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Mit seiner sechs Bände umfassenden Scott Pilgrim-Reihe kreierte der kanadische Cartoonist Brian Lee O’Malley eine der herausragenden Comicserien der letzten Jahre, die durch ihre Fülle an Sprachwitz und Popkulturzitaten punktgenau das Lebensgefühl einer Generation abbildet, die ein Leben ohne elektronische Medien nur noch aus Geschichten von anno dazumal kennt. Natürlich wird auch das Beziehungsleben von selbigen nicht unwesentlich beeinflusst, sei es in Form von amourösen Kurznachrichten oder Liebesbriefen per E-Mail. Im Falle des notorischen Slackers und Musikers Scott ist es die Bestellung bei einem Onlinebücherversand, die ihn seiner Traumfrau Ramona näher bringt. Es könnte alles so schön und einfach sein, wären da nicht die zahlreichen Stolpersteine: Angst, Unsicherheit, eine noch nicht ganz überstandene Kurzzeitbeziehung und zu allem Überfluss noch Ramonas sieben böse Exfreunde, die nichts geringeres wollen als Scotts Tod.

Das Gleichnis von der Liebe als Schlachtfeld ist noch um einiges älter als der auch schon nicht mehr sonderlich aktuelle Titel von Pat Benatar, aber selten wurde es so konsequent wörtlich genommen wie in O’Malleys Comics und nun auch in Edgar Wrights Kinoadaption, die den Geist der Vorlage nahezu perfekt auf die Leinwand überträgt: Eigenwillig geschnittene Szenenwechsel finden sich hier ebenso wieder wie Einblendungen von Wörtern, Sätzen und sogar Geräuschen oder absurd-geniale Einfälle wie beispielsweise das „Urin-O-Meter“. Dieser hemmungslos verspielte Stil wird von Anfang bis Ende durchgezogen und findet seine Höhepunkte in den durchgeknallten Kampfszenen, die als eine Art gigantisches Videospiel inszeniert sind – inklusive Punkte, Münzen und Extraleben. Bis zum finalen Bossgegner.

Und doch bleibt Scott Pilgrim vs. The World stets eine Liebesgeschichte, in deren Kern sich die altbekannten Fragen über die Auswirkungen von falschen Entscheidungen, das Weglaufen vor den eigenen Gefühlen, fehlende Selbstachtung und das Erwachsenwerden an sich wiederfinden. So klassisch diese Themen auch sind, so erfrischend anders ist die Art und Weise, mit derer man sich ihnen hier annimmt.

Für den Titelpart hätte man wohl keinen passenderen Darsteller finden können als Michael Cera, das Vorzeigemodell des nerdigen, aber sympathischen Verlierertypen, für den die Comicfigur Scott Pilgrim geradezu perfekt auf den schlaksigen Leib geschneidert scheint. Die zweite wichtige Rolle bekam Mary Elisabeth Winstead, die ihrer Ramona Flowers zwar nicht den unverwechselbaren Stempel aufdrücken kann wie ihr männlicher Gegenpart, aber doch der geheimnisumwobene Aura ihrer Vorlage gerecht wird. Auch die restliche Besetzung fügt sich nahtlos in die Geschichte ein, wenngleich auch keine der Nebenfiguren einen größeren Part einnimmt – was im Falle des von Kieran Culkin grandios verkörperten Wallace Wells fast schon bedauernswert ist.

Eine besondere Stellung nimmt die von Scotts Band „Sex-Bob-Omb“ intonierte Musik ein, die am ehesten mit einer rauen Mischung aus Garage- und Indierock zu beschreiben ist. Ob man die Songs mag oder nicht, neben der omnipräsenten Videospielästhetik ist die Musik das zweite belebende Element des Films – nicht nur aufgrund des visuell überbordenen Bandduells, sondern weil auch sie letztlich eine nicht unwesentliche Bedeutung für Scotts charakterliche Entwicklung hat, die in gerade einmal 110 Minuten Film natürlich bei weitem nicht so detailliert ausgeführt werden kann wie es die Vorlage theoretisch hergeben würde.

Den Fokus legte der Regisseur vor allem in der zweiten Filmhälfte ganz klar auf die Actionkomponente, die dank des großen Budgets einzigartig bis spektakulär ausgefallen ist und trotz der doch recht linearen Anordnung der Geschehnisse keinerlei Abnutzungserscheinungen davonträgt, denn jeder noch so aberwitzige Einfall kann hier scheinbar jederzeit von etwas noch abgefahrenerem getoppt werden. Am Ende ist man sich nach allem Kampfgeschrei auch für einen zarten Hauch von Romantik nicht zu schade, der den Zuschauer in eine ungewisse, aber doch von Optimismus erfüllte Zukunft blicken lässt. Continue?

Nachdem die Comicverfilmungen der letzten Jahre immer öfter als düstere Parabeln der heutigen Welt in Szene gesetzt wurden, liefert Edgar Wright sozusagen den radikalen Gegenentwurf zum bitteren Realismus ab: Scott Pilgrim vs. The World ist ein überschwängliches, visuell einzigartiges Filmerlebnis und das ultimative Geschenk für die Generation GameBoy, das unter der grellbunten Oberfläche vor allem dank Michael Ceras grundsympathischer Aura eine herzerwärmende Coming-of-Age-Geschichte erzählt. Eine berauschende Achterbahnfahrt für die Sinne, der den Zuschauer nahezu schwerelos in Scott Pilgrims fabelhafte Welt entführt. Und wie viele Extraleben habt ihr noch?

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