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Die Fotografin Bettina Rheims, die recht bekannt für erotische Sujets und Glamour-Fotos ist und von der dicke Bildbände erhältlich sind, hat mit ihrem Ex-Mann Serge Bramly einen Film vorgelegt, der sich nicht als Film versteht, sondern als eine Geschichte in Tableaus – so kündigt es ein Zwischentitel zu Beginn an. In Schwarz-Weiß-Bildern wird aus dem Off die mysteriöse Geschichte einer jungen Frau erzählt, deren Zwillingsschwester in Paris verschwunden ist und die nun phantasiert, was mit ihr geschehen sein könnte.

So weit so gut. Was man jedoch zu sehen bekommt, ist eine Aneinanderreihung von Inszenierungen, in denen leicht bekleidete oder nackte Fotomodelle – ein Grund dafür wird nicht geliefert – auf die eine oder andere Weise versuchen, sich erotisch in ausgesuchten Kulissen zu räkeln. In Ermangelung jeglichen schauspielerischen Talents staksen sie dann unbeholfen durch wohlarrangierte, gut ausgeleuchtete Art-Deco-Hintergründe oder bekannte Pariser Schauplätze. Ihr perfektes Make-up, das die Gesichter zu Masken erstarrt, lässt sie völlig austauschbar und beliebig wirken (es sei denn man erinnert sich an die verschiedenen durchaus originellen Schamhaarfrisuren), der fehlende Handlungsfaden und die einschläfernde Off-Stimme tun ihr übriges, um jegliches Interesse im Keim zu ersticken.

Es scheint, als sei dies der Versuch von Bettina Rheims, ihre Fotografien in Film zu verwandeln und ihren klinisch perfekten Anordnungen und auf Vamp geschminkten Modellen eine Geschichte zu unterlegen. Dann und wann gibt es popkulturelle Anspielungen – ein Boxer drischt auf eine Schweinehälfte ein, oder ein Brigitte Bardot-Verschnitt schmollt verkrampft die dicken Lippen. Auch werden einige berühmte erotische Gemälde nachgestellt, warum jedoch, und was es für die Geschichte nützen soll, bleibt schleierhaft. Daß Charlotte Rampling und Monica Belluci ihren Sekundenauftritt haben, verdankt sich wohl ihrer Bekanntschaft mit Rheims, die bekannte Bilder von ihnen gemacht hat (die Internet-Bildersuche bringt es an den Tag). Retten können sie das Projekt nicht. Schließlich werden gelegentlich Genrestandards des Pornofilms zitiert (lesbische Liebe, Latexphantasien, Sex zu dritt), alles jedoch erdenklich zahm und ohne jeden intellektuellen oder auch nur sinnlichen Mehrwert.

Das ist vielleicht der Vorwurf, den man Rheims am ehesten machen muß: Daß nicht der Hauch von Tabubruch oder Provokation in welche Richtung auch immer zu erahnen ist, sondern der ästhetische Anspruch des Gezeigten auf dem Niveau jener Wandkalender verbleibt, die im City-Buch-Discounter „anspruchsvolle Erotik“ verheißen. Die Langeweile, die sich trotz oder gerade wegen ständig im Bild befindlicher schöner Frauen mit ihren blanken Brüsten, Hintern und Schenkeln alsbald einstellt, dürfte selbst den kunstbeflissensten Zuschauer abschrecken – dies ist ein „Kunstfilm“, der den Schimpfwortcharakter der Bezeichnung rechtfertigt.

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