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10 Jahre sind seit BROTHER ins Land gegangen. 10 Jahre mussten vergehen bis Takeshi Kitano, der Meister des japanischen Gangstermelodrams, wieder zu seinen Wurzen zurückkehrt. Nun ist er da: OUTRAGE. Die Erwartungen der Fangemeinde sind hoch. Was zu erwarten ist und was nicht, soll im Folgenden geklärt werden.

Auf einem Nobelanwesen in Japan findet ein Treffen der Bosse aller Yakuza-Familien statt. Der ehrenwerte Mr. Chairman, sozusagen der Boss der Bosse, holt Ikemoto in ein Gespräch unter vier Augen und klagt dabei dessen Kontakte zur Murase-Familie an. In Ungnade gefallen beschließt Ikemoto Murase, der eigentlich sein Verbündeter und Geschäftspartner ist, zu beseitigen. Zur Seite steht ihm dabei Otomo (Takeshi Kitano), Ikemotos Untergebener. Dieser zettelt einen blutigen Bandenkrieg zwischen den beiden Clans an. Doch mit der einen Blutfehde ist es nicht getan. Die Auseinandersetzung löst eine Kettenreaktion aus, die mit einem Krieg endet, in den alle Clans involviert sind…

Schicke Armani-Anzüge, schwarze, auf Hochglanz polierte Benze, dunkle Sonnenbrillen, großflächige Rückentattoos… – jawohl, im Zentrum des Geschehens steht einmal mehr die japanische Mafia.
Eines gleich vorweg: OUTRAGE ist kein Gangstermelodram. OUTRAGE ist eine Art Studie über die treibenden Mechanismen innerhalb der Yakuza. Dies bedeutet es geht um Ehre, Macht, Hierarchie, Loyalität, Verrat, Intrigen, Habgier, Rache und Gewalt, die Gewalt nach sich zieht. Das und um übertrieben coole Gangster, die sich gegenseitig über den Haufen ballern. Dies geschieht mal in Zeitlupe, mal nicht, mal im Off, mal nicht, stets aber auf eine Weise: blutig.

Vergleicht man OUTRAGE mit Kitanos Klassikern erkennt man deutliche Unterschiede. Es gibt z.B. keine zentrale Figur, keinen Hauptcharakter, um den sich alles dreht. Geschildert wird vielmehr das bunte Treiben aller Yakuzas und wie sie sich gegenseitig abschlachten. Da es keine Schlüsselfigur gibt, tut man sich als Zuschauer etwas schwer, für einen konkreten Charakter Sympathien zu entwickeln. Ohne deutliche charakterliche Konstante und inhaltlichen Fackelträger fühlt man sich als Zuschauer natürlich weitaus weniger emotional an das Geschehen gefesselt. Somit weist OUTRAGE in der Tat phasenweise etwas wenig inhaltliche Spannung auf. Das einzige, was das Geschehen vorantreibt, ist die Frage, wer wohl wen als nächstes aus Machtgier oder Rache über den Jordan ballert.
Wie bereits erwähnt: OUTRAGE ist kein Kitano typisches Drama. Ergo: Keine Melancholie, kein Nihilismus, keine Todessehnsucht und kein Frisbeespiel am Strand. Dies sind (bis auf das Frisbeespiel – naja, das im Grunde eigentlich auch…) alles Elemente, die Kitanos Filme zu absoluten Meisterwerken voller Zärtlichkeit, Feingefühl und Gewalt werden ließen. Wie sieht es ohne diese Elemente aus? Hat man es mit OUTRAGE dennoch mit einem Meisterwerk zu tun? –Antwort: Nein, definitiv nicht. Und doch irgendwie schon. Klar, wer an Kitanos die Seele streichelnde Melancholie hängt, bekommt mit OUTRAGE nicht wirklich das, was er will. Dennoch funktioniert OUTRAGE als Film überaus gut. Sei es als unkonventioneller Thriller oder als blutiger Yakuza-Showdown, er funktioniert.

In seinen Meisterstreichen HANA-BI, BROTHER und SONATINE, zerstach die Gewalt die vorherrschende Ruhe, blitze unverhofft auf und traf den Zuschauer durch ihre unerwartete Heftigkeit tief im Mark. OUTRAGE hat eine ähnliche Ästhetik zu bieten. Für nur wenige Sekunden flammt Gewalt auf, dann aber so heftig und intensiv wie aus einem Flammenwerfer. Kitano versucht sich beispielsweise als Zahnarzt – super heftige Szene. Des Weiteren bekommt einer Essstäbchen ins Ohr, einem anderen wird ein Teppichmesser durchs Gesicht gezogen und freilich büßt ein ganzer Haufen unartiger Gefolgsleute den kleinen Finger ein.

Yakuzas oder Gangster, die gegeneinander hetzen, sich gegenseitig bekriegen und zerfleischen und am Ende allesamt die Radieschen von unten sehen, sieht man hier nicht zum ersten Mal. Trotz kleinerer Mängel in Punkto Spannung sollte kein Fan des ehrwürdigen Herrn Kitano OUTRAGE ungesehen an sich vorüber gehen lassen. Zu stark sind Schauspiel und Ästhetik. Und Kitano ist halt einfach 'ne coole Socke, was will man machen!? Wer mit Takeshi Kitano bislang noch keinen Kontakt hatte, dürfte sich mit diesem Werk aber unter Umständen etwas schwer tun.

Fazit:
Kitano ist und bleibt der König des Gangster-Melodrams. Auch wenn er mit OUTRAGE weder eines seiner klassischen Dramen, noch ein absolutes Meisterwerk abgeliefert hat. Zumindest hat er nichts verlernt. Und vielleicht ist das auch nur die Aufwärmrunde, denn Teil 2 ist schon unterwegs – Yippie!

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