Review

And Soon The Darkness [Remake]

Stephanie und Ellie kommen am letzten Tag ihrer Fahrradtour durch Argentinien in einem kleinen Dorf an, wo sie ein Zimmer gemietet haben. Am nächsten Morgen planen sie, mit dem Bus wieder Richtung Heimat zu fahren. Am Abend begeben sie sich in die örtliche Bar, wo Ellie zunächst bei dem Amerikaner Michael abblitzt und dann mit dem Argentinier Chucho rummacht. Stephanie hingegen geht zurück in ihr Zimmer, wo sie spät in der Nacht von Ellie und Chucho vor der Tür geweckt wird. Chucho möchte, dass Ellie mit zu ihm kommt, und wird handgreiflich, als sie nicht darauf eingeht. Michael kommt aus seinem Zimmer und kann die Situation klären. Am nächsten Morgen verpassen die beiden Mädchen jedoch den Bus, weshalb sie hier einen weiteren Tag verbringen. Bei einem Ausflug streiten sie sich jedoch, so dass Steph allein zurück Richtung Hotel fährt. Als Ellie auch später nicht auftaucht, sucht Stephanie sie, findet aber nur noch ihr Handy. Zusammen mit Michael und dem Polizisten Calvo beginnt sie verzweifelt nach ihrer Freundin zu suchen. ofdb.de

Mit Karl Urban und Amber Heard hat man gleichzeitig zwei recht zugkräftige Namen mit in den Film gepackt und ich ging mit recht hohen Erwartungen ran. Das exotische Setting und die im Vorraus angepriesene Atmosphäre hat mich unterbewusst auf einen ähnlich großartigen Film wie Vinyan hoffen lassen (wer ihn nicht kennt: anschauen!), doch im Ende stellte sich And Soon The Darkness leider als gewöhnlicher Hollywood-Mainstream-Thriller raus.
Warum man gerade den Film hatte remaken müssen, erschließt sich mir nicht so ganz. Außerdem kann ich nicht beurteilen inwieweit die Story gegenüber dem Original verändert wurde, da ich es schlicht und ergreifend noch nicht gesehen habe, aber das Grundmuster wird man wohl erhalten haben. Jedoch ist dies auch genau das Problem: Die Grundstory (Freundin entführt) ist schonmal nicht spektakulär und die Auflösung ist auch die denkbar einfachste. Das Motto der Drehbuchschreiber war scheinbar: "Wir nehmen das Naheliegendste!". Das alles wäre in meinen Augen ja nichtmal schlimm, solange es dicht genug inszeniert wäre, doch hier haben wir Problem Nummer 2: es passiert viel zu wenig.
Ich habe vorhin schon den Film Vinyan erwähnt und das ist einer der Filme, bei denen faktisch überhaupt nichts passiert (Dead End, Session 9 oder Calvaire lassen grüßen), aber man, aufgrund der ultra dichten Atmosphäre, konstant unter "Hochspannung" ist. Als ich die ersten Landschaftsaufnahmen von And Soon The Darkness gesehen habe, welche übrigens großartig sind, war ich mir fast sicher, dass mich genau so ein Film erwartet. Vorallem die erste Nacht der beiden Mädels in diesem Bergdörfchen war atmosphärisch wirklich gut gelöst. Doch sobald eine der beiden verschwunden ist beginnt fast schon die Langeweile. Übrigens, ganz am Rande: die beiden fahren kilometerweit mit dem Fahrrad vom Hotel weg - in einem fremden Land wohlgemert, dessen Sprache sie nichtmal wirklich mächtig sind - legen sich an einen See, streiten sich für 30 Sekunden und Amber Heard steht einfach auf und fährt mit dem Fahrrad zurück ins Dorf, während die andere mit Kopfhörern im Ohr mitten in der Pampa liegt. Wie blöd war das denn bitte? Vorallem weil der Film vorher mindestens 5 bessere Gelegenheiten geboten hat, eine der beiden verschwinden zu lassen. Aber anstatt, dass man die gut eingefangene Atmosphäre der Nacht nutzt, lässt man das Mädchen lieber mitten am Tag verschwinden. Aber von mir aus...
Amber Heard sucht schließlich nach ihr und erhofft sich u.a. von der Polizei Hilfe (ratet von wem sie die NICHT bekommt) und eigentlich müsste der Zuschauer an der Stelle mitfiebern. Tut er aber nicht. Wir sehen ein komplett aufgeschmissenes Mädchen in einem fremden Land, deren Freundin gerade entführt wurde. Wisst ihr wem es egal war? Richtig, mir. Plötzlich wird uns noch Karl Urban als weiterer Charakter hingeworfen und mit Sicherheit hätten wir uns als Zuschauer in dem Moment fragen sollen: Ist er jetzt gut oder böse? Wisst ihr, wem das auch egal war?
Genauso merkwürdig, dass Amber das alles recht cool wegsteckt. Sie radelt wie Funkemariechen fröhlich durch die Gegend, heult sich bei der Hoteltante aus, klaut dann ein Auto, erstattet Anzeige gegen einen "großen Mann mit dunklen Haaren" und irgendwann findet sie natürlich ihre Freundin. Wer jetzt auf einen Plottwist gehofft hat, darf jetzt ein bisschen weinen gehen, denn dieser kommt nicht. Die Auflösung ist genau die, die sich ein Thriller unerfahrener Zuschauer denkt. Streng genommen ein cleverer Schachzug: die Drehbuchschreiber könnten auch gedacht haben, dass das Ganze so naheliegend ist, dass kein Mensch draufkommt, weil sich jeder maßlos unterfordert gefühlt hätte. Aber solche geistigen Quantensprünge traue ich denen nicht zu...
Aber, und das will ich hervorheben, mit Karl Urban und Amber Heard hat man zwei gute Schauspieler im Boot. Auch wenn ihre Reaktionen nicht immer passend waren, sobald sie ihr Talent zeigen dürfen, ist der Zuschauer wieder dabei. Besonders die Szene als Amber Karl Urban zur Rede stellt, weil sie ein Armband bei ihm gefunden hat, war richtig gut geschauspielert - und zwar von beiden. Außerdem ist die ganzen Szenerie einfach nur schön und eine gewisse Atmosphäre am Anfang kann man nicht abstreiten. Goreszenen hat es keine, aber die braucht hier auch wirklich niemand. Ein weiterer Punkt ist, dass man gegen Ende bemüht war, die Geschichte etwas vielschichtiger zu gestalten, was aber nicht immer zu 100% geklappt hat.

And Soon The Darkness ist ein Film, der sich einfach nicht an Horrofans richtet und dies wahrscheinlich auch gar nicht will. Es ist ein Film, der auch Sonntag abends bei den Privaten laufen könnte und somit eher das "Mainstream" Klientel bedient. Wäre eine angedeutete Vergewaltigung nicht drin, hätte er mit Sicherheit auch eine FSK 12 Freigabe bekommen, denn weder der sowieso nicht vorhandene Gore noch die geringe Spannung rechtfertigen die blaue Plakette. Der Film wird aber von zwei guten Schauspielern getragen und kränkt eigentlich "nur" an einem langweiligen Drehbuch - aber das führe ich wieder auf die Mainstream Sache zurück. Es gibt gelungene Landschaftsaufnahmen und die erste halbe Stunde weiß auf jedenfall zu gefallen. Wer ab und zu gerne seichte Thriller sieht, kann zuschlagen und Fans von Amber Heard werden ihn sowieso schon haben. Dem Film würde ich eigentlich 5 Punkte mit einer kleinen Tendenz nach oben geben, aber ich bin einfach mal "nett" und gebe 6 Punkte, da es kein Streifen ist der weh tut oder bei dem ich mich geärgert habe. Emfehlen kann ich ihn nur eingeschränkt...

6/10

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