Polanski frönt erneut seiner Faszination des Okkulten und Satanischen und erschafft eine spannende Detektivgeschichte, die die für Polanski typische still-bedrohliche Atmosphäre bravourös verkörpert.
Dean Corso (Johnny Depp, dem seine Rolle wie angegossen passt) ist eine Art Buchjäger. Er ist für seinen erlauchten Kundenkreis ständig auf der Suche nach besonders seltenen und wertvollen Exemplaren, die er sich auch durch den ein oder anderen Betrug beschafft. Seine Seele wie auch sein Körper scheinen ihm nicht besonders am Herzen zu liegen - den ganzen Film hindurch ist er am Rauchen und Trinken. Boris Balkan, ein besonders reicher und machtvoller Sammler mit einem Hang zu satanistischer Literatur, beauftragt Corso, sich auf die Suche nach einem ganz speziellen Buch zu machen, das angeblich mit der Hilfe von Luzifer selbst verfasst worden sein soll (originellerweise im Jahre 1666) und der Schlüssel zum Höllenabgrund sei. Es gibt drei Exemplare, deren eines Balkan besitzt (sein Vorbesitzer ist zufälligerweise kurz nach Verkauf des Buches an Balkan gestorben). Das Geld lockt und Corso macht sich auf die Suche, die ihn nach Spanien, Portugal und schließlich Frankreich führt. Es kommt, wie es kommen muss: Bald ist er sich seines Lebens nicht mehr sicher, seltsame Personen folgen ihm und die Todesfälle in seiner Umgebung nehmen bedenklich zu.
Polanski begeht zum Glück nie den Fehler, auf ausgetretenen Pfaden zu wandeln oder zu dick aufzutragen. Nein, seine Geschichte ist beherrscht von einem hintergündigen Grusel, einem Schatten, der direkt hinter der nächsten Ecke lauert und sich doch nicht zeigt. Hier gibt es keine Blutopfer oder Gehörnten - das einzige Klischee, ein Satanistenkult, wird prompt auf grandiose Weise karikiert. Der Teufel tritt nicht groß auf, zeigt keine beeindruckenden Zaubertricks oder infiltriert die gesamte Welt. Man könnte sogar sagen, er steckt im Detail. Hier eine 666, dort ein Pentagramm sind noch das Offensichtlichste, was es von ihm zu sehen gibt (wenn dann doch einmal Unerklärliches im Spiel ist, wird dieses so beiläufig dargestellt, dass man fast meinen könnte, es sei gar nicht passiert). Das Buch der neun Pforten selbst, woran Luzifer mitgewirkt haben soll, wirkt zunächst recht unspektakulär. Die darin abgebildeten Holzschnitte, es sind natürlich neun, wirken für Satan persönlich geradezu zahm. Aber gerade das ist so beängstigend. Denn so kann sich der Zuschauer nie ganz sicher sein: Hat der Teufel hier seine Hand im Spiel? Oder ist Corso auf einer allzu menschlichen Spur? Doch da muss etwas sein, etwas Dämonisches, Unerklärlicherweise spielen sich einige der Szenen von den Holzschnitten plötzlich im realen Leben ab und beunruhigen Corso zutiefst. Eine seltsame Frau verfolgt ihn und löst sich dann wieder in Luft auf. Mordlüsterne Gestalten sind auf seinen Fersen. Und nebenbei soll er auch noch das Rätsel der Holzschnitte lösen, die anhand einer geheimen Botschaft durch die neunte Pforte führen sollen.
Meisterhaft hält Polanski in diesem manchmal fast unüberschaubaren Wirrwarr die Fäden in der Hand und balanciert stille, spannungsaufbauende Szenen mit plötzlich auftretenden Schockmomenten geschickt aus, sodass sie sich stets die Waage halten (als Beispiel sei hier nur der erste Besuch beim einsamen Fargas genannt). Das Flair des Films ist - den Originalschauplätzen sei Dank - europäisch, genauer: alt, traditionsreich, geheimnisvoll. Kilar, der schon Coppolas Dracula in eine fiebrig-schwelgerische Musik kleidete, ist hier genau richtig und verleiht den Neun Pforten einen prägnanten Klang. Die Bildkomposition passt sich der Stimmung des Films sehr gut an; sie ist stets ausgewogen, steigert sich aber zum Ende hin in eine immer unwirklicher wirkende Auswahl von Motiven und Lichttönen, bis der finale Schauplatz schließlich in einer gänzlich apokalyptischen, aber doch unaufdringlich ruhigen Dämmerung erstrahlt.
So entsteht ein wirklich finsterer Film, der sich in stiller Erhabenheit mit Leichtigkeit über die schrillbunten Okkultfilme hebt, die mit viel Effekten und Mumbo Jumbo (wie es Balkan trefflich ausdrückt) darüber hinwegtäuschen wollen, dass ihnen doch nur die Substanz fehlt. Diese ist bei Die Neun Pforten in Form von mysteriöser Hintergründigkeit zweifellos vorhanden und lässt ein beunruhigendes, unwirkliches Werk entstehen, das dem Zuschauer den Boden unter den Füßen entzieht und ihn ins Zwielicht fallen lässt.