Review
von Leimbacher-Mario
Polanskis Pakterneuerung
Im Vergleich zu größeren, bekannteren und auch klar besseren Filmen von Roman Polanski, ist „The Ninth Gate“ eher ein Witz, eine blasse Kombi aus „Frantic“ und seiner frühen satanistischen Phase. Im Vergleich zu ähnlich gelagerten Filmen seiner Zeit wie „In The Mouth of Madness“ oder „The Devils Advocate“ sieht es ähnlich aus meiner Meinung nach. Aber für sich genommen ist dieser okkulte Thriller mit Johnny Depp über ein dämonisches Buch ein durchaus netter, für seine ambitionierte Laufzeit unterhaltsamer Ausflug an den Rand der gedruckten Hölle, mit vielen offenen Fragen und neugierig machenden Mysterien...
„The Ninth Gate“ ist wunderschön entgegen Mainstream-Sehgewohnheiten inszeniert, typisch Polanski zum Großteil, eine faszinierend-mystische Europareise in Richtung heißer Abgrund. Audiovisuell hat das schon enorm Stil und Charme, zudem spielen Depp und all seine (oft älteren) Kollegen stark, wissen in was für einem cleveren Geschoss sie sich befinden. Leider ist die Suche nach dem Satan höchstpersönlich erstaunlich brav und knauserig was echten Grusel, Schock und sogar Spannung betrifft. Zumindest habe ich diese Eigenschaften sehr selten gespürt und echt vermisst. Zumindest an der Oberfläche. Zudem hat die hübsche Miss Seigner einige fragwürdige Auftritte, alles ist nur halb so überraschend wie es gerne wäre und weit über zwei Stunden hätte das Ganze jetzt auch nicht unbedingt gehen müssen, erst recht weil sich nicht wenig wiederholt. Dennoch: „The Ninth Gate“ ist besser als sein Ruf, hat Ausstrahlung und Aura, ist ein reifes Werk voller Understatement, Staub, Verspieltheit und Eleganz. Nicht nur für 90er- und Polanski-Fans ein dezenter Gourmethappen, der schon irgendwie zart auf der Zunge zergeht.
Fazit: Polanskis verkanntestes und unterschätztestes Werk?! Sicher kein „Rosemarys Baby“, aber definitiv sehenswert und stilvoll. Klassischer Grusel mit einem pfiffigen Augenzwinkern. Ein Mann und ein Cast, der genau weiß, was er tut. Höllisch unterhaltsame Bücherhatz. Etwas zahm an echter Gänsehaut.