"Stirb Langsam" auf einem Staudamm, das gab es bisher nur im grottigen "Terminal Rush" mit Don Wilson. Wäre vielleicht auch eine brauchbare Idee für McClanes nächsten Einsatz. "White Heat" hat jedenfalls drastischen Raubbau beim US-Vorbild begangen, doch es kommt immer darauf an wie man stiehlt. Es sei Serienregisseur Setsûro Wakamatsu verziehen, denn das Resultat kann sich sehen lassen. Entstanden ist hier nicht nur ein obligatorischer eineinhalb Stunden Klon, sondern "White Heat" bietet über zwei Stunden gute Unterhaltung, vielleicht manchmal noch etwas zaghaft. Aber insgesamt ein schön altmodisches Werk, für Fans des Originals auf jeden Fall eine Sichtung wert.
Der Okutowa-Damm ist der größte Staudamm Japans und versorgt auch Teile des Landes mit Strom. Nun wird er im tiefsten Winter von der Terroristengruppe "Roter Mond" besetzt. Sie halten die Arbeiter als Geiseln und drohen das Tal zu fluten, in dem weit über hunderttausend Menschen leben. Innerhalb 24 Stunden muss die Regierung fünf Millionen Yen aufbringen. Auch Chiaki Hirakawa (Nanako Matsushima) befindet sich unter den Geiseln, sie wollte den Arbeitsplatz ihres kürzlich verstorbenen Freundes Kazushi Yoshioka (Ken Ishiguro) besuchen und sich mit seinem besten Freund, dem Techniker Teruo Togashi (Yûji Oda) treffen. Der ist nun die einzige Hoffnung, denn er konnte den Terroristen entkommen. Er kennt den Damm wie seine Westentasche und nimmt den Kampf auf.
Um mit einem Filmhelden besser mitfiebern zu können, verpasst man ihm gerne ein tragisches Erlebnis in seiner Vergangenheit. So auch bei Teruo, der bei einer Rettungsaktion seinen besten Kumpel Yoshioka zurücklassen musste. Yoshiokas Freundin Chiaki hält Teruo deswegen für einen Feigling. Aber der etwas mysteriöse Tod von Yoshioka fließt in die Handlung mit ein und darf erst ganz am Ende richtig geklärt werden. Auch hat Teruo nun eine Verpflichtung gegenüber Chiaki, denn er versprach es Yoshioka, auch einer der Gründe warum er den Kampf gegen die Terroristen aufnimmt. Deren Angriff auf den Staudamm lässt nicht lange auf sich warten, wobei sie auch nicht gerade auf viel Widerstand stoßen. Denn keiner hätte mit einer Einnahme des Damms gerechnet im tiefsten Winter. Es gibt nur eine Zufahrtsstraße, doch hier sprengt man einen Tunnel und schon wird es den Rettungskräften unmöglich, zum Damm zu gelangen. Da draußen ein Schneesturm tobt, ist es auch jeglichen Hubschraubern unmöglich eine Spezialeinheit dort abzusetzen. Wie in "Stirb Langsam" hängt nun alles an Teruo, der aber im Gegensatz zu McClane nicht mal eine Ahnung von Waffen hat. Er muss seine ausgebildeten Gegner teilweise mit Köpfchen ins Jenseits schicken. Dennoch ist auch er (erfreulicherweise) mehr der Draufgänger und stürzt sich ohne groß nachzudenken auf seine Gegner. Jedoch hält sich Wakamatsu mit Action eher bedeckt, die Rakete wird erst im letzten Drittel gezündet. Trotzdem braucht man sich keine Gedanken zu machen, in regelmäßigen Abständen geht es zur Sache, aber schließlich muss hier zwischen mehreren Parteien hin- und her geschwenkt werden.
Doch das große Plus von "White Heat" ist die tolle Kulisse. Das gesamte Geschehen spielt sich während eines heftigen Schneesturms ab, etwas übertrieben ist nur, wie lange Teruo in der Eiseskälte durchhält, denn er schleicht auch öfter mal im Freien rum. So muss er erst zu einem kleineren Damm weiter unten gelangen, um die Behörden zu informieren, viele Konfrontationen mit den Terroristen sollte man daher fürs Erste nicht erwarten. Solide spannend ist die Angelegenheit auf jeden Fall, auch da es gegen Ende noch eine böse Überraschung geben darf. So konzentriert man den Großteil der Action auf das letzte Drittel und hier darf es unentwegt zur Sache gehen. Ob Schusswechsel, Zweikampf, Verfolgungsjagd per Schneemobil, Explosion oder Hubschrauberabsturz, zusätzlich ist alles handmade und sieht dementsprechend gut aus. Man sollte dabei aber keine Martial-Arts Choreographien erwarten, denn Techniker Teruo ist kein Profi und besiegt seine Gegner im old schooligen Stil, muss dabei auch einiges an Prügel einstecken, selbst an einen Endkampf ist gedacht worden. Nur das kitschige Ende ist dann etwas zuviel des Guten. Aber Yûji Oda gibt als japanischer McClane-Verschnitt eine suveräne Vorstellung, dass dabei physische Gesetze außer Kraft gesetzt werden, ist fast schon normal.
"Stirb Langsam" auf japanisch im Staudamm, leider fehlt noch der Schmackes und auch das theatralische Ende muss man verschmerzen. Aber "White Heat" ist nicht nur schön altmodisch, recht spannend und hält glaubwürdige Darsteller parat, sondern die Action kann sich auch sehen lassen. Im letzten Drittel geht es sogar richtig zur Sache und auch die Story hat noch eine Wendung parat.