Review

Mit ganz persönlichen Konstellationen durchorganisierte Dichtung isolierter Natur, als suspense wuxia im Sinne von Gu Long, in dem es zwar theoretisch um das große Ganze und viel Waffengeklirr geht, aber die kleinen Details im Vordergrund und auch im Nutzen des Filmes stehen. Einer multinational besetzten 15 Mio USD Produktion, die im Äußeren mit dem Namen von Executive Producer John Woo als auffällig herausstehenden Zugfang wirbt, aber in Eigenregie von Su Chao-ping geschrieben und gedreht wurde. Das Antäuschen von Tatsachen, Verschleiern von Geheimnissen und der Auftritt unter falschen Namen und verändertem Aussehen, die Kunst des Biàn Lian, des face-changing, spielt dabei sogar eine Hauptrolle in der Geschichte selber, die sicherlich keine Innovationen und auch Besonderheiten per se aufweist, aber in teilweiser Anordnung und Formulierung ihre schon etwas überraschende Frische und den Genuss in vollen Zügen auslösen kann, und sich als willkommene Weiterbelebung, wenn auch nur für den kurzen Moment bedingt.

Im Ausmaß nach innen und auch nach außen hin eher klein und durch gemäßigtes Einspiel keinerlei weiteren Wellen für eventuell dergleichen gehaltene Anhangs- und Nebenproduktionen schlagend, weist dabei nicht das Setting, aber das Sujet auch eine gewisse heutzutage eher selten anzutreffende Privatheit abgeschieden von allzu bunt-hektischer Ausstattung aus. Eine ausgeglichene Persönlichkeit, in der erstmal die verschiedenen Individuen und ihr Verhalten und nicht das ebenfalls vorhandene Spektakel an sich entscheiden. Ein Bühne voll Intrigen, Macht- und tödlicher Schwertkämpfe, dass außerhalb der sonstigen Welt und so mit seinen ganz privaten und so eigenen Gesetzen, wenn auch ohne zuweilen wünschenswerter Überheblichkeit und Unordnung agiert:

In der frühen Ming-Dynastie, 800 Jahre nach dem Aufbruch des südindischen Prinzen und Mönchen Bodhidharma über den Himalaya nach China. geht die Legende um, dass Demjenigen, der die Herrschaft über den Leichnam des Erwachten erlangt, gleichzeitig auch zum Beherrscher der Welt wird. Entsprechend verbittert streiten sich die Parteien um die Überbleibsel, allen voran die "Dark Stone", eine Gilde von Attentätern unter der Führung von Wheel King [ Wang Xueqi ]. Als sie die Kunde erhalten, dass das gesuchte Heiligtum im Besitz des Kaiserlichen Ministers Zhang Haiduan [ Lee Hing-cheung ] ist, töten sie ihn und seinen Sohn Zhang Renfeng [ Guo Xiao-dong ], sehen sich nunmehr aber der mit der Beute abtrünnigen Drizzle [ Kelly Lin ] gegenüber, die nach einem Training mit dem buddhistischen Gelehrten Wisdom [ Calvin Li ] zu besserer Kampfkraft und Moral gelangt ist und sich ihren alten Genossen entgegenstellt. Wenige Zeit später, nach einer Gesichtsoperation, gelangt die sich nunmehr Zeng Jing [ Michelle Yeoh ] benennde nach Nanjing, wo sie mithilfe der sie aufnehmenden Auntie Cai [ Pau Hei-ching ] den sie umwerbenden Kurier Jiang Asheng [ Jeong Woo-seong ] heiratet und ein möglichst normales Leben anstrebt. Doch die Dark Stone, speziell die Assassinen Turquoise Leaf [ Barbie Hsu ], Lei Bin [ Shawn Yu ] und The Magician [ Leon Dai ] sind ebenso weiter hinter ihr her, wie es auch die konkurrierende Kongdong Sekte.

Dabei ist der Auslöser des Ganzen schon eher seltsam genug, wird zwar auch in der Tradition nach Schätzen, Insignen oder Devotionalien gejagt, hielt ein Leichnam bisher aber eher selten als heiß begehrtes Objekt der Begierde her, und stellen sich später aufgeschlüsselte Motive auch als gar absonderlich oder lächerlich für die Beteiligten der Meute selber dar. Die anfangs in Massen und wie als Zeitraffer aufgeworfenen Anhänger der sich jagenden, bekriegenden, miteinander verbündeten und wieder scheidenden Konstellation wird später über Ruhe und Sorgfalt der Inszenierung in ein gänzlich überschaubares System gebracht, wobei sich die engagierte Besetzung aus China, HK, Taiwan und Korea trotz ihrer erst gefühlten Wahllosigkeit rein nach dem Prominentenprinzip gar als Vorteil mit entgegenbringt. Trotz einer gewissen Farbenfreude im darstellenden Spiel, dass einen sich herauskristallisierenden Kontrast zum eher gleichförmigen, wenn auch nicht langweiligen Aussehen des Filmes erbringt, bewahrt sich die Zusammenstellung der Figuren als sowohl Individualität in der Öffentlichkeit als auch einheitliches und kollektives Ganzes, über die Herrschaft der anwesenden Stars hinweg; auch wenn allzu große Leistungen nicht nur deswegen sicherlich ausbleiben.

Ohne Unstimmigkeiten im Ausdruck, da ohne Übervor- oder Benachteiligung der jeweiligen Person und ihrer Haltung, erreicht Sus Inszenierung eine angenehme Form der leichten Ver- statt der übertriebenen Vorführung, stellt sich nicht als simpler Vorwand für zirkusreife Kunststücke in schimmernden Prachtbauten, sondern als spezifisches Bewahren einer lang zurückliegenden und selbst nach dem übermächtigen Erfolg von Crouching Tiger, Hidden Dragon nur vorübergehend erneuerten und dann wieder aussterbenden Tradition heraus. Eine Filmpassage auch im althergebrachten Genre, in Kostüm und Kulisse, die dessen ungeachtet nur zwischenzeitlich ihre Tupfer von Tageslicht, prosaischer Romantik und gedienten Scherzen einer ebenso Romantischen Komödie aufbringt, dann aber bald in die schwarznächtliche Düsternis und die Vielfältigkeit von sich gegenseitigem Belauern und konspirativen Mordaufträgen und so fern einer allzu kommerziellen Bewilligungseuphorie ausweicht.

Mit Drama-Kenntnis der, aber nicht mit zu offensichtlich spürbarer Nostalgie für eine verlorene Ära stellt sich die rasch fortschreitende, immer wieder mit artistisch choreographierten Auseinandersetzungen gespickte Dramaturgie so bald als Nebeneinanderstellung der klassischen und der neueren Formen des cineastischen Erzählens heraus; eine überzeugende Herangehensweise an unzählig Ähnlichen, aber so trotzdem nicht Analogen, wobei hier gar eine offensive sexuelle Identität in mindestens einer der mittragenden Personen erweckt wird. Eine Mischung aus dem klassischen chinesischen und kantonesischen Kino der Bewegungsbilder und den kleineren Ausweichungen in eher modern anmutende Extreme, vielzähligen Toten, angedeuteter Nacktheit und [für die landeseigene Zensur] provokativer Weisen, allesamt mit ruhiger Urteilskraft vorgebracht.

Das eher Unaufgeregte trifft dabei auch auf die Actionszenen zu, die zwar quantitativ durchaus ihren Auftritt in geschmeidiger Slowmotion, aber dort immer den Anschein doch mehr tänzelnder statt unerbittlich vorgehender Kämpfer haben, ein Eindruck, der durch das dauerhafte Swordplay im Zusammenhang mit bewusst häufig eingesetzten Wirework und anderen Spielereien und Effektverstärkungen, die teilweise auch zur Handlung gehören, noch verstärkt wird. Jeweils ein schon soweit bravouröser Einsatz vom verantwortlichen Choreographen Stephen Tung Wei, und immer für eine Augenweide wert, jedoch zu vordergründig formell und uniform, spielerisch-elegant und geradezu sauber im falschen, da rein wertbeständigen Sinne artikuliert.

Details