Richard Linklater gilt als Idol der Slacker, nicht umsonst widmete er dieser Gruppierung einen gleichnamigen Film. Doch das Rumhängen ist etwas, das viele seiner Filme auszeichnet, das Zeitverbringen mit seinen Figuren, etwa dem Paar aus seiner „Before…“-Reihe oder auch einer Gruppe von Highschool-Schülern.
Man schreibt das Jahr 1976, daran ändert auch teilweise musikalische Untermalung von zeitgenössischen Bands wie Aerosmith nichts dran, und diesen Spirit will Linklater einfangen. Vor allem den des Sommeranfangs 1976, als sich die Schüler in die Sommerferien begeben, was aber nicht einfach nur ein Schulende ist: Die Footballspieler sollen eine Vereinbarung unterzeichnen, in der sie Drogen abschwören, was vor allem Pink (Jason London) in Konflikte bringt, während die älteren Schüler Erniedrigungsrituale mit den Jüngeren durchführen um diese auf ihre Plätze zu verweisen: Die Jungs werden mit Paddel versohlt, während die Mädels Ekelaufgaben unter der wachsamen Augen der geifernden Zuchtmeisterin Darla (Parker Posey) durchführen müssen. Doch am Abend sind dann Party, Flirten, Liebe, Saufen und Drogen angesagt…
Es ist schon sehr schön anzusehen wie Richard Linklater gleichzeitig einen Zeitgeist einfängt und doch ein universelles Lebensgefühl vermittelt, mit dem sich auch Menschen identifizieren können, deren Schulzeit nicht in die 1970er fiel. Dabei streift Linklater auch gesellschaftliche Fragen, gerade die Rollen von Jugendlichen und baldigen Erwachsenen im Gefüge der Gesellschaft ohne gleich einen bleischweren Themenfilm daraus zu machen. Anhand seines nicht gerade kleinen Ensembles von etwas mehr als 20 Figuren beleuchtet Linklater Positionen vom Außenseiter bis zur Anführerin der Mädelsclique, vom Stoner bis zum Sportstar, und zeigt dabei wie jeder seine individuellen Sorgen und Nöte hat, gerade was Erwartungen und Rollen angeht, auch wenn das manchmal etwas plakativ ausgesprochen wird, wie im Falle von Pinks Footballkarriere und den dazugehörigen Ansprüchen. Dabei schlägt Linklaters Herz klar für die Kiffer und Außenseiter, etwa jene Crew älterer, die Freshman Mitch (Wiley Wiggins) mitnehmen, mit ihm abhängen und feiern, ohne dabei große auf Unterschiede zwischen älteren und jüngeren Schülern zu bestehen. Dafür sind dann eher Figuren wie die herrische Darla oder der mit sadistischer Freude das Paddel schwingende O’Bannion (Ben Affleck) zuständig, die Linklater schon als weniger sympathische Figuren zeichnet, aber auch nicht vollends verteufelt: Sie haben die Macht andere die Rituale durchstehen zu lassen, die sie selbst ertragen mussten, und sehen auch keinen Grund daran etwas zu ändern. Widerspruch ihrer Mitschüler gibt es kaum, wenn diese nicht ebenfalls mit Freude am Erniedrigen Jüngerer und Schwächerer teilnehmen.
„Dazed and Confused“ folgt seinem Figurenpanoptikum eine Nacht und einen Tag lang, verzichtet dabei auf Sachen wie Plot oder Struktur. Anhand wiederkehrender Figuren werden Episoden aus dem Lebensalltag der Schüler dargestellt, keine Geschichte, kein Element wirklich bedeutsamer als die anderen dargestellt. Natürlich gibt es auch Figuren und Momente, die sich eher einbrennen, etwa das Paddeln eines Schülers, das in Zeitlupe eingefangen wird wie das Sterben im Kriegsfilm, oder Matthew McConaughey als David Wooderson, einer herrlichen Schmierlappenrolle: Wooderson ist eigentlich schon Anfang Zwanzig, hängt aber immer noch mit Schülern ab, für die er allein aufgrund seines Alters ein cooler Typ ist und damit auch entsprechenden Schlag bei den Mädels hat. Doch gleichzeitig ist Wooderson auch eine jämmerliche Figur, fragt man sich doch wie lange er die Tour noch durchziehen kann und ob er Pläne für das Danach hat.
Doch McConaughey ist nur einer von vielen in einem Ensemble, das einige spätere Stars enthält. Da ist der hier etwas füllige Ben Affleck als Bully, da ist Parker Posey mit einer grandios-schrillen Performance als Oberbitch, während Milla Jovovich in einer frühen Rolle, die aber eher eine Randfigur bleibt. Ebenfalls eher klein sind die Rollen von Cole Hauser und Joey Lauren Adams, während andere Darsteller mit gewichtigeren Rollen nicht so groß rauskommen: Jason London und Rory Cochrane sind auch unter Nebenrollengesichtern bestenfalls halbwegs bekannt, Wiley Wiggins hingegen konnte kaum noch eine Rolle von Bedeutung ergattern. Einen sehr frühen Cameoauftritt hat eine junge Renée Zellweger.
Doch egal wie sehr der Einzelne nun von „Dazed and Confused“ profitierte, Richard Linklaters Ensemble ist famos gecastet für diesen Film, mit dessen Charakteren man gerne für etwas mehr als 90 Minuten abhängt, der die Vermittlung eines Lebensgefühls über große Drehbuchvolten stellt und trotz einen enormen Menge an Charakteren auf jeden einzelnen mehr oder weniger einzugehen weiß. Das ist auch eine Kunst.