„Auf der Insel hat’s niemals etwas anderes gegeben als Elend und Unglück!“
„Turm der lebenden Leichen“, eine britisch-US-amerikanische Koproduktion aus dem Jahre 1972 von Regisseur Jim O'Connolly ist ein netter Low-Budget-Prä-Slasher und erinnert nicht nur vom deutschen Titel her an den ein Jahr später veröffentlichten „Tunnel der lebenden Leichen“ – um Etikettenschwindel handelt es sich aber hier wie da, denn mit Zombies bekommt man es nicht zu tun.
Mit seiner bisweilen recht nebelverhangenen Leuchtturminsel fühlt man sich hin und wieder ferner an John Carpenters „The Fog“ erinnert, doch das sind wirklich nur kleine Aufblitzer in dieser ansonsten eher einfach gehaltenen Horrorerzählung, die ihre handwerklichen und technischen Mängel mit viel Charme auszugleichen versucht. So wird die Geschichte von einer unheimlichen Mordserie auf der Insel, die im doch ziemlich stimmigen und expliziten Prolog ihr vorläufiges Ende nimmt, die es aufzuklären gilt und in irgendeinem Zusammenhang mit der Gottheit Baal zu stehen scheint und zudem einen Goldschatz verspricht, in Studiokulissen und nicht selten mithilfe von Miniaturmodellen erzählt. Doch das ist eigentlich gar kein wirkliches Problem, mittels seiner unterschiedlichen Handlungsebenen – Rückblenden und filmische Gegenwart – baut sich die Handlung vielversprechend auf. Leider gingen dem Drehbuch anscheinend die Ideen für einen Vollzeitfilm aus, so dass man sich die Protagonisten – slashertypisch – in alberne und der Situation unangemessene Liebe- und Eifersüchteleien ergehen lässt; erfreulicherweise nicht unter totalem Verzicht auf unbekleidete Weiblichkeit. Das sind die Momente, in denen sich „Turm der lebenden Leichen“ auf leichtfüßiges Trash-Terrain begibt, zum Ende hin aber wieder die Kurve kriegt und ein befriedigendes, wenn auch recht vorhersehbares Ende zelebriert, das die unheimliche Geräuschkulisse, die einen besonderen atmosphärischen Kniff des Films darstellt und zum Funktionieren der Geschichte beiträgt, erklärt und durchaus eine morbide Faszination ausstrahlt.
Daher verzeihe ich dem „Turm“ gern seine Schwächen, hat er es doch geschafft, mich mit meinem Faible für europäische Gruselkost der alten Schule und meinem großen Herz gerade auch für kleinere, unscheinbarere Produktionen passabel zu unterhalten. Wer nur in der Lage ist, sich auf eine altmodische Schauermär einzulassen, wenn ein Film die perfekte Illusion einer anderen Realität erzeugt, ist hier aber falsch. Man sollte sich schon drauf einlassen können, auf den Turm, auf Baal, auf bärtige alte Männer... usw. Ich hatte meinen Spaß, gerne mehr davon!