Der einleitende, ans Publikum gerichtete Monolog eines aus einem Kofferraum kletternden Sheriffs:
“In the Steven Spielberg Movie ‘E.T’.: Why Is The Alien Brown? – No Reason.
In ‘Love Story’: Why Do the Two Characters Fall In Love With Each Other? – No Reason. […]
In ‘Texas Chainsaw Massacre’ by Tobe Hooper: Why Don’t We Ever See the Characters Go to the Bathroom? Or Wash Their Hands Like People Do In Real Life? – Absolutely No Reason. […] All Great Films Without Exception Contain An Important Element of 'No Reason'. And You Know Why? Because Life Itself Is Filled With 'No Reason'.
Why Can’t We See The Air All Around Us? – No Reason.
Why Are We Always Thinking? – No Reason.
Why Do Some People Love Saucages And Other People Hate Saucages? – No Fucking Reason. […]
The Film You Are About to See Is An Homage to the 'No Reason', That Most Powerful Element Of Style.”
In der Wüste erhebt sich ein alter Autoreifen aus dem Sand und rollt munter drauf los. Seine Mission fortan: alles und jeden umbringen, der ihm in die Quere kommt. Wie er das macht? Mittels Telekinese, vermutlich. Er starrt (ganz genau: starrt) sein Opfer an, das Gummi beginnt zu zittern, dies steigert sich in das Tremolo-Rasseln einer Klapperschlange und dem Opfer platzt der Schädel. Der Reifen ist somit als Scanner überführt.
Von der Wüste aus verfolgt ein Publikum das Geschehen mit Ferngläsern. Eine Art Reiseveranstalter versorgt die Tag und Nacht auf Klappstühlen ausharrende Gruppe mehr schlecht als recht, lässt sie hungern und dursten. Als die Handlung zum Erliegen kommt, setzt er allen vergifteten Truthahn vor, woraufhin alle bis auf einer ins Gras beißen.
An die Fersen des Reifens heftet sich der etwas abgehobene Sheriff, von dem auch der Anfangsmonolog stammt. Mitten im Film ist er der Meinung, der Film sei vorbei, und versucht daraufhin seine Kollegen davon zu überzeugen, dass sie sich alle nicht in der Realität, sondern in einem Film befinden und da dieser jetzt zu Ende ist, sie alle getrost nach Hause gehen können.
Totaler Schwachsinn! Aber wirklich totaler! Der Film macht so was von gar keinen Sinn… Ach ja, soll er ja auch nicht, ist er doch als Hommage an das „No Reason“ gedacht. Der Humor, der bei all den unzähligen Hirnverbrühtheiten entsteht, dürfte von einem Großteil des Publikums kaum mehr als solcher zu identifizieren sein, sondern nur noch als stupider Blödsinn. Wem dieser Antihumor zusagt, wird jedoch vorzüglich bedient.
Es bleibt die Frage offen, ob dieser Film überhaupt für ein Publikum gedacht ist, oder es sich schlichtweg um aalglatte und konsequent durchgezogene Publikumsverarsche handelt. Klar, viele Filme, die mit pompösen Trailern locken, viel Action oder Horror versprechen und dann nichts einhalten, sind im Endeffekt Publikumsverarschungen. RUBBER jedoch erhebt seinen Mittelfinger ganz gezielt in Richtung des Publikums, das immer nach tieferen Sinn, Logik und Aussage sucht. Dergleichen wird hier nämlich nicht geboten.
Wir hatten bereits Killertomaten, Mörderrucksäcke, Amok laufende Fahrstühle und seit kurzem sogar zwei boxende Blenis in ihrer eigenen Dokumentation. RUBBER stellt im Grunde also nur eine konsequente Weiterentwicklung jenes Nonsens-Horrors dar. Warum griff der Weiße Hai brave Schwimmer an? – No Reason. Warum reist der Terminator nackt durch die Zeit und nicht mit Badehose? – No Reason. Warum legt die Alienkönigin ovale Eier und keine würfelförmigen? – …Ich glaube, ihr habt verstanden, auf was das hinausläuft.
Eines muss man dem Streifen zu Gute halten: Er hat wirklich Style. Die Kameraführung zeugt von Können. Ganz allgemein trägt RUBBER keineswegs das Gewand einer schäbigen Billigproduktion wie seine trashigen Verwandten. Ganz im Gegenteil sogar. Hier war richtig Kohle am Start. Und da es sich bei dem Killer eben nur um einen schäbigen Reifen handelt und die Settings nur aus der Wüste und einem Motel bestehen, hat man das Geld eben in hochwertige Ausrüstung, wie z.B. Kamera, gesteckt, was man dem Film durchaus ansieht.
Auf die Ohren gibt’s außerdem feine Beats von Regisseur Quentin Dupieux persönlich, der wohl besser unter seinem Pseudonym Mr. Oizo bekannt ist. Der Franzose kam Ende der 90er mit „Flat Beat“ groß raus. Wenn er weiterhin solche bizarren filmischen Ergüsse abliefert, kann er das Musikmachen wohl bald sein lassen.
Was soll man abschließend zu RUBBER sagen? Nichts, außer dass man diesem sich jeglicher Logik versperrenden Stück „High Quality Trash“ doch durchaus eine Chance geben sollte.
Flubber: (-)(-)(-)(-)(-)
Rubber: (+)(+)(+)(+)(-)
Fazit:
Abgefahren! Völliger Schwachsinn, trotzdem sehr sehenswert. Warum? – No Reason.