Nicht zu Unrecht genießt „Wild Things“ einen guten Ruf, der ihm immerhin auch zwei völlig unsinnige und überflüssige, weil genau dem selben Schema folgende Fortsetzungen einbrachte. Das Potential des von Stephen Peters („The Fourth War“, „The Wolves“) erdachten Plot um Intrigen, Sex, viel Geld und haufenweise doppelt spielender Figuren schöpft Regisseur John McNaughton („Henry: Portrait of a Serial Killer“, „Mad Dog and Glory“) jedenfalls voll aus und verpackt ihn in eine traumhafte Hochglanzoptik, die jemand verantwortet, der sich damit auskennt. Kameramann Jeffrey L. Kimball durfte viermal unter Tony Scott („Top Gun“, „Man on Fire“) die Optik polieren.
Angesiedelt im schwülen Florida, nahe der Everglades, entfaltet sich ein Thriller, der kaum wendungsreicher sein könnte. Vertrauenslehrer Sam Lombardo (Matt Dillon, „There's Something About Mary”, „Crash”) lässt für einen guten Zweck seinen Jeep, wie jedes Jahr, von zwei Schülerinnen der Abschlussklasse waschen. Als er einen Tag später bezichtigt wird die schwerreiche Chloe (Denise Richards, „Starship Troopers“, „The World Is Not Enough“) vergewaltigt zu haben, weiß er nicht wie ihm geschieht. Plötzlich droht dem Frauenschwarm eine Anklage und die Ruinierung seines guten Rufs...
Doch das soll erst der Auftakt zu einer Geschichte sein, die so viele Finten legt, dass zugegeben es dem einen oder anderen Zuschauer mit der Zeit zu blöd werden kann, denn bei „Wild Things“ ist nichts so wie es scheint. Jeder treibt sein eigenes Spiel, hintergeht scheinbare Mittäter, nur um den eigenen Vorteil zu sichern. Mehr zu verraten würde den ganzen Film zerstören, deshalb nur so viel: Niemand ist das, was er zu sein vorgibt. Mit der Zeit ermüden diese ewigen Twists zwar und man scheint die nächsten, weil sie eben so unmöglich erscheinen, zu erahnen, größtenteils funktioniert der Film so aber.
Die namhafte Starriege, teilweise zwar mindertalentiert, aber dafür passend besetzt, trägt ihr übriges zum Gelingen bei. Matt Dillon, Ende der Neunziger auf einem Karrierezwischenhoch, passt als Frauen am Fließband flachlegender, unwiderstehlicher Lehrer wie die Faust aufs Auge, während Neve Campbell, zart auf Gothic-Braut getrimmt, nach den ersten beiden „Scream“ – Filmen wohl so etwas wie ein Imagewechsel vorhatte. Denise Richards, die ja inzwischen gar nicht mehr gefragt ist und dank „Starship Troopers“ kurzzeitig soviel Publicity genoss, dass es sogar zum Bond-Bunny reichte, überzeugt als verzogenes Luxus-Gör. Freilich geizen beide nicht mit ihren reizen, lesbische Momente gibt es auch und wer Richards einmal in „Wild Things“ beim Autowaschen gesehen hat, dürfte das auch so schnell nicht wieder vergessen. So limitiert die schauspielerischen Fähigkeiten der drei auch sind, sie fügen sich perfekt in ihre Charaktere, weil die, bis auf Campbells Ausnahme, wie angegossen passen. Von ganz anderem schauspielerischem Kaliber sind da schon Kevin Bacon („Tremors“, „Hollow Man“) als Cop, der im übrigen auch die treibende Kraft hinter dem Film war und Bill Murray („Ghostbusters“, „Charlie's Angels“), der als Anwalt dem Film den nötigen Schuss Humor mit auf den Weg gibt.
Sicher, wer möchte kann sich auf die plakative Optik oder die berechnende Besetzung des Films stürzen. Der Rest lässt sich einfach treiben und versucht herauszuklamüsern wer denn da nun wirklich die Fäden in der Hand hält und löst die Verstrickungen, bevor der Abspann, der die vorenthaltenen Schlüsselszenen parat hält, es selbst tut. Genauer betrachtet konstruieren die Strippenzieher da letztlich einen Coup zusammen, der so unmöglich viele spontane Verhaltensweisen mit einplant, dass der Plan eigentlich scheitern muss, aber wer zerlegt schon einen Plot in seine Einzelteile, wenn er bis in den letzten Take den Zuschauer so grandios bei der Stange hält.
Fazit:
Ich will hier keineswegs eine Lanze für den Film brechen, denn allein was die doch reichlich oberflächlichen Hauptcharaktere auf Daily-Soap-Niveau angeht, liegt bei „Wild Things“ einiges im Argen und der restlos durchkonstruierte Plot benötigt auch Gevatter Zufall um so zu funktionieren, aber John McNaughton wusste nun mal, wie er den Stoff zu besetzen und optisch aufzubereiten hatte, um so richtig für Skandalpotential und Gesprächsstoff zu sorgen. Der Film ist fraglos spannend, zeitweise wegen seiner vielen Twists zwar auch ermüdend, dafür allerdings auch mit einer stimmigen Hochglanzoptik, passend zum traumhaften Florida versehen und ideal besetzt. Nur bitte nicht an der künstlich geglätteten Oberfläche kratzen, an die klammere ich mich nämlich krampfhaft bei jedem erneuten Anschauen.