Review

Fassungslos sah ich die Anmerkungen auf „Filmzeit“, die Gutes an ST UP ID 3 fanden. Zugegeben, die Tanzszenen mögen in 3D vielleicht gut ausgesehen haben. In 2D – auf DVD - war davon nicht mehr viel übrig. Und drüber hinaus war auch sonst fast nichts geboten. Außer, man steht drauf, sich über
dummdreistes Konzept und Drehbuch lustig zu machen.

Kurz, der ganze Quatsch war ein Betrug an den Figuren und an einer am Anfang zitierten Moral – die behaupteten Werte, der edle Anspruch waren Schwindel, hohles Geschwätz. STUPID 3 ist ein weiteres Beispiel, wie eine Subkultur kommerziell ausgebeutet wird.

Nur eine einzige, also die schönste Tanzszene, jene im Gene Kelly / Fred Astaire / Ginger Rogers / Cyd Charisse usw. - Stil, stach heraus: es ging um eine BEZIEHUNG, statt um Artistik; sie fand im Freien, in frischer Luft unter offenem Himmel statt (nicht in irgendeiner pathosgeladenen Kunstwelt); es
ging nicht um Konkurrenz oder den Gewinn immenser Preisgelder, sondern um Lebensfreude; und eben um die Beziehung des Pärchens.

In dieser meiner Bemerkung zeigt sich mir schon das grundlegende Manko des ganzen Bombast-Quatschfilms: in der Einleitung und immer mal wieder mittendrin wird geschwätzt vom Tanzen als Identitätsstiftung, als inneres Bedürfnis, als Mittel zur Zusammenführung einer selbstgewählten Familie, als Weg zur Freiheit, individueller Selbstbestimmung usw. usf.

Alles hehre Motive und Ziele, die der Film aber nur vorschiebt und dann sofort zum Teufel haut: Zur Hauptsache wird nach wenigen Minuten das ständige „Battling“, der eifersüchtige und verkrampfte Kampf um Ansehen, Ruhm und vor allem um Preisgeld. Natürlich werden dann auch in der tollen
Familie/Gruppe diejenigen TänzerInnen gnadenlos gemobbt und gedisst, die vielleicht noch so was wie ein Leben außerhalb des Tanzes haben, oder gar auch noch was anderes lernen (studieren) wollen.

Zugleich befeuern die Tanz-“battles“ (und damit die unschuldigen, angeblich von hehren Motiven bewegten TänzerInnen) einen hektischen Wettzirkus, den die Kamera in Zwischenschnitten immer wieder zeigt (Mafia, Betrug, Doping-Skandale werden schon warten), der von den blauäugigen Tänzern aber einfach ignoriert wird. Das Drehbuch unterstellt ihnen also, dass ihnen trotz allen edlen Geschwätzes ihre Prostitution nicht bewusst, oder egal ist, dass sie also komplett blind und taub oder verantwortungslos sind. Nicht der einzige Verrat an den Figuren.

Apropos kommerziell: Auch wir sollen verarscht werden. So offensichtlich, dass es, je nach Stimmung, ärgert oder belustigt. Der Film entblößt sich selbst, auch bereits nach wenigen Minuten, als die „göttliche Erscheinung“ von
Nike-Turnschuhen (oder wie so Treter heißen) der Hauptfigur Moose einen überraschenden Energiestoß verpasst, so dass Moose sofort, wie besessen, diesen Plastiktretern hinterherjagt. Das bleibt nicht der letzte, lächerliche Auftritt von Nike-Schuhen im Film, grotesk auf die Spitze getrieben im Bild der gigantischen Wand von (ca.) 10 x 5 Metern, an der edelschuhgeschäftsmäßig hunderte von Schuhen ausgestellt sind. Vielleicht ist das sogar absichtlich als Verarsche platziert, schließlich wissen auch die Schuhmarken, dass sich mit
Selbstverarschung bei der jungen Subkultur punkten lässt.

Diese enorme Platzverschwendung, die Schuhwand, betreiben die Jugendlichen, die eigentlich permanent als obdachlos und in Pleite befindlich portraitiert werden, übrigens in ihrer Behausung, ihrer „Fabrik“, wo sie – direkt von der Straße aus – untergekommen sind. Trotz chronischer Pleite der Jugendlichen steht dieses riesige Fabrikgebäude aber selbstredend mitten in New York, einer Stadt der Mietrekorde, und bietet den Jugendlichen geradezu unendlichen Platz: ein Merkmal, kennzeichnend für einen totalen Quatsch-Film, der uns für dumm verkaufen will. (Diese Haltung ist übrigens verbreitet im Genre der Schund- und Quatsch-Filme.)

Auch anhand der Figuren werden wir für dumm verkauft: der sog. „Held“ Luke ist NATÜRLICH ein totaler Schönling mit Waschbrettbauch, der in einem riesigen Schlafzimmer haust, neben seinen Jobs als Clubbetreiber und Tanztruppenchef auch noch nebenbei als superbegabter Filmemacher präsentiert wird (obwohl sein „Filmemachen“ sich hauptsächlich auf's Abfilmen tanzender Disco-Mädels beschränkt) oder vor einem (teuren)
Hightech-Schnittplatz brütet. Trotzdem wird er an der Elite-Filmschule sogar angenommen, ohne sich selbst bewerben zu müssen (das macht die Tussi für ihn - die übrigens in einem noch größeren Designer-Palast haust, allein mit ihrem Bruder, und deshalb NATÜRLICH bei der ständig pleiten Tanztruppe unterkriechen muss).

Lukes Film läßt, eben im Vorspann von STUPID 3 (siehe oben) einige der TänzerInnen zu Wort kommen, die durchaus interessante Sachen sagen, dann im übrigen STUPID 3 aber kein einziges Wort mehr bekommen. So viel Intelligenz (oder Dialog) wollte ihnen das Drehbuch dann doch nicht zugestehen. Dafür dürfen Luke und seine Tussi umso gnadenloser sülzen.

Worte/Charakter usw. behält das Drehbuch den wenigen Hauptfiguren vor, z.B. jenem Schönling Luke, der wohl möglichst viele Sympathien auf sich vereinen soll, dabei aber vom Buch grandios verraten wird. Wahrscheinlich ohne dass es die Autoren gemerkt haben, ist er ein extrem selbstherrlicher Autokrat, der Sachen im Alleingang erledigt („Ich kümmer mich drum“), bzw. verbockt (weil er bei Geschäften als Trottel gezeigt wird), möglichst keinen zu Wort kommen lässt, im Alleingang das Geschick der Truppe entscheidet, also vergeigt, sich schmollend in die Kellnerkarriere verkriecht, die Tussi verjagt, weil sie eine Schwäche zeigt, seinen sog. „Freund“ Moose ausnutzt, mitschleift („Ich brauch Dich dort, unbedingt!“), obwohl Moose eigentlich von seiner allerbesten und einzigen Freundin gebraucht wird. Das aber interessiert Freund Luke nicht die Bohne, obendrein lässt er Moose „dort“ sofort links liegen – genauso egal ist Luke, dass Moose eigentlich eine Universitätsstudium absolvieren muss - usw. Alles „supi-schlaue“ Einfälle des Drehbuchs, um die Handlung zu treiben, wodurch aber die Figuren und das Publikum verraten werden.

Auch dieser Moose, die zweite männliche Hauptfigur, wird wenigstens nicht als arroganter Macho gezeichnet, sondern, zwar ähnlich einfältig, aber immerhin, als liebenswert-putziger, lustiger Kindskopf (er ist eben der Fan von
Nike-Schuhen). Er darf dann sogar die Tanztruppe retten, benimmt sich gegenüber seiner Freundin aber ebenfalls wie der letzte Vollidiot: das Drehbuch nimmt also auch ihn nicht ernst.

Auch die finale Tanzeinlage unserer HeldInnen wurde geradezu grotesk verkorkst. Die Leute hatten den Wettbewerb schon aufgegeben, wurden dann aber irgendwie umgestimmt und traten doch auf: Da zeigte sich, dass sie ihren größten Trumpf, (albern bunt) selbstleuchtende Tanzkostüme, noch gar nicht aus der (Motten-)Kiste geholt hatten. Aufgeben, ohne ihr Bestes (die
Leuchtkostüme, nicht etwa eine Tanznummer) gezeigt zu haben: Wozu
dann überhaupt erst auftreten?!

So entnervt, erschienen mir schließlich auch die Tanzszenen als Belästigung meiner Sinne, ungefähr wie die Betrachtung einer Häckslers in Aktion, und das aus nächster Nähe, ohne Hörschutz. Punkte gibt’s nur für den extremen Quatsch, der schon wieder einen Wert für sich darstellt.

Details
Ähnliche Filme