Review

Bei „And soon the Darkness“, einem amerikanisch-argentinisch-französischen Thriller aus dem Jahre 2010, handelt es sich sowohl um das erste abendfüllende Werk des in Buenos Aires geborenen Werbe-, Videoclip- und Kurzfilmers Marcos Efron als auch um das Remake einer gleichnamigen (allgemein allerdings nicht sonderlich bekannten) britischen Produktion, die ziemlich genau vier Dekaden zuvor entstand, hierzulande unter dem Titel „Tödliche Ferien“ veröffentlicht wurde und über welche ich bis heute kaum mehr weiß als die erzählte Geschichte sowie dass die „NY Times“ dem Streifen seinerzeit „poverty of imagination“ vorwarf. Einschließlich letzterer Umschreibung, von einigen spezifischen Unterschieden mal abgesehen, scheint die Neuversion der Vorlage im Ganzen offenbar einigermaßen treu geblieben zu sein: Statt zwei Engländerinnen, denen während eines Trips durch die französische Provinz „etwas Schlimmes“ widerfährt, begleiten wir im Vorliegenden die beiden „All-American-Girls“ Stephanie (Amber Heard) und Ellie (Odette Yustman) auf ihrer Reise durch das (augenscheinlich) ebenso gefährliche wie atemberaubend schöne Hinterland Argentiniens...

Nachdem sie sich auf dem finalen Teilstück ihrer Urlaubs-Radtour von der übrigen (sie langweilenden) Gruppe abgesetzt hatten, um die betreffende Region noch ein wenig auf eigene Faust zu erkunden, führt ihr Weg die Freundinnen irgendwann in ein verschlafenes kleines Städtchen, in welchem sie sich ein Zimmer nehmen, da der sie am nächsten Morgen in Richtung Flughafen befördern sollende Bus in nicht allzu weiter Entfernung seinen planmäßigen Halt hat. Im Laufe des in der einzigen Bar weit und breit verbrachten Abends wird so einiges an Alkohol konsumiert und schmeißt sich die betrunkenere wie an sich ohnehin „leicht wildere“ Ellie an einen ortsansässigen namens Chucho (Michel Noher) heran, während Stephanie für solch ein Verhalten momentan nicht gerade viel übrig hat und daher auch vergleichsweise früh (allein) ins Hotel zurückkehrt. Ein parallel dazu bei ihr erkeimtes „ungutes Gefühl“ findet zu fortgeschrittener Stunde schließlich (obendrein) seine Bestätigung, als Ellie draußen vorm Gebäude mit dem inzwischen recht aufdringlichen jungen Einheimischen lautstark aneinander gerät: Eine rasch bedrohliche Züge annehmende Situation, welche letzten Endes nur dank des Einmischens eines ebenfalls dort übernachtenden Landsmanns (Karl Urban als Michael) einigermaßen zügig geklärt werden kann...

Unglücklicherweise wird im ganzen Tumult aber die Stromversorgung ihres Weckers unterbrochen – weshalb sie verschlafen und den einzigen Bus des Tages verpassen. Um die 24 Stunden „Zwangs-Wartezeit“ zu überbrücken, entschließen sie sich erst einmal zum Sonnenbaden an einem nahebei (an einem Bachlauf) gelegenen idyllischen Fleckchen Erde – wo es zwischen ihnen jedoch zu einem Streit kommt, infolge dessen sich Stephanie eine Weile von Ellie abkapselt. Als sich jene etwas später dann wieder beruhigt hat und zu ihrer „BFF“ zurückkehren will, ist diese allerdings nirgends mehr auszumachen – ihr gefundenes Handy sowie Spuren eines Kampfes lassen indes Böses erahnen. Verzweifelt erbittet sie Hilfe seitens der Anwohner und Behörden – nur reagieren diese entweder abweisend oder sprechen der Lage keine unbedingt hohe Dringlichkeit zu, weshalb sie die Suche fortan eigenständig weiterführt. Die einzige aktive Unterstützung, welche sie dabei erhält, bietet ihr Michael – doch ist sie sich nicht wirklich darüber im Klaren, inwieweit sie ihm denn tatsächlich vertrauen kann, zumal auch der alleinige örtliche Gesetzeshüter (César Vianco) in dieser Hinsicht zu ihr meint: „Just because he speaks English, doesn´t mean you should trust him...“

„And soon the Darkness“ eröffnet in Gestalt des Anblicks einer nur spärlich bekleideten Frau, welche an die Wand einer dreckig-düsteren Räumlichkeit gekettet wimmernd um Hilfe fleht, worauf ein Mann zu ihr ins Bild hereintritt und sie im Anschluss mit Stromkabeln Elektroschocks auszusetzen beginnt: Ein zweischneidiger Einstieg, der zum einen zwar schön unheilschwangere Schatten auf alle nachkommenden Ereignisse vorauswirft, zum anderen allerdings so manch einem Zuschauer eventuell den Eindruck vermitteln könnte, der Streifen würde dem jüngst ja recht verbreiteten, neuerdings jedoch immer weniger Anklang findenden „Torture Porn“-Sub-Genre angehören – was so aber definitiv nicht der Fall ist. Stattdessen haben wir es hier mit einem eher klassisch gearteten dramatischen Thriller zutun, der seine integrierten Horror-Elemente nicht allzu vordergründig zur Schau stellt – im Gegensatz (z.B.) zu dem im Prinzip gar nicht mal so unähnlichen, bloß deutlich härtere und sadistischere Züge tragenden 2006er Flick „Turistas“. Ob das nun als Fluch oder Segen zu werten ist, hängt stark vom individuellen Geschmack und Betrachtungsstandpunkt ab. Ich selbst hatte jedenfalls keinerlei „Probleme“ mit der gewählten Herangehensweise – schließlich gehört der gebotene Grad an Gewalt (meiner Meinung nach) per se nicht zu den entscheidenden Einflussfaktoren auf den generellen Unterhaltungswert bzw. aufs umfassende persönliche Sehvergnügen…

Das Drehbuch aus der Feder von Regisseur Efron und Co-Autorin Jennifer Derwigson hält sich eng an dem inhaltlichen Schema vergleichbarer Veröffentlichungen und ist daher nicht gerade sonderlich origineller Beschaffenheit: Angereichert mit dem mittlerweile ja geläufigen „Cautionary Tale“-Subtext sowie vereinzelten xenophoben Untertönen, begleiten wir junge abenteuerlustige US-Bürger in einem (über spezielle Reize verfügenden) fremden Land, in welchem sie im Folgenden (irgendwie) in bestimmte „Schwierigkeiten“ geraten, die für sie bald schon lebensbedrohliche Ausmaße annehmen – so wie bereits in diversen Werken (á la „Hostel“ oder „Borderland“) zuvor gesehen, nur halt frei der erwähnten explizit-grausamen Ader. Zusätzlich zum beschriebenen Auftakt wird von der ersten Minute an sogleich versucht, u.a. in Form einiger aufgehängter Plakate vermisster Frauen sowie der meist ernsten, abschätzenden, wenig freundlich anmutenden Blicke der Ansässigen ein bedrohliches Basis-Gefühl zu etablieren – was einen markanten Kontrast zu den pittoresken Landschaftsimpressionen und der beschwingten Laune der Mädels erzeugt. Anständig glückt dem Film diese Bestrebung – nur weder auf eine kreative noch subtile Art und Weise, was durchaus (entsprechend) beklagenswert und schade ist. Immerhin kann man (simultan) aber selbst in dieser frühen Phase des Verlaufs verschiedene andere Dinge Schrägstrich Eigenschaften registrieren, denen es zumindest teilweise gelingt, die betreffenden Schwächen des Skripts (kaschierend) zu überstrahlen…

Stephanie und Ellie sind zwei typisch amerikanische Girls – und sowohl Amber Heard („Drive Angry“/„All the Boys love Mandy Lane“), welche den Streifen im Übrigen mitproduziert hat, als auch Odette Yustman („the Unborn“/„Cloverfield“) mimen die unterschiedlich gestrickten Charaktere rundum prima. Ellie genießt es zu flirten, feiern, Spaß zu haben sowie im Moment zu leben – wohingegen Stephanie ruhiger, konservativer und verantwortungsvoller als ihre beste Freundin ist. Zugegeben, es sind recht stereotype Parts, die einzelnen im Publikum vielleicht sogar etwas auf die Nerven zu gehen beginnen könnten: Für ein potentielles Hervorrufen jenes „Effekts“ dürfte wohl vorrangig eine Szene in einer Bar in Frage kommen, in welcher Ellie zu dem (tollen) Song „I touch myself“ der Divinyls (aufreizend) singt und tanzt – und dennoch wirken die zwei Figuren authentisch, schlichtweg weil viele junge Damen heutzutage einfach genau so sind. Erfreulich ist überdies, dass ihnen nahezu kein leichtsinniges Verhalten vorgeworfen werden muss: Als ihnen die Empfangskraft im Hotel etwa empfiehlt, besser nicht die verlassene Siedlung „Villa del Lago“ zu besichtigen, hören sie tatsächlich auf sie und gehen stattdessen Sonnenbaden – was Efron dann dafür nutzt, jeden Zentimeter ihrer makellosen (und nur noch von knappen Bikinis verhüllten) Körper ausgiebig mit der Kamera „abzutasten“. Trotz dieser Sequenz werden die Frauen aber nie als Lustobjekte dargestellt, sondern stets als gefestigte Persönlichkeiten, die (an sich) nicht irgendwie groß töricht agieren oder „übers normale Maß hinaus“ hilfebedürftig erscheinen…

Die stimmende Chemie zwischen Odette und Amber kommt dem Gesamteindruck merklich zugute: Man nimmt ihnen ab, dass sich Ellie und Stephanie schon lange kennen und sie einander eine Menge bedeuten – auch wenn sie einige voneinander abweichende Ansichten (z.B. hinsichtlich Jungs) haben und das ab und an mal in einem Streit resultiert. Nach einem der letzteren trennen sich beide für eine kurze Zeit, in der erstere jedoch (allein am abgelegenen Bach zurückgeblieben) verschleppt wird: Da der lokale Cop (achtbar: TV-Schauspieler César Vianco) kein übermäßiges Engagement zeigt, liegt es fortan primär an Stephanie, im Rahmen ihrer Möglichkeiten nach Ellie zu suchen – was u.a. dadurch erschwert wird, dass sie die Landessprache nicht vernünftig beherrscht und die grundsätzliche Kooperationsbereitschaft der Einheimischen nicht gerade hoch ist. Ihre Besorgnis, Verzweiflung und Entschlossenheit transportiert Heard absolut überzeugend. Unterstützung erhält sie dabei vom einzigen Landsmann weit und breit: Obwohl Michael offenbar selbst nach einer vermissten Nahestehenden sucht, hat er allerdings so eine Art an sich, die es einem eher schwer macht, ihm wahrhaft zu vertrauen. Karl Urban´s („Priest“/„Star Trek“) Performance ist akzeptabel, aber nicht unbedingt inspiriert – was gewiss damit zutun hat, dass seine Rolle auffällig oberflächlicher Natur ist. Ohne Anlass zur Klage spielt Michel Noher („Felicitas“) indessen Ellie´s Bar-Bekanntschaft und späteren Entführer – und nein, diese Information fällt keineswegs in die Kategorie eines „Spoilers“…

Dadurch, dass man dem Zuschauer vergleichsweise früh einen Blick darauf gewährt, dass sich Ellie eindeutig in der Gewalt Chuchos befindet, wird die Bestrebung der Macher untermauert, in diesem speziellen Bereich keinen konkreten „Whodunit?“-Faktor aufzubauen: Im Zentrum der sich entfaltenden Story stehen ganz klar die Bemühungen Stephanies – unaufdringlich ergänzt seitens der Frage nach den Motiven der Tat, Spekulationen in Richtung eventueller Komplizen und Hintermänner sowie um den klassischen „Wettlauf gegen die Zeit“-Aspekt der Geschichte, auf welchen sich ja auch der (imo recht cool klingende) Titel bezieht. Der Mehrzahl der Antworten und Offenbarungen gelingt es letztlich allerdings nicht, in einem über den Durchschnitt hinaus reichenden Maße Zufriedenheit auszulösen – und so harmoniert selbst das (leider) auf eine gewisse Weise mit dem umfassenden Eindruck des Werks, dessen gleichermaßen mut- wie innovationsloses Drehbuch ein Ausschöpfen des (zweifellos) vorhandenen Potentials der Materie alles in allem verhindert hat. Immerhin wirkt die Handlung glaubwürdig und verärgert einen nicht mit irgendwelchen unlogischen Plot-Schlenkern und Twists, die einen unweigerlich die Augen rollen lassen – in der Beziehung sind getrost mal einige lobende Worte fällig, zumal ein bis zwei kleinere Überraschungen entlang des Weges (besonders im Schlussdrittel) beileibe nicht uninteressant sind und zudem nie irgendwie forciert herbeigeführt bzw. eingegliedert anmuten…

Die Regiearbeit Efrons ist kompetent – allerdings frei markant herausragender Eigenschaften, die eine „charakteristische Handschrift“ erkennen lassen oder einem über den Abspann hinaus in Erinnerung verbleiben. Das vorgelegte Tempo ist ruhig, aber straff, die knapp 90-minütige Laufzeit optimal bemessen – und trotz des Mangels an echter Hochspannung ist der Grad an Suspense noch immer annehmbar genug geartet, dass keinerlei Anflüge von Langeweile erkeimen. Zugunsten der heraufbeschworenen Atmosphäre, welche von bestimmten Ängsten, Hoffnungen und sonstigen intensiven Emotionen genährt wird, wurde (zum Glück) auf das Arrangieren platter Jump-Scares und vordergründiger Brutalitäten verzichtet, welche sich (ggf.) vermutlich ohnehin tendenziell eher unharmonisch in den Kontext eingefügt hätten. Unterlegt mit einem gut passenden Score tomandandys („the Strangers“/„Resident Evil: Afterlife“), sind es aber vor allem die von Cinematographer Gabriel Beristain („Ring 2“/„Blade 2&3“) toll eingefangenen, teils atemberaubend schönen Landschaften Argentiniens, die eine Menge zur vermittelten Stimmung beitragen und dem Streifen seine prägnantesten Momente bescheren. Eine graue, verlassene und nahe einem großen See gelegene Geisterstadt, welche angesichts all ihrer toten Bäume und zerstörten Gebäude fast wie nach einer Atombombenexplosion ausschaut, bietet etwa einen beeindruckenden Schauplatz für einige zentrale Sequenzen innerhalb der zweiten Filmhälfte. Im Gegensatz zu diversen anderen Werken spielen sich die meisten Ereignisse obendrein in hellem Tageslicht ab – erst zum Finale hin geht die Sonne unter, worauf sich so manch ein Schicksal in der pechschwarzen Dunkelheit der Nacht entscheidet…

Fazit: An sich handelt es sich bei „And soon the Darkness“ (2010) um einen soliden Thriller, der sich (erfreulicherweise) dem modernen „Torture Porn“-Trend weitestgehend verweigert sowie u.a. mit zwei ansprechenden Hauptdarstellerinnen, einigen fantastischen Locations und einem (im Ganzen) durchaus brauchbaren Unterhaltungswert aufzuwarten vermag – zugleich allerdings auch relativ schwer an seiner arg unoriginellen Skript-Vorlage krankt, welche der altbekannten Story leider weder neue Facetten noch Impulse abgewinnen konnte…

„5 von 10“

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