Kreaturen vielleicht gar nicht so fremd sind, wie alle meinen. Dass die ganze Chose dann ironischerweise auch noch genau zwischen den USA und Mexiko spielt und man da nun auch kräftig die Interpretationsmaschine anwerfen kann und „Monsters" einmal mehr -in die Fußstapfen von District 9 tretend- ein Werk über xenophobe, amerikanische Ansichten über Einwanderungsängste zeichnet, mutet dem Film dann wohl mehr zu, als die Regisseure im Sinn hatten. Ein paar Sachen wirken im Film auch sehr komisch und aufgesetzt: Was soll zum Beispiel die bellende, verwirrte Frau in den texanischen Dorfruinen? Soll dieses Rumgetentakel der Aliens am Ende etwa Außerirdischen-Sex andeuten? Das wirkt dann doch mehr doof als irgendwie bedeutungsschwanger.

Die einzige Szene, in der wir wirklich einmal sehen, dass die „Monster" was kaputt machen, ist auch ungefähr erst in der Mitte des Films, als die beiden Protagonisten in Begleitung ihrer mexikanischen Buschguerilleros durch die infizierte Zone, also den dichten Wald gen USA reisen - und selbst hier sind die einzigen Dinge, die sie zermantschen, zwei Autos, und zu Gesicht bekommen wir auch nur ein paar Tentakelarme. Gut, ob das nun dem geringen Budget zu verdanken ist, sei einmal dahingestellt - feststeht ist, dass das, was wir als Auswirkungen der Kreaturen verkauft bekommen, genauso gut auch einzig und allein dem rigorosen Zerstörungsdrang des amerikanischen und mexikanischen Militärs anzuschulden sein könnte. Dieses scheinbar gewollte stilistische Mittel im Film, also die „Aliens" zwar als permanente, allgegenwärtige Bedrohung darzustellen, aber eben möglichst wenig von ihnen zu zeigen und auch keine großartigen Kämpfe zwischen den Menschen und ihnen darzustellen, ist schön und gut - da bei „Monsters" aber die Anwesenheit der „Monsters" total im Hintergrund steht und im Endeffekt der Fokus nur auf der emotionalen, sowie sexuellen Spannung von Sam und Kaulder liegt, weiß man anfangs nicht so recht, was man (auch im Angesicht des da auf der Steelbook-Hülle prangenden, geradezu ins Gesicht springenden Titels „Monsters") eigentlich bei diesem Film erwarten soll und wo man ihn dann einordnen könnte. Ein Fakt ist leider hierdurch vorprogrammiert: Der Film ist weder ein richtiger Sci-Fi-Schinken noch eine gute Lovestory. Anhänger des Films werden sagen, dass die Geschichte ohnehin nicht so viel Erklärung benötigt - stimmt. Aber gibt man sich damit zufrieden, mit ein paar Stilmitteln gefüttert zu werden, ohne einen Gesamtkontext zu haben, an welchem man sich festhalten kann? Hinzu kommt die extrem lange Anlaufzeit, bis der Film überhaupt einmal an Spannung gewinnt. Da ist es nicht verwunderlich, dass der Film rasant in quasi-Cloverfield-Manier in Nachtsicht beginnt, (im Grunde schondas Ende zeigt) und dann erst die eigentliche Geschichte anfängt.

„Ich will noch nicht Hause."

Fazit: „Monsters" ist eine durchaus real wirkende Endzeitvision mit einer Identitätskrise. Dieses Genre-Problem muss aber nicht unbedingt gleich den Untergang für einen Film besiegeln - ich meine, ich sehe „Monsters" eher als einen poetischen und experimentellen Versuch, eine Art Roadmovie-Liebesgeschichte zweier emotional sehr abgewrackter Menschen vor dem Hintergrund einer sehr echt wirkenden, bedrohlichen Kulisse, nämlich der Anwesenheit von außerirdischen Bestien, darzustellen. Und das ist tatsächlich irgendwo ganz gut gelungen. Wir sehen nur vereinzelt Elemente der Verfremdung, die für einen echten Endzeit-Film eigentlich ganz typisch sind, und auch nur hin und wieder Elemente des wütenden Monster-Krieges, der zu Anfang des Films immer wieder in den kleinen, mexikanischen Fernsehern zu sehen ist und von dem gesprochen wird. Besagte Bedrohung wird auch nur durch ein paar Stilmittel, wie beispielsweise die immer wieder auftauchenden Jets und Hubschrauber und die Explosionen in der Ferne, aufrecht erhalten und implantiert nur relikthaft echte Sci-Fi-Bilder in die Naturkulisse, in der wir uns befinden. Als gelungen würde ich diesen Mix allerdings aufgrund der recht unsentimentalen Annäherung der beiden Hauptdarsteller und der fehlenden Tiefe des Kampfes in der infizierten Zone im Kontext Menschheit VS. Extraterrestrische „Macht" nicht unbedingt bezeichnen. Irgendwo sehenswert, aber dann doch eigenartig trocken und ohne Substanz fliegt „Monsters" unglücklicherweise am Zuschauer vorbei, lässt in einigen Szenen und bei einigen Bildern tatsächlich einmal aufatmen und vergeht dann doch ganz schnell wieder vor Logiklöchern im bedeutungslosen Dunst moderner Endzeitfilme, die immer wieder im großen Kontext angelegt sind und doch nur minimalistische Einzelschicksale erzählen, die irgendwie nicht mitreißen können.

Ich gebe mal für originelle Aufmachung nach außen hin einen Bonus, der das fleischlose Innere aber auch nicht retten kann und „schenke"

5/10 Punkten.

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