... Lanzmann den Holocaust-Augenzeugen Jan Karski. Als Kurier der polnischen Untergrundarmee mit Kontakt zur Exilregierung Polens in London war er 1942/43 mehrfach in sein von Deutschland besetztes Heimatland gereist. In geheimer Mission war er in ein deutsches Vernichtungslager und das Warschauer Ghetto eingeschleust worden, um den Alliierten verlässliche Informationen über das Schicksal der jüdischen Bevölkerung in Polen zu beschaffen. Damit wurde er einer der wichtigsten Augenzeugen des Holocaust.
Doch trotz seiner zahlreichen Treffen auch mit den ranghöchsten Persönlichkeiten wie US-Präsident Roosevelt und Felix Frankfurter, Richter am Obersten Gericht der USA, bewegten seine Berichte die kriegführenden Mächte nicht zu konsequenten Aktionen zur Rettung der polnischen Juden. Was Karski mit eigenen Augen gesehen und immer wieder zu erzählen hatte, war trotz seiner Glaub- und Vetrauenswürdigkeit so unglaublich, dass es die menschliche Vorstellungkraft überforderte.
Aus dem zweitägigen Interview verwendete Lanzmann 1985 in seinem Dokumentarprojekt Shoah lediglich Material des ersten Tages, den Augenzeugenbericht Karskis. Ergänzend dazu dokumentierte er 15 Jahre später in Le rapport Karski dessen Erzählungen vom zweiten Tag über die vergeblichen Bemühungen, im Westen Aufmerksamkeit für die systematische Vernichtung der jüdischen Menschen in Polen zu bekommen.