"Sie nehmen sich selbst nicht so ernst", heißt es im Vorspann zur US-Actionserie "Das A-Team". Daraus abgeleitet hatte die Kinoadaption gleich einen Faktor zu bedenken, der bei anderen Serien-Verfilmungen nicht unbedingt bedacht werden muss: "A-Team – Der Film" würde nicht die erste Reflektion der Serie sein, nein, die Serie hatte sich schon längst selbst reflektiert, als sie noch lief. Nur die wenigsten Serien begannen als ambitioniertes Projekt und verwandelten sich quasi aus sich selbst heraus in etwas, das man fast schon als "postmodern" bezeichnen könnte. "Howling Mad Murdock"-Darsteller Dwight Schultz brachte es einmal auf den Punkt: er sei Protagonist einer Kinderserie, ließ er in einem Interview verlauten. Die Produzenten trauten ihren Ohren nicht, doch traf diese Feststellung millimetergenau die Entwicklung des Vier-Mann-Teams von in Ungnade gefallenen Ex-Militärs. Es genügt ein Blick in die Gesichter des verrückten Murdock, des verspielten Face (Dirk Benedict), des verpeilten B.A. (Mr. T) und des verschmitzten Hannibal (George Peppard), und eine Sache wird klar: Vietnam ist nicht mehr das Trauma, das Sylvester Stallone 1982 mit "Rambo" nachzeichnete. Schon 1983 erreichte die Heilung der amerikanischen Vietnamwunden mit Instant-Explosionen, Trampolinstunts, Bud-Spencer-Prügeleien, Platzpatronenballereien und blöden Witzen ein gesundendes Stadium.
Für Joe Carnahan ergibt sich dadurch eine recht komfortable Situation: er hat mehr oder weniger sturmfreie Bude, was seine Interpretation des ohnehin recht inhaltsarmen Stoffes angeht – solange er ein paar Markenzeichen hinüberrettet und sich dabei nicht zu einem comichaften Schmierentheater hinreißen lässt, wie beispielsweise die jüngste "Lucky Luke"-Verfilmung eines war – mit Abstrichen auch, um im Metier zu bleiben, die "Charlie's Angels"-Verfilmungen oder wenigstens die zweite von ihnen.
Sah man Liam Neeson, der zwar zuerst als Abräumer in "96 Hours" beeindruckte, sich dann aber in "Kampf der Titanen" blamierte, mit erblichenem Haar und dicker Zigarre vom Poster grinsen, so war besagtes Schmierentheater zu befürchten. Ohnehin bergen die insbesondere im Zusammenspiel comichaft anmutenden Originalfiguren viel Gefahr, sie zu sehr auf die Spitze zu treiben. Das Ergebnis neckischer Spielchen zwischen B.A. (jetzt Quinton "Rampage" Jackson) und Murdock (jetzt Sharlto Copley) hätte eine gewaltige Peinlichkeit werden können, Facemans (jetzt Bradley Cooper) Casanovismus unfreiwillig komisch und Hannibals (jetzt Liam Neeson) Alphastatus schlichtweg unsympathisch.
So tat Carnahan gut daran, die potenziell fatale Gruppendynamik des Teams mit einer Mischung aus 1. Bourne'schem Authentizitätsanspruch und 2. mundwerkversiegelnden Over-The-Top-Actionsequenzen zu erden.
Viel Kritik kam erwartungsgemäß aus dem Lager der Konventionsbewahrer, die Abweichungen vom Original grundsätzlich ablehnen. Zu "modern", heißt es hier, sei die gesamte Bildsprache, zu wenig erinnere an die 80er Jahre und die Story sei eine einzige wirre Zumutung, die den simplen Schablonen der TV-Serie wortwörtlich gegen den Strich liefe; wo George Peppards Pläne, um es bildhaft zu sagen, auf einem Bierdeckel Platz gefunden hätten, da braucht es bei Liam Neesons Einfällen schon eine Papierfabrik. Und wirklich tut das Drehbuch dem Film keinen Gefallen, betrachtet man ihn isoliert; als moderner Actionfilm gesehen weiß "A-Team – Der Film" sich nicht zwischen klassischem und modernen Stil zu entscheiden.
Dass die neuen Hauptfiguren aber vermutlich erst dadurch funktionieren, dass man sie mit der Regie überzeichnet, wird erst klar, wenn man sich vorstellt, welche Auswirkungen ein komödienlastigerer Ansatz hätte haben können. Die Verschleierungsmittel des schnellen Schnitts und des mit Prequel-, Sequel- und Jetztzeitelementen aufgeplusterten Drehbuchs bauen stattdessen ein Hindernis auf, gegen das die vier Mann starke Alphaeinheit sich gemeinsam die Zähne ausbeißen darf. So gelingt das Kunststück, die alten Figuren mit neuem Geist aufzufrischen, sie angesichts der Modernität ihres Umfelds aber ähnlich "analog" wirken zu lassen wie John McClane in "Stirb Langsam 4".
Jeder der Schauspieler zeigt in der Interpretation seiner Rolle ausgeglichene Stärken und Schwächen, was das prinzipielle Gelingen der Neuauflage unterstreicht. Liam Neeson ist beileibe nicht die Karikatur, die er im Promomaterial noch zu sein scheint, legt seine Rolle auch angenehm anders, nämlich ernster aus als George Peppard, steht aber eindeutig am tiefsten im Schatten seines Vorgängers. Das hatte man eigentlich von UFC-Fighter Quinton Jackson annehmen müssen, der als filmisches Leichtgewicht Fanliebling Mr. T beerben musste. Tatsächlich erweist sich B.A. Baracus jedoch als leicht anzueignende Rolle. Mit seiner zwischenzeitlichen Abkehr von der Gewalt eignet ausgerechnet Jackson sich die großen Fußstapfen fast spielend an, sicherlich auch bevorzugt dadurch, dass er Hauptträger des augenzwinkernden Kommentars zur Eigenschaft der Serie ist, praktisch keine Toten auszuweisen und dies erst recht nicht on screen. Bradley Cooper macht aus der leichtfüßig-galanten "Mich-interessieren-andere-Dinge-mehr-als-unsere-Aufträge,-zum-Beispiel-Frauen"-Einstellung Dirk Benedicts etwas Genussvolles, ja fast Hedonistisches. Der Elan, mit dem Cooper hinter den Frauen und seinen Gegnern her ist, überträgt sich spielend auf den Zuschauer, allerdings läuft er gleichzeitig auch am meisten Gefahr, zu der anfangs angesprochenen Karikatur zu werden. Dies wiederum hätte man noch am ehesten dem Paradiesvogel "Howling Mad" Murdock zugetraut. Sharlto Copley, dem man die Rolle nach "District 9" unbedingt zutraute, hält sich aber erstaunlich stark zurück mit Spirenzchen und ist vielleicht noch am nächsten am Original dran. Sowohl Schultz als auch Copley wählen die nicht ganz offensichtliche Wahnsinnigkeit als Ausdrucksmittel und gehen mit rationalem Gesichtsausdruck an ihr teuflisches Werk. An Schultz' Murdock muss man sich letztendlich die Zähne ausbeißen, wenngleich es vermutlich umgekehrt wäre, hätte Schultz Copley beerben müssen.
Im Supportcast gelingt Jessica Biel nicht sonderlich viel, womit sie sich allerdings nur in das traditionelle weibliche Rollenbild der Serie begibt, hübsch, tough und intelligent sein zu dürfen, dies aber eben nur als Schein, der von den Fähigkeiten der Männer überstrahlt wird. Patrick Wilson derweil ist beileibe nicht die Reinkarnation von Lynch, als die er im Film hingestellt wird, muss das aber auch nicht; schleichend wird seine Präsenz von Minute zu Minute größer.
Gemeinsam mit diesen ambivalenten Figuren, so ambivalent wie das Filmkonstrukt, dem sie angehören, geht es in ein wirres Abenteuer, das sich aus hektischen Schnitten, zwischen Ernst und überdrehtem Wahnsinn pendelndem Dialog, Zeitsprüngen und fließend eingebauten Krawumm-Abschnitten speist und alles mit Relikten aus der Urquelle garniert. Da begegnet uns der schwarze GMC Van mit dem roten Streifen, um wenige Minuten später gnadenlos zertrümmert zu werden; da kehrt B.A.'s Flugangst zurück und bekommt eine Entstehungsgeschichte spendiert; da werden Szenarien mit klassischen Hafencontainer-Sets aufgefahren; da wird mit Freude die catch phrase "I love it when a plan comes together" gesprochen. Wenig davon – die 3D-Szene vielleicht – ist herausragend, bis auf Schlüsselreize erinnert auch nur noch wenig an die fast schon dreißig Jahre alte Actionserie, Kritik ist viel zu üben, doch derart unverbindliches Actionkino wird der diesjährige Spätsommer nicht mehr bieten.
(6.5/10)