Die junge Lehrerin Yuko Morigucho (Takako Matsu) konfrontiert ihre Klasse kurz vor den Ferien mit einer schockierenden Enthüllung: ihre kleine Tochter starb nicht, wie alle zunächst annahmen, bei einem tragischen Unfall, sondern fiel einem Mord zum Opfer. Begangen wurde dieser Mord von zwei Schülern ihrer Klasse. Damit löst Yuko eine Kette (gewollter) katastrophaler Ereignisse in Gang, die ihren Rachedurst stillen soll.
Tetsuya Nakashimas Film (er wurde dieses Jahr von der japanischen Filmakademie als Beitrag des Landes zum Auslandsoscar eingereicht) hat mich, um es kurz zu machen, völlig umgehauen. Die Rachegeschichte ist nicht wirklich neu, doch verstörend hier ist schon, mit welcher Perfidie und Konsequent die Lehrerin Yuko gegen zwei Kinder, ihre Schüler, vorgeht. Das ist sicher stellenweise gewöhnungsbedürftig und für einige Zuschauer sicher sehr schockierend, doch ihr tief empfundener Schmerz macht da keinen Unterschied. Zudem ist Nakashimas Film so stilvoll, so elegant, so irritierend, so wunderschön inszeniert, das er endlich mal wieder (ebenso wie Gaspar Noe's "Enter the Void") den Zuschauer visuell herausfordert und sicher, v. a. durch den exzessiven Zeitlupengebrauch, auf Kritik stoßen wird. Ich fand es jedoch erfrischend, wieder einen Film zu sehen, der endlich die üblichen Schnitt/Gegenschnitt-Ästhetik mit gelegentlichen Totalen oder rasanten Schnitten völlig außer Acht ließ und eine eigene visionäre Bildsprache zu entwickeln versucht (und in meinen Augen damit erfolgreich ist).
Die Musik von Toyohiko Kanahashi trägt ein Übriges dazu bei, das sich der Film bei mir so eingebrannt hat. Sie ist ein latent beunruhigender, doch wunderschöner elektronischer Klangteppich, der die bohrende Intensität des Geschehens forciert. Zudem tauchen noch (passenderweise) einige Pop-Stücke auf, so von Radiohead.
Präzise wie ein Uhrwerk bis zum bitteren Ende entwickelt sich Yukos Rache an den Schülern und immer ist der Zuschauer gefordert, dass zu hinterfragen, was er auf der Leinwand sieht. Stimmt ihre Geschichte (ihr Geständnis/confession) oder vielmehr doch die der Schüler? Oder ist die Wahrheit doch, wie so oft, irgendwo dazwischen?
Wie gesagt, Rachegeschichten, gerade aus Asien, gibt es viele, doch nur wenige haben eine so geradezu schmerzhafte Eleganz wie diese.
Für mich einer der besten Filme, die ich 2011 bisher gesehen habe, vielleicht sogar der beste. Bisher scheint er in Europa nur in England erschienen zu sein, leider noch nicht hierzulande.
Ein sehr empfehlenswerter Abstieg in menschliche Abgründe und kindliche Albträume, eine Welt der Grautöne, wo nur das tote Mädchen in strahlendem Weiß verbleibt.