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Wohin die Reise geht, wird schon im Vorspann deutlich, der die Vergangenheit der beiden Protagonisten und besten Kumpels, Tommy (Jakob Matschenz) und Sule (Burak Yigit), in kurzen Szenen abreißt - Tommy, eher etwas zurückhaltend, lässt sich von größeren und älteren Jungs einschüchtern und Sule schlägt sofort zu. Seit Sule ihm als Kind einmal auf diese Weise geholfen hat, sind sie miteinander befreundet. Sie teilen Freude und Trauer, träumen von einer gemeinsamen Zukunft, und dealen nebenbei mit Drogen, um sich ein paar Dinge leisten zu können.

Doch die Gegenwart sieht düster aus, denn bei Tommy wurde eine größere Menge Haschisch gefunden, weshalb er für ein halbes Jahr ins Gefängnis muss - mit allen dazu gehörigen Konsequenzen. Er fliegt von der Schule und seine Freundin Sina (Aylin Tezel), der er versprochen hatte mit dem Dealen aufzuhören, will nichts mehr von ihm wissen. Nicht ohne Grund heißt der Film "Bis aufs Blut" und kommt sowohl optisch als auch musikalisch im Stil der Rapper daher - denn das Leben ist hart, das Leben im Ghetto ist härter, aber am härtesten ist es in diesem Film.

Wahrscheinlich hat es zu viele Filme über das Leben der deutschen Jugend in der Großstadt gegeben, die zu weich gespült und optimistisch rüber kamen, weshalb Oliver Kienle, der sowohl für die Regie, als auch das Drehbuch verantwortlich zeichnete, dem einmal etwas Konkretes gegenüber stellen wollte. Und die Idee von der Freundschaft zwischen zwei Jungs aus dem Viertel, die zum Strudel in die Kriminalität wird, ist zwar nicht neu, aber keineswegs unrealistisch oder unspannend. Das Ganze zudem noch im Gangsta-Rap-Style zu drehen, ist nur konsequent, denn Übertreibung und Zuspitzung sind immanente Haltungen dieser Lebenseinstellung.

Nur müsste sich das auch auf sämtliche sonstige Details des Films auswirken, aber schnell outet sich die Rap-Attitüde als Äußerlichkeit, denn abgesehen von ein paar Wackelbildern und der Filmmusik, erzählt Kienles Film eine Geschichte aus Würzburg - und damit aus der deutschen Provinz. Nur das der ständige Pessimismus nicht zur sonst realen Anlage passen will. So ist es schon seltsam, dass Tommy, der mit seiner Mutter (Simone Thomalla) in einem gutbürgerlichen Reihenhaus lebt, und gerade dabei ist, sein Abitur zu machen, bei seiner ersten Straftat gleich verknackt wird. Logisch, dass er zudem mit drei Typen in eine Zelle gesperrt wird, deren Sadismus sofort Siegburgsche Ausmaße annimmt. Genauso wie kein Wärter mitbekommt, wie der Junge systematisch gequält wird.

Zu Beginn wirkt das noch ganz überzeugend, aber je mehr man Tommys Hintergrund mitbekommt, desto fragwürdiger wird diese Sichtweise. Natürlich gibt es die Sprachlosigkeit zwischen ihm und seiner Mutter, die Andere psychologisch berät, ihren eigenen Sohn aber nicht erreichen kann, aber das sind normale Pubertätsprobleme, die keinen so radikalen Niedergang begründen können. Umgekehrt gibt sich der Film keine Mühe, die Hintergründe der Existenz seines türkisch-stämmigen Freundes näher zu betrachten. Dieser bleibt die gesamte Zeit der Kumpel, der zwischen großer Klappe und Undiszipliniertheit hin und her driftet, und der nur wenig Rücksicht auf Tommys Bewährungszeit nimmt. Warum er so handelt oder welche Intentionen in ihm schlummern, erfährt der Betrachter nicht. "Bis aufs Blut - Brüder auf Bewährung" wird nur aus Tommys Sicht erzählt und damit sein Versuch, dem kriminellen Strudel zu entkommen, seine Freundin wieder zu gewinnen und irgendwann doch einen anständigen Beruf zu erlernen.

Sein Freund Sule wird immer mehr zur - im Grunde einzigen - Belastung für ihn, weil er zwischen Solidarität und dem Wissen, dass dieser ihm schadet, wankt. Darin wird auch eine verlogene Moral deutlich, die die angebliche Radikalität des Würzburger Nachtlebens für ihre Botschaft nutzt. Kaum geht Tommy einmal aus einer Kneipe, wird er gleich von ein paar Schlägern angebaggert und verhält sich dabei noch so ungeschickt, dass Sule ihm wieder zu Hilfe kommen muss. Auch die Polizei besteht nur aus Erfolgsstrategen, die die gesamten jugendlichen Drogen-Dealer und Konsumenten gegeneinander ausspielt, ohne einen Gedanken an irgendwelche Zusammenhänge zu verschwenden - entweder du bist ein Verräter oder du kommst in den Knast.

So dramatisiert der Film diese Freundschaft künstlich, um Tommy letztlich reinzuwaschen, der als geradliniger, treuer und doch in seinen letzten Entscheidungen konsequenter Typ abtreten darf, während Sule die Arschkarte gezogen hat - da nutzt der coolste Style nichts, wenn die Botschaft letztlich so uncool daher kommt (3/10).

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