Die Profis - Die Erpressung (VHS Auskopplung)
Die Profis - Die Erpressung
Dass man nach einem Vierteljahrhundert Gefängnis und fehlender Freiheit erstmal die Aussicht weit oben über der Stadt genießt, ist verständlich und dürfte jedermann nachvollziehbar sein; nach gesiebter Luft für 25 Jahre steht einem der Sinn nach Ruhe und Weite, und nicht nach einer Willkommensparty, die, obwohl gut gemeint, vom Ehrengast auch gleich unwirsch begegnet und gesprengt wird. “Was hast du vor? Willst du abhauen?“ wird der ehemalige Inhaftierte bald gefragt, “Der Mann auf dem Dach“ (1982) hat noch so einiges vor und für ein weiteres großes Verbrechen ist es seiner Meinung nach nie zu spät.
Das erste große Verbrechen, das, was gescheitert ist, war überdeutlich der Überfall auf den Postzug 1963, da sind die Hintergründe und die Details zu ähnlich. So richtig was zu tun hat die Referenz hier nicht, vielleicht eine weitere Ebene des “Was wäre wenn?“, aber den Bezug bekommt man folgend nicht mehr und benötigt man auch nicht. Dafür werden weitere Wendungen addiert und konstruiert, ein Diebstahl bei der Air Force zum Beispiel für die Waffenbeschaffung, und das ist dann auch tatsächlich derart viel Arsenal, dass vermutlich bald ein Kleinkrieg in der Hauptstadt an der Themse ausbricht. Das tut es auch, wird mit schweren Geschütz ein Krankenhaus und speziell ein Aufwachraum für postoperative Patienten unter Beschuss genommen und so die Geldgewinnung per Erpressung probiert.
Das Ganze als moderner, geradezu filmreifer Actionthriller formuliert, mit pompösen Aufnahmen eines vor der Tower Bridge kreisenden Hubschrauber, mit einer schwindelerregenden Kletteraktion einen riesigen Schornstein hoch, mit der Belagerungssituation durch einen bis an die Zähne bewaffneten Heckenschützen, der selbst einen Granatwerfer anbei hat und diesen auch explosiv nutzt und auch die Handgranaten vom Himmel regnen lässt. Die Aussicht über der Stadt ist übrigens tatsächlich wohltuend, viel schöner als der Anblick vom Boden aus, wo London immer verschmuddelt aussieht und aus Kleinklein und Industriebrache bestehend. Bodie und Doyle respektive ihre Darsteller sind die Schönsten auf der Welt auch nicht, selbst für Briten, denen optische Attraktivität noch nie nachgesagt wurde und es so richtig eine Ausnahme von der Regel auch nicht gibt.
Bodie und 'Doyleman', wie er von seinem Partner zu Beginn von "Das Acorn-Syndrom" (1980) genannt wird, Grobian und Pimmelkopf, beweisen auch in der 'folgenden' Episode, dass sie a) nicht die Attraktivsten, aber auch b) nicht die Hellsten und c) dafür umso schneller mit dem Fuß auf dem Gas und der Hand an der Waffe sind. “Bleiben Sie ganz ruhig!“ ruft man nach einer Hetzjagd durch die halbe Stadt zwei Gangstern entgegen, die auf der (erstmal völlig unbegründeten) Flucht und Verfolgung eine Kleinfamilie als Geiseln genommen haben und wo der Aktivismus der Gesetzeshüter mehr Schaden als Nutzen und Gefahr für die Zivilbevölkerung und nicht deren Schutz etwa bringt. Die Profis sehen das aber anders und sich im Recht, auch wird ein zynisch-sarkastischer Kommentar zur aktuellen politischen und gesellschaftlichen Lage abgegeben, Marke “Da lebt man in einem zivilisierten Land, und dann so was. Aber wir bieten jedem Asyl. Aus dem großen britischen Weltreich. Kommt nur her, Freunde, wer ihr auch seid.“ - “Dabei ist unser Land jetzt schon mehr als übervölkert. Es wird immer enger. Das führt zwangsläufig zu Aggression.“
Darum und auch um die Geiselnahme geht es gar nicht so wirklich, letzteres wird auch beizeiten (mit zwei Toten) geklärt, hat aber noch einen Hintergrund und eine Vorgeschichte, was sich dann auch zunehmend in den Fokus drängt. Ein mühsam konstruierter Psychothriller, ein Actionkrimi, inhaltlich etwas lau und zäh bis bedrückend, dafür vom späteren Bondregisseur Martin Campbell gedreht.